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Buddenbrooks

Buddenbrooks

Titel: Buddenbrooks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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so habe ich ja, wenn mich nicht Alles täuscht, noch kein Wort darüber verloren. Regle deine Trauertoilette ganz nach Geschmack; nur glaube nicht, daß du mit deiner billigen Vorurteilslosigkeit Eindruck auf mich machst …«
    »Ich will gar keinen Eindruck auf dich machen …«
    »Tom … Christian …« sagte Frau Permaneder. »Wir wollen doch keinen gereizten Ton anschlagen … heute … und hier, wo nebenan … Fahr' fort, Thomas. Geschenke gehen also zurück? Das ist nicht mehr als billig.«
    Und Thomas fuhr fort. Er fing mit den größeren Gegenständen an und schrieb sich diejenigen zu, die er für sein Haus gebrauchen konnte: die Kandelaber des Eßsaales, die große geschnitzte Truhe, die auf der Diele stand. Frau Permaneder war mit außerordentlichem Eifer bei der Sache und hatte, sobald der künftige Besitzer irgend eines Dinges nur ein wenig zweifelhaft war, eine unvergleichliche Art, zu sagen: »Nun, ich bin bereit, es zu übernehmen« … mit einer Miene, als verpflichte sie sich mit ihrer Opferwilligkeit die ganze Welt zu Danke. Sie erhielt für sich, ihre Tochter und ihre Enkelin weitaus den größten Teil des Ameublements.
    Christian hatte einige Möbelstücke, eine Empire-Stutzuhr und sogar das Harmonium bekommen, und er zeigte sich zufrieden damit. Als aber die Verteilung sich dem Silber- und Weißzeug, sowie dem verschiedenen Speise-Service zuwandte, begann er zu dem Erstaunen Aller einen Eifer merken zu lassen, der sich fast wie Habsucht ausnahm.
    {632} »Und ich? Und ich?« fragte er … »Ich bitte doch, mich nicht ganz und gar zu vergessen …«
    »Wer vergißt dich denn? Ich habe dir ja … sieh doch her, ich habe dir ja schon ein ganzes Thee-Service mit silbernem Tablett zugeschrieben. Für das Sonntags-Service mit der Vergoldung haben doch wohl nur wir Verwendung, und …«
    »Das alltägliche mit Zwiebelmuster bin ich bereit zu übernehmen«, sagte Frau Permaneder.
    »Und ich?!« rief Christian mit jener Entrüstung, die ihn zuweilen befallen konnte, seine Wangen noch hagerer erscheinen ließ und ihm so seltsam zu Gesichte stand … »Ich möchte doch an dem Eßgeschirr beteiligt werden! Wieviele Löffeln und Gabeln bekomme ich denn? Ich sehe, ich bekomme beinahe nichts! …«
    »Aber Bester, was willst du denn mit den Sachen anfangen! Du wirst ja gar keine Verwendung dafür haben! Ich begreife nicht … Es ist doch besser, solche Dinge bleiben im Familiengebrauch …«
    »Und wenn es auch nur als Andenken an Mutter wäre«, sagte Christian trotzig.
    »Lieber Freund«, erwiderte der Senator ziemlich ungeduldig … »ich bin nicht aufgelegt, zu scherzen … aber deinen Worten nach zu urteilen scheint es, als wolltest du dir als Andenken an Mutter eine Suppenterrine auf die Kommode stellen? Ich bitte, doch nicht anzunehmen, daß wir dich übervorteilen wollen. Was du an Effekten weniger erhältst, wird dir natürlich demnächst in anderer Form ersetzt werden. Es ist mit dem Weißzeug ebenso …«
    »Ich wünsche kein Geld, ich wünsche Wäsche und Eßgeschirr.«
    »Aber wozu denn, um Alles in der Welt?«
    Jetzt aber gab Christian eine Antwort, die bewirkte, daß Gerda Buddenbrook sich ihm eilig zuwandte und ihn mit ei {633} nem rätselhaften Ausdruck in ihren Augen musterte, der Senator sehr rasch das Pincenez von der Nase nahm und ihm starr ins Gesicht blickte, und Frau Permaneder sogar die Hände faltete. Er sagte nämlich:
    »Na, mit einem Worte, ich denke, mich über Kurz oder Lang zu verheiraten.«
    Er that diesen Ausspruch ziemlich leise und schnell, mit einer kurzen Handbewegung, als würfe er seinem Bruder über den Tisch hin etwas zu, worauf er sich zurücklehnte und mit einer mürrischen, gleichsam beleidigten und merkwürdig zerstreuten Miene seine Augen haltlos umherschweifen ließ. Eine längere Pause trat ein. Endlich sagte der Senator:
    »Man muß gestehen, Christian, diese Pläne kommen etwas spät … gesetzt natürlich, daß es reelle und ausführbare Pläne sind, nicht von der Art derer, die du aus Unüberlegtheit früher schon einmal der seligen Mutter vorgelegt hast …«
    »Meine Absichten sind dieselben geblieben«, sagte Christian, immer ohne Jemanden anzusehen und immer mit dem gleichen Gesichtsausdruck.
    »Das ist doch wohl unmöglich. Du hättest Mutters Tod abgewartet, um …«
    »Ich habe diese Rücksicht genommen, ja. Du scheinst der Ansicht zuzuneigen, Thomas, daß du allein alles Takt- und Feingefühl der Welt in Pacht hast …«
    »Ich

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