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Büchners Braut: Roman (German Edition)

Büchners Braut: Roman (German Edition)

Titel: Büchners Braut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Klepper
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nicht frei gewesen, das war gewiss. Wahrscheinlich hatte Minna es mittlerweile dem kleinen Lucius gegeben, der noch im Hause wohnte, aber eigentlich nicht mehr »klein« war. Ein hochgeschossener blonder Kerl von siebzehn Jahren war er da schon. Oder hatte das Zimmer ein anderer Student bekommen? Mit der Zimmerbewirtschaftung wollte der Vater gänzlich nichts zu tun haben. Zudem war er oft unterwegs und Louis-Théodore wegen seiner chemischen Studien auf Reisen.
    Ich bin Hausherrin, nicht wahr? Und mein Zimmer ist mein Zuhause. – Ich werde wohl entscheiden, wann ichmit George beisammen bin! – So hatte sie gedacht und es auch getan.
    Dort hatte er ihre Haare offen gesehen, wie sie über ihren Rücken fielen, die Bewegung ihrer Schultern spiegelten, über die Wangen nach vorne glitten, auf Georgs Gesicht fielen und wo er im dunklen Vorhang nach ihren Wimpern suchte, den dunklen Brauen, die wie bei einer Spanierin waren.
    Piccola mia! – Auf seiner Brust eine sanfte Grube in der Mitte, wo blonde Locken sich kräuseln, eine zarte dünne Haarlinie in Richtung Bauchnabel. Muss sie ihn nicht immerfort ansehen, in der hohen Stirn, im blassen Insektenblick seine Abwesenheit lesen und abfangen, seine Regungen einsammeln?
    Da wird nun dein Drama gedruckt, sagt sie, worauf er wieder aus dem Haarvorhang auftaucht, sich zurücklehnt, und ja, da ist wieder der junge Mann mit dem tollen Zeug im Kopf.
    Weißt du noch, als du mit Muston vom Münster zurückkamst?
    Minna lacht, während der Name Muston Georgs Mundwinkel weicher werden lässt. Ja, Minna.
    Völlig durchnässt wart ihr! Reckt euch über die Brüstung auf dem Turm, wenn es hagelt! Hätten euch doch die eisigen Schloßen das Gemüt gekühlt. Aber nein, wie aufgepeitscht kamt ihr zurück ins Haus. Nichts als eure Revolutionsdramen hattet ihr im Sinn.
    Fast ein Jahr lag dieser Hagelschlag zurück, während Georgs kurzem Aufenthalt hier zu Ostern, und dann stand unvermittelt Freund Alexis Muston vor ihm, und aller Gram um die Zukunft und Zweifel am Sinn derFlugblattunternehmung waren verflogen. Mit solchen Menschen um sich muss ja alles gut werden. Minna und Alexis sowie nun die Schulzens und in Gießen der August Becker. Will man es nicht so glauben?
    Herrgott!
    Was, George?
    Da hat man in etlichen fleißigen Stunden sein ganzes Herzblut aufs Papier gekritzelt, und dann kommen die anderen mit ihren Rücksichten, dampfen den Saft der Worte ein. Der Weidig schreibt mir den »Landboten« ins zahme Philisterdeutsch um, und der Gutzkow rupft mir den »Danton«, will die »Veneria heraustreiben«, wie er schrieb.
    Nun, der »Saft« war ja im »Danton« arg deftig gehalten.
    Das Stück ist auch nicht für junge Damen geschrieben.
    Oh, la, la, Monsieur, sollte das Stück aber nicht ebenso den jungen Damen zugänglich sein? Wenn es nun wegen Unflätigkeit sogleich verboten würde …
    Mit einem unwilligen Stöhnen wirft sich Georg zurück aufs Kopfkissen.
    Lass, Minna, lass, bitte.
    Und es ist noch genügend Saft im »Danton«.
    Ja, im »Danton« schon. Er stößt sein kurzes Hohnlachen aus. Aber das Stück ist eine »Ruine der Verwüstung«.
    Übertreibe nicht.
    An einigen Zeilen hatte er ihr die Verwüstung gezeigt, Minna hatte herzlich gelacht und ihn bestätigt, jedoch auch Gutzkows Beweggründe verteidigt.
    Es ist doch noch ordentlich Kraft und von mir ausauch Saft in dem Stück. Allein die Koketterie im ersten Akt. Das Kartenspiel, die Halbweltdamen.
    Ist die Anspielung zu verstehen?
    Oh, quelle allusion piquante, Monsieur l’auteur? Welche der Anzüglichkeiten? Minna lehnt sich amüsiert vor Georg in den Kissen zurück.
    Carreau. Das schöne Karo zwischen den Beinen der Frau.
    Er beugt sich Minna zu.
    Hier. Und er rahmt mit dem Finger das Dreieck ihrer Scham nach. Minna hört sein sachtes Ausatmen durch den Mund, sieht seinen verlorenen Blick, die sich schließenden Augen, als er sich neben sie legt. Ein Kuss auf seine Stirn, und ihre Lippen verweilen still dort. Nun war er nicht hundert Jahre weit fort, sondern dieser aufquellende Blick, dieses Atmen, eher ein schmerzliches Keuchen, gehört nur ihr, sein ganzes wonniges Verzücken von Körper und Geist. – George. – Wir müssen vorsichtig sein, mein Lieb. – Ja.
    Hatte er ihr nicht versprochen, sie vor der Heirat nicht zu schwängern, und dabei weiß er nicht einmal, wie ehrlich er dies Versprechen halten kann. Gehört er wirklich zu den jungen Laffen, die sich brüsten, auf raffinierte Weisen der Natur überlegen zu

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