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Buddhas kleiner Finger

Buddhas kleiner Finger

Titel: Buddhas kleiner Finger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Pelewin
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bedeutete, wußte sie zwar nicht, doch für den Notfall hatte sie einen guten Rechtsanwalt. Maria schüttelte lächelnd den Kopf. Wie hatte sie so lange das Einfachste übersehen können, die Hauptsache? Und worüber hatte sie sich bloß die ganze Zeit den Kopf zerbrochen?
    Sie schaute in die Runde, um einigermaßen die Himmelsrichtungen abzuschätzen, und streckte die Hand gen Westen (daß DER BRÄUTIGAM von dort her zu erwarten war, schien irgendwie klar).
    »Komm!« flüsterte sie inbrünstig und spürte im nächsten Augenblick, daß etwas Neues in die Welt getreten war.
    Nun hieß es warten, bis die Zeit für das Treffen heran war. Sie stürmte vorwärts und spürte voller Freude, wie der Abstand zwischen ihr und DEM BRÄUTIGAM schmolz – er kam ihr entgegen, das wußte sie schon, und zwar auf eben dieser Promenade, nur hatte er es, im Gegensatz zu ihr, nicht eilig, das entsprach einfach nicht seinem Charakter.
    Wie durch ein Wunder glückte der Sprung über ein offenes Gullyloch, das jäh vor ihr aufgetaucht war. Maria verlangsamte ihren Schritt und begann fieberhaft in den Taschen zu wühlen. Ihr war eingefallen, daß sie weder Spiegel noch Kosmetiktäschchen bei sich hatte. Für einen Moment packte sie die Verzweiflung – sie überlegte schon, ob nicht auf dem zurückliegenden Weg eine Pfütze gewesen war, in der sie ihr Spiegelbild hätte betrachten können. Doch zerstob die Verzweiflung so schnell, wie sie gekommen war – Maria wußte plötzlich wieder, daß es in ihrer Macht lag, vor DEM BRÄUTIGAM so zu erscheinen, wie sie wollte.
    Ein Weilchen überlegte sie. Soll er mich als ganz junges Mädchen sehen, beschloß sie dann, mit zwei rotblonden Rattenschwänzchen, Sommersprossen im Gesicht und … und … Es brauchte noch ein rührendes Detail, ein naives I-Pünktchen. Ohrringe vielleicht? Ein Baseball-Cap? Es blieb nur noch ganz wenig Zeit, und Maria schaffte es im letzten Moment, sich mit grellrosa Kopfhörern zu schmücken, die die flammende Röte auf ihren Wangen aufzunehmen schienen. Dann hob sie den Blick und blickte nach vorn.
    Dort, zwischen den zottigen Rauchfetzen, blitzte etwas Metallisches auf, um sofort wieder zu verschwinden. Als es das nächste Mal auf- und wieder untertauchte, war es schon etwas näher. Plötzlich fegte eine Windböe den Rauch beiseite, und Maria erblickte eine hohe, funkelnde Gestalt, die gemessenen Schrittes auf sie zukam. Zugleich bemerkte Maria – oder schien es ihr nur so –, daß die Erde bei jedem dieser Schritte ein wenig bebte. Der Metallmann war viel größer als sie, und sein furchtlos schönes Antlitz zeigte absolut keine Regungen. Maria bekam es mit der Angst, und sie wich zurück. Zwar wußte sie noch, irgendwo hinter ihrem Rücken gab es den deckellosen Gully, doch sie schaffte es nicht, den Blick von dem metallischen Rumpf loszureißen, der gegen sie vorrückte wie der Bug eines Eisbrechers gegen die Scholle.
    Als sie ganz nahe daran war aufzuschreien, ging mit dem Metallmann eine verblüffende Transformation vor sich. Zuerst legten sich über seine blitzenden Schenkel die gestreiften Beine einer Unterhose für den Hausgebrauch, dann folgte weiter oben ein weißes T-Shirt, und schließlich nahm der übrige Körper den normalen Teint wohlgebräunter menschlicher Haut an, worauf er sich in kanariengelbe Hosen, ein Hemd nebst gestreifter Krawatte und jenen bezaubernd schönen himbeerfarbigen Zweireiher mit Goldknöpfen hüllte. Dies war der Moment, da Maria vollends beruhigt war. Allerdings blieb ihr wenig Zeit, sich an dem Anblick des himbeerroten Sakkos zu freuen – er verschwand unter einem langen grauen Trenchcoat. An den Füßen DES GASTES erschienen schwarze Slipper, im Gesicht eine schwarz-verspiegelte Sonnenbrille. Die Haare gerannen zu einem rötlichen Igel, und mit einem frohlockenden Hüpfen des Herzens erkannte Maria im BRÄUTIGAM Arnold Schwarzenegger – es hätte, das war ihr nun klar, kein anderer sein können.
    Er stand vor ihr, mit quadratischen dunklen Gläsern blickte er sie an, wortlos; auf seinen Lippen spielte ein kaum wahrnehmbares Lächeln. Maria erblickte ihr Spiegelbild in seinen Brillengläsern und rückte die Kopfhörer zurecht.
    »O Jungfrau Maria«, sagte Schwarzenegger leise.
    Seine Stimme war ausdruckslos, dumpf, doch angenehm.
    »Nein, mein Lieber«, sagte Maria geheimnisvoll lächelnd und zog die gefalteten Hände zur Brust. »Sagen Sie einfach Maria.«
    »Einfach Maria«, wiederholte Schwarzenegger.
    »Ja«, sagte Maria.

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