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Buddenbrooks

Buddenbrooks

Titel: Buddenbrooks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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Der Konsul aber amüsierte sich ganz vortrefflich, bewog sogar seine Mutter, eine zweite Flasche Rotwein heraufkommen zu lassen und lud Herrn Permaneder lebhaft zu einem Besuche in der Breitenstraße ein; seine Frau werde außerordentlich erfreut sein …
    Volle drei Stunden nach seiner Ankunft begann der Hopfenhändler, Anstalten zum Aufbruch zu treffen, klopfte seine Pfeife aus, leerte sein Glas, erklärte irgend etwas für ein »Kreiz« und erhob sich.
    »I hob die Ähre, gnädige Frau … Pfüaht Ihna Gott, Frau Grünlich … Pfüaht Gott, Herr Buddenbrook …« Bei dieser Anrede zuckte Ida Jungmann sogar zusammen und verfärbte sich … »Guten Tag, Freilein …« Er sagte beim Fortgehen »Guten Tag«! …
    Die Konsulin und ihr Sohn wechselten einen Blick … Herr Permaneder hatte die Absicht kundgegeben, nun in den bescheidenen Gasthof an der Trave zurückzukehren, woselbst er abgestiegen war …
    »Die Münchener Freundin meiner Tochter und ihr Gatte«, sagte die alte Dame, indem sie noch einmal auf Herrn Permaneder zutrat, »sind fern, und wir werden wohl nicht so bald Gelegenheit haben, uns für ihre Gastfreundschaft erkenntlich zu erweisen. Aber wenn Sie, lieber Herr, uns die Freude machen würden, solange Sie in unserer Stadt sind, bei uns vorlieb zu nehmen … Sie würden uns herzlich willkommen sein …«
    Sie hielt ihm die Hand hin, und siehe da: Herr Permaneder schlug ohne Bedenken ein; ebenso rasch und bereitwillig wie diejenige zum Frühstück nahm er auch diese Einladung an, küßte den beiden Damen die Hand, was ihm ziemlich merkwürdig zu Gesichte stand, holte Hut und Stock aus dem Land {365} schaftszimmer, versprach nochmals, sogleich seinen Koffer herbeischaffen zu lassen und um vier Uhr, nach Erledigung seiner Geschäfte, wieder zur Stelle zu sein und ließ sich vom Konsul die Treppe hinunterbegleiten. Am Windfang aber wendete er sich noch einmal um und sprach mit einem still begeisterten Kopfschütteln:
    »Nix für Ungut, Herr Nachbohr, Ihre Frau Schwester, dös is scho a liaber Kerl! Pfüaht Ihna Gott!« … Und immer noch kopfschüttelnd, verschwand er.
    Der Konsul empfand das dringendste Bedürfnis, sich nochmals hinauf zu begeben und nach den Damen umzusehen. Ida Jungmann lief bereits mit Bettwäsche im Hause umher, um eine Stube am Korridor herzurichten.
    Die Konsulin saß noch am Frühstückstisch, hielt ihre hellen Augen auf einen Fleck der Zimmerdecke gerichtet und trommelte mit ihren weißen Fingern leicht auf das Tischtuch. Tony saß am Fenster, hielt die Arme verschränkt und blickte weder rechts noch links, sondern mit würdiger und sogar strenger Miene geradeaus. Es herrschte Schweigen.
    »Nun?« fragte Thomas, indem er in der Thür stehen blieb und der Dose mit der Troika eine Cigarette entnahm … Seine Schultern bewegten sich auf und ab vor Lachen.
    »Ein angenehmer Mann«, erwiderte die Konsulin harmlos.
    »Ganz meine Ansicht!« Dann machte der Konsul eine schnelle und überaus galante humoristische Wendung nach Tonys Seite, als befragte er ehrerbietigst auch sie um ihre Meinung. Sie schwieg. Sie blickte streng geradeaus.
    »Aber mich dünkt, Tom, er sollte das Fluchen lassen«, fuhr die Konsulin ein wenig bekümmert fort. »Verstand ich ihn recht, so sprach er in einer Weise vom Sacramente und vom Kreuze …«
    »O, das macht nichts, Mutter, dabei denkt er nichts Böses …«
    »Und vielleicht ein wenig zu viel Nonchalance im Benehmen, Tom, wie?«
    {366} »Ja, lieber Gott, das ist süddeutsch!« sagte der Konsul, atmete langsam den Rauch in die Stube hinein, lächelte seiner Mutter zu und ließ verstohlen seine Augen auf Tony ruhen. Die Konsulin bemerkte das durchaus nicht.
    »Du kommst heute mit Gerda zu Tische, nicht wahr, Tom? Thut mir die Liebe.«
    »Gern, Mutter; mit dem größten Vergnügen. Ehrlich gesagt, ich verspreche mir viel Vergnügen von diesem Hausbesuch. Du nicht auch? Das ist doch einmal etwas Anderes, als deine Geistlichen …«
    »Jeder nach seiner Art, Tom.«
    »Einverstanden! Ich gehe … Apropos!« sagte er, den Thürgriff in der Hand. »Du hast entschiedenen Eindruck auf ihn gemacht, Tony! Nein, ganz ohne Zweifel! Weißt du, wie er dich eben da unten genannt hat? ›Ein lieber Kerl‹ – das sind seine Worte …«
    Hier aber wandte Frau Grünlich sich um und sagte mit lauter Stimme:
    »Gut, Tom, du erzählst mir dies … er wird es dir wohl nicht verboten haben, aber trotzdem weiß ich nicht, ob es passend ist, daß du es mir

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