Buerokrankheiten
dt. [vulg.] Saustall)
Beschreibung:
Schwerwiegender Ordnungs- und Entsorgungsdefekt; häufig hervorgerufen durch Überforderung, mangelhafte Selbstorganisation oder extreme Faulheit
Diagnose:
Ihr Schreibtisch gleicht einer Mischung aus Altpapiersammelstelle und Sondermülldeponie? Der Wert der in Ihrem Büro angesammelten Pfandflaschen übersteigt mittlerweile das Bruttoinlandsprodukt mancher Entwicklungsländer? Sie können sich an die Farbe der Tischplatte nur noch vage bis gar nicht mehr erinnern? Und der von Ihrem Vorgesetzten herbeigerufene Kammerjäger weigert sich standhaft, auch nur einen Fuß in Ihr Büro zu setzen?
Falls Sie diese Fragen für sich allesamt mit »Nein« beantwortet haben, können Sie bedenkenlos zur nächsten Krankheit weiterblättern. Falls nicht, legen Sie dieses Buch bitte schleunigst aus der Hand! Bewaffnen Sie sich stattdessen mit Müllsäcken, Handschuhen sowie massig Desinfektionsspray, und machen Sie sich ans Werk.
Und wo Sie gerade dabei sind: Glauben Sie tatsächlich, dass Sie das Handelsblatt vom 15 . 05 . 1997 irgendwann noch einmal lesen oder die unzähligen eingetrockneten Klebestifte jemals wieder verwenden werden? Na also …
Folgeerscheinungen:
Hygienische Probleme, soziale Ausgrenzung, Abmahnungen; in schlimmeren Fällen der Erkrankung droht zudem oft unangenehmer Besuch (beispielsweise von Tine Wittler oder der Messie-Frau von RTL 2 ).
Verwandte Krankheiten:
Bermuda-Eck-Zem, Kühlschrankdemenz, Mülltrennungsdefekt
Behandlungsmöglichkeit:
Einfach mal loslassen …
[Krankheitsverzeichnis]
Mitleids-Defizit-Syndrom
(lat. lamentose dramatica)
Beschreibung:
Firmenweites, theatralisches Zurschaustellen privaten Leids; vielfach hervorgerufen durch die eigene latente Einsamkeit nach Feierabend
Verbreitung:
Das Mitleids-Defizit-Syndrom ( MDS ) tritt vorwiegend bei Singles, MoFs (»Menschen ohne Freunde«) und alleinlebenden Kollegen auf, vereinzelt jedoch auch bei unglücklich Verheirateten.
Symptome:
In Ermangelung menschlichen Zuspruchs nach Feierabend nutzen MDS -Patienten die Arbeitszeit vorwiegend dazu, ihren Kollegen die Ohren vollzuheulen. Sei es wegen der Trennung von der Partnerin oder dem Partner (die mittlerweile fünf Jahre her ist), ihrer permanenten Einsamkeit oder der schweren Erkrankung ihres Kanarienvogels »Gypsy«. Dabei interessiert es sie nicht im Geringsten, ob sie ihre Kollegen gerade von wichtigen To-Dos abhalten – schließlich sind menschliche Probleme (zumindest ihrer Ansicht nach) stets wichtiger als die Arbeit.
Wird ihnen dennoch nicht die gewünschte Aufmerksamkeit zuteil, greifen sie in die psychologische Trickkiste und packen Schluchzen, pathetische Tränenflüsse oder gespielte Nervenzusammenbrüche aus. Abends sind die Betroffenen häufig auf Singlebörsen oder Problemforen im Internet anzutreffen.
Umgang mit den Erkrankten:
Schenken Sie einem MDS -Patienten auf keinen Fall zu viel Mitleid und Aufmerksamkeit! Er bezeichnet Sie ansonsten vor anderen Kollegen als »besten Freund« (bzw. »beste Freundin«) oder steht mit mehreren Koffern bepackt nachts vor Ihrer Wohnungstür und bittet Sie darum, bei Ihnen einziehen zu dürfen.
Verwandte Krankheiten:
Hatschie, Jammerrhoe, Muttismus
Behandlungsmöglichkeit:
Telefonseelsorge, Bahnhofsmission
[Krankheitsverzeichnis]
Mobbing
(dt. immer auf die Kleinen)
Beschreibung:
»Mit dem Begriff des Mobbing im arbeitsrechtlichen Verständnis werden fortgesetzte aufeinander aufbauende und ineinander übergreifende, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende Verhaltensweisen erfasst, die nach ihrer Art und ihrem Ablauf im Regelfall einer übergeordneten, von der Rechtsordnung nicht gedeckten Zielsetzung förderlich sind und in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die Ehre oder die Gesundheit des Betroffenen verletzen.« (Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 25 . 06 . 2002 , AZ : S 18 ( 11 )Sa 1295 / 01 )
Die Krankheit kann darüber hinaus auf beiden Seiten der Handlungskette auftreten. Es gibt also meist einen Mobber und einen Gemobbten. Typische Krankheitsanzeichen beim Mobber: multiples, systematisches und hemmungsloses Ausleben ausgewählter Bürokrankheiten an einzelnen Kollegen (siehe obiges Urteil). Typische Anzeichen beim Gemobbten: generalisiertes Freund-Feind-Denken plus die Überzeugung, dass alle, alle, alle etwas gegen ihn im Schilde führen. Wir müssen also zwischen Mobber-Mobbing und Gemobbt-Mobbing als Bürokrankheit
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