Buddha-Boy
klingelte. »Das warâs dann wohl«, verkündete ich. »Wir müssen morgen weitermachen.«
Worauf Peter sagte: »Nicht so schnell, Buddha. Wirf!«
Ich würde sowieso verlieren, ob ich nun abwartete oder nicht. Also tat ich besser so, als sei mir die Sache egal. Ich drehte mich zu Peter und sagte: »Okay, es ist doch nur ein Wettkampf unter Freunden, oder?«
Er nickte kaum merklich, aber angewidert, und ich schleuderte den Ball â mit erstaunlicher Effekthascherei â über meine Schulter nach hinten in Richtung Korb.
Nachschlag
Am nächsten Tag, auf dem Weg zur Suppenküche, sprang Woody vor Freude fast aus ihren Stiefeln. »San, das war so cool! Hast du Peters Gesicht gesehen, als du ihn mit dem Rücken zu ihm geschlagen hast? Das war der Wahnsinn! Du machst alles so ruhig. Sogar als alle angerannt kamen und dich abgeklatscht haben, bist du ganz entspannt geblieben. Und weiÃt du was? Heute haben mich alle Typen vom B-Team gefragt, ob wir â du und ich â ihnen Freiwurfstunden geben könnten.«
»Hoffentlich hast du Nein gesagt.«
»Alsoooo â¦Â«
Ich starrte sie an.
»â¦Â ich hab vielleicht gesagt.«
Ich starrte sie immer noch an.
»Ich hab ihnen gesagt, dass wir mit unserem Ehrenamt ziemlich beschäftigt sind, ihnen aber Bescheid geben würden, wenn sich was ändert. Aber begreifst du nicht? Unser Projekt ist ein totaler Erfolg. Du bist berühmt! Ein Mädchen aus der siebten Klasse hat mich heute gefragt, ob ich ihr nicht ein Autogramm von dir besorgen könnte!«
»Wie heiÃt sie?«, fragte ich, ohne zu überlegen.
»Ich weià nicht â Katie irgendwas. Vielleicht. Du hast aber keine irdischen Bindungen, schon vergessen?«
»Ich wollte nur ihren Namen wissen. Namen sind wichtig.«
Plötzlich machte sie ein ernstes Gesicht. »Ãbrigens, San, bevor wir in der Suppenküche sind â ich wollte dir die Sache mit meinem Namen erklären. Meine Eltern nannten mich Emily. Emily Jane Long, nach der Mutter meiner Mutter. Aber nachdem meine Mutter weggegangen war, wollte ich nicht mehr wie jemand aus ihrer Familie heiÃen. AuÃerdem hatte ich das Gefühl, nicht mehr die gleiche Person zu sein. Also entschloss ich mich, eine andere zu werden.« Sie biss sich auf die Unterlippe. »Das findest du bestimmt total blöd, oder?«
Ich hätte ihr jetzt alles sagen können. Das war schon ein erstaunlicher Moment: Woody war wie ich. Wegen unserer verkorksten Eltern erfanden wir uns neu. Ich könnte ihr meine Geheimnisse verraten, sie würde mich verstehen. Ich könnte ihr meine Seele offenbaren, sie würde mich umarmen. Wir könnten uns an den Händen halten und fröhlich über Wiesen voller Gänseblümchen hüpfen. Wir gegen den Rest der Welt! Bonnie und Clyde. Cäsar und Kleopatra. Madonna und, äh, alle.
Aber ich zögerte. Ich überlegte zu lange. Was würde aus unserem Projekt werden, wenn Woody herausfand, dass ich ein Fake war? Die Note war ihr wirklich wichtig, Ehrlichkeit aber auch. Mannomann, Ehrlichkeit! Sie würde nicht mit dem Sohn eines verurteilten Betrügers durch die Gänseblümchen hüpfen wollen. Und was war mit ELL?
Sie erwartete, dass ich was sagte, dass ich ihr sagte, sie sei nicht blöd. »Du bist nicht blöd«, sagte ich. »Du steckst nur in dieser irren Kultur fest, die behauptet, dass ein Mensch nicht ändern kann, was er im Inneren ist. Wenn dir also nicht gefällt, wer du gestern warst, bist du ⦠ich weià nicht ⦠in dir selbst gefangen. Aber dein Weg war der Zen-Weg.«
Das lieà sie sich eine Weile durch den Kopf gehen. Dann fragte sie: »Was ist der Zen-Weg?«
»Ein groÃer japanischer Denker hat einmal gesagt: âºKonzentriere dich vollkommen und widme dich jedem Tag, als würde ein Feuer durch deine Haare wüten.â¹Â«
»Und das bedeutet?«
»Alles, was im Augenblick eine Rolle spielt, ist das, was du im Augenblick tust.«
»Echt?« Sie grinste.
»Buddha ist mein Zeuge.« Ebenfalls grinsend verdrehte ich die Augen. Da packte sie meine Hand und fing an zu hüpfen. Wir wurden beinahe von einem Tanklastwagen überfahren, aber wir hüpften bis zum Obdachlosenheim. Dort lehnten wir uns an die Mauer, die Hände auf den Knien, schnauften und lachten. Inzwischen hatte sich schon eine Menschenschlange gebildet,
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