Buerger, ohne Arbeit
produktive Akte besonderer Art, das kennen
wir bereits (§ 43), und diese Ansicht überzeugte nicht. Die puritanische Konsumschelte von Adam Smith bildet nur das Gegenstück
dazu, Teil des Dilemmas, und bietet keine Lösung.
Was rechtfertigt im Ernst die Kritik an einem Kapitalisten, der Köche und Schneider in seinem Haus beschäftigt? Doch wohl
nicht, daß er sich überhaupt kleidet und ißt. Allenfalls, daß er auf diese Weise mehr Geld verauslagt als für diese Zwecke
an sich nötig wäre. Er könnte in ein Restaurant gehen und in ein Konfektionsgeschäft, wo diese Dienste, weil rationell organisiert,
wohlfeiler angeboten werden. Deshalb sind weder Dienstboten im allgemeinen noch Köche und Schneider im besonderen unproduktive
Arbeiter. Als Angestellte eines Unternehmers verwandeln sie sich, Smith’ eigener Definition zufolge, umgehend in produktiv
Beschäftigte, die ihrem Unternehmer einen Profit erwirtschaften.
Aber übersieht diese Definition nicht etwas ganz Wesentliches, den Tatbestand, daß sich die Produktivität des ehemaligen Schneiders
in der Tuchfabrik weit müheloser steigern läßt als die des zuvor selbständigen Koches in einem bürgerlichen Restaurantbetrieb?
Der Schneider, nunmehr in einer Tuchfabrik untergekommen, hört auf, seinen Beruf als ganzen auszuüben und beschränkt sich
tunlichst auf wenige Handgriffe, die er extrem perfektioniert. Der Koch indes bleibt Koch, im ungeschmälerten Besitz all seiner
Fähigkeiten, und gerade darauf kommt es seinem neuen Arbeitgeber an. Der eine bestätigt den Satz, demzufolge produktive Arbeit,
nach ihrem Ablauf und ihren Resultaten beurteilt, »produktiver«, effizienter abläuft als unproduktive, der andere bleibt die
Antwort bis auf weiteres schuldig. Es gibt, so |370| scheint es, Arbeiten, die durch das Lohnarbeitsverhältnis im Innersten ergriffen und umgestaltet werden, und es gibt andere,
für die das nicht gilt oder doch nicht im selben Maße, die sich gleichgültiger dazu verhalten, widerständiger. Zu behaupten,
wie Smith das tat und nach ihm auch Karl Marx, die Unterscheidung zwischen produktiver und unproduktiver Arbeit hätte mit
dem Arbeiten als konkretem Vorgang nichts zu tun, 434 heißt zu guter Letzt in eine Falle laufen, in die Falle der Allmacht des Kapitals.
7. Das fängt ganz harmlos an, mit konstruierten Fallbeispielen, solchen:
»Die Köchin im Hotel produziert für den, der ihre Arbeit als Kapitalist gekauft hat, den Hotelbesitzer, eine Ware; der Konsument
der Hammelkoteletts hat ihre Arbeit zu zahlen, und sie ersetzt dem Hotelbesitzer (vom Profit abgesehen) den Fonds, woraus
er fortfährt, die Köchin zu zahlen. Dagegen kaufe ich die Arbeit einer Köchin, damit sie mir das Fleisch etc. kocht, nicht
um sie zu verwerten als Arbeit überhaupt, sondern sie zu genießen, zu gebrauchen als diese bestimmte konkrete Arbeit, so ist
ihre Arbeit unproduktiv; obgleich diese Arbeit sich fixiert in einem materiellen Produkt und ebensogut verkäufliche Ware sein
könnte (in ihrem Resultat), wie sie es in der Tat für den Hotelbesitzer ist. Die Köchin ersetzt mir (dem Privaten) nicht den
Fonds, aus dem ich sie zahle, weil ich ihre Arbeit nicht als wertbildendes Element kaufe, sondern bloß ihres Gebrauchswerts
halber.« 435
Ohne das die geringste erkennbare Veränderung im Arbeitsvorgang eintritt, avanciert die Köchin im Hotel zur produktiven Arbeitskraft;
verköstigt mich dieselbe Frau daheim, zählt sie zum unproduktiven Dienstpersonal, so einfach geht das. – Ist es das nicht
auch, bei genauerer Betrachtung? Die vom Hotelbesitzer angestellte Köchin unterliegt gründlicher Aufsicht, sie findet helfende
Hände, die ihr das Werk erleichtern. Sie speist einen erheblich umfänglicheren Personenkreis, als wenn sie nur ihrer persönlichen
Herrschaft das Essen bereitete. Die Zutaten zu den Menüs können in größeren |371| Einheiten geordert und mit Rabatt erworben werden. Die durchdachtere Organisation ihrer Verrichtungen sowie die größere Schar
der Essensverzehrer begaben die Köchin mit einem Vermögen, das sie selbst erstaunt: ihre Arbeit setzt »Fett« an für den Unternehmer.
Das Wunder ihrer Verwandlung in eine produktive Arbeitskraft hat stattgefunden, mögen ihre Kochkünste auch so ziemlich dieselben
geblieben sein.
Trifft, was für die Köchin zu konstatieren war, auch für gehobene Dienste zu, für solche mit noch größerer innerer Reserve
gegen das kapitalistische
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