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Büchners Braut: Roman (German Edition)

Büchners Braut: Roman (German Edition)

Titel: Büchners Braut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Klepper
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Körper schwingen lassen. Sie hatte aufgelacht und war gegangen.
    Warum muss man so albern werden, in Kindereien flüchten, wenn es einem so verlegen wird?
    Und vorhin waren noch ihre Schritte nach unten zuhören gewesen, zur Küche hin, eine Melodie war auch dabei:
    Gib mi’m kleine Ressele
    Z’fresse un z’saufe;
    Hawre, dä frisst es nit;
    Wasser, das sauft es nit;
    Lauter kühler Wein,
    Lauter kühler Wein
    Muß es sein!
    Gewiss, von Politik spricht sie nicht allzu viel, aber sie hat so klare, gerade Gedanken. Wenn er sie doch hätte fragen können, ob er den Eltern von seinen Entscheidungen im Kriegsfalle schreiben könne. Gut, gut, nun ist es geschrieben, er hatte schon vor Stunden gewusst, er würde es so schreiben! Also gut. – Krieg. Was für ein Wort, wie ein spitzer Aufschrei. – Der Blick aus dem Fenster bringt nur entsetzliche Einöde. Er setzt sich die Brille auf. Da geht Minna aus dem Haus. Tatsächlich. Im Mantel verhüllt, das Tuch zweimal um den Kopf geschlagen. Aber sie ist es. Es ist kalt.
    Sie drückte den Korb an sich, die Hände dabei in die Enden ihres Tuches gewickelt. Es wird kalt werden, sehr kalt. Der Winter soll hart werden heuer, sagte man.
    Unwillkürlich ging sie schneller, der Atem flog in weißen Wolken vor ihrem Gesicht. Die Leute werden nervös, dachte sie. Alle sagen es. Die Not kommt. Erst die schlechte Ernte dieses Jahr, nun ein harter Winter.
    An den Marktständen war die karge Auswahl an Gemüse in säuberlichen Reihen angehäufelt. Darüber grübelnde Gesichter gebeugt, verhaltenes, abgehacktes Gespräch.– So viel? – Ja, hier nehmen Sie. – Très bien, merci. – Noch zwei Rüben, Madame. –
    Auch Minna kaufte nur das Nötigste. Die Magd mochte schon gar nicht alleine einkaufen gehen, aus Angst, zu viel Geld auszugeben, nicht handeln zu können. Minna wollte auch nicht handeln. Worum denn? Um einen Sou zu sparen? Dann noch in die Bäckerei und in den Milchladen. Auf dem Weg sah sie diese Karikaturen an einen Baum geheftet. Die Birne. Der König als Birnenkopf. In vier Stufen verwandelte sich Louis-Philippes Gesicht in nichts als eine Birne. Frevel? Büchner meinte, er solle nur sehen, was die Leute von ihm hielten. Auch bei der Sitzung der Eugenia hatten sie davon gesprochen. Er erzählte es zuverlässig.
    Ein Staat sollte daran gemessen werden, wie er mit seinem Volk umgeht, hatte er gesagt. Soll es der Zweck einer Verfassung sein, eine Monarchie recht gut zu erhalten oder sein Volk? – Wie er reden konnte! Er musste in der Eugenia fleißig gegen alles, was sich Fürst und König nennt, gewettert haben. Eugène hatte es auch erwähnt. Und jetzt war Büchner mit allen Eugeniden per Du. Es gefiel ihm hier in der Stadt. Ihr gefiel es, wenn er mit ihr sprach. – Minna ging weiter. Nur nicht zu lange auf das Blatt mit der Birne schauen.
    Es war so kalt. Jetzt nur zurück nach Hause. Der Korb trug sich schwer. Noch ein oder zwei von diesen herrlichen Sätzen von Büchner heute und der Tag würde warm werden. Sie lachte in den schalen Sonnenschimmer, der durch die weißgraue Himmelsdecke fiel. Fing sie auch schon an, in solch verrückten Bildern zu sprechen?
    Diese Woche war es gewesen, da hatte sie unten im Flur auf der Schuhputzbank gehockt und im Gesangbuch geblättert, während sie auf die Magd und Lucius gewartet hatte für den Kirchgang. Da hatte Büchner sie gefragt, ob sie Langeweile hätte.
    Langeweile? – Nach kurzem Zögern sagte sie: Ja. Diese Antwort versprach das interessantere Gespräch.
    Ist das schlimm, Monsieur?
    Oh, es gibt Schlimmeres, was die Leute aus Langeweile treiben, als im Gesangbuch zu blättern. Ich fürchte, viele beten auch aus Langeweile.
    Minna lachte. Oh, Büchner!
    Wie um ihr ein Geheimnis anzuvertrauen, kam er näher.
    Kann es nicht auch sein, dass wir in unserem Leben wie Spielkarten herumliegen, mit denen Gott und der Teufel aus Langeweile eine Partie machen?
    Nun schaute sie in diese Fischaugen, die tief unten ihren blauen Grund zeigten. Sie presste die Lippen zusammen, und er und sie selbst wussten nicht, was folgen würde, wenn sie sie wieder öffnete. Ein Lacher oder eine Zurechtweisung? Da wich er schon zurück, wie ein getadeltes Kind, denn sie sagte nichts. Nichts! Minna, wie können Sie …
    Endlich! Ein Lachen. Sie sprechen tolles Zeug, Monsieur George Büchner!
    Nein, ich meine alles ernst – also, ich will sagen, im Grunde liegt in dem, was so toll von mir daherkommt, ein tiefer … Ernst. Ja.
    Wieder schaute sie

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