Buffy - 22 - Spike & Dru
Weise
das Geschehen im Konferenzraum des Wächterrats in London beobachten
konnte. Tagelang hatte er diese gefrorene Fläche angestarrt, hatte Berichte
von seinen Agenten auf der ganzen Welt erhalten und sowohl ihre
Bemühungen als auch den Fortgang des Krieges in Europa verfolgt. Jetzt
konnte er vier der jungen Mädchen hinter dem Glas sehen, die
Nachwuchsjägerinnen. Es war auch ein Mann bei ihnen, ein Wächter. Zwei
der Mädchen schwatzten und lachten und rauchten Zigaretten. Ein drittes lag
im Bett und las. Das vierte stritt sich auf der anderen Seite des Raums mit
dem Wächter, doch Skrymir konnte die Worte nicht verstehen.
Das spielte natürlich keine Rolle.
In Kürze würden sie alle tot sein.
Die Zeit war gekommen. Die Deutschen schickten sich an, London zu
bombardieren. Skrymir wusste, dass es nicht mehr lange dauern konnte, aber
während die Sekunden und Minuten vertickten, konnte er seine Aufregung
immer weniger im Zaum halten. Ohne dass es ihm bewusst war, veränderte
sich sein Körper auf subtile Weise. Seine Schwingen kräuselten sich und
knackten, ihre gefrorenen Enden wurden schärfer. Die Eiszapfen, die an den
Unterseiten seiner Arme hingen und aus seinen Ellbogen und dem Rücken
wuchsen, wurden länger und spitzer. In seinem eisigen Körper wallte erregt
der grüne Nebel, der den Kern seiner Existenz bildete. Und auch seine
Klauen und Zähne wurden länger.
Einer nach dem anderen öffneten die Nidavellir die Augen, als sie die
Veränderung in ihrem Meister spürten. Sie gehörten einer uralten Rasse an,
doch er war ihr Gott und noch älter. Sie waren perfekt für seine Zwecke
geeignet, gehorchten jedem seiner Befehle und konnten es kaum erwarten,
so wie ihre Ahnen in seinem Namen Blut zu vergießen – das Blut seiner
Feinde und ihr eigenes.
Plötzlich hallte Geschrei durch die Kaverne, und man hörte ein
gedämpftes Donnern. Geräusche ferner Nationen, die gefiltert durch sein
magisches Glas drangen. Skrymir kniff die Augen zusammen und
betrachtete die Szene im Hauptquartier des Rates. Die Tür des umgebauten
Konferenzraums war auf gestoßen worden. Ein Mann stand im Rahmen und
schrie den Nachwuchsjägerinnen und dem anderen Wächter zu, ihm zu
folgen und in Deckung zu gehen. Die deutschen Flugzeuge griffen an.
Perfekt. Seit der Krieg in Europa ausgebrochen war und die deutsche
Kriegsmaschine ihre Gefährlichkeit in erschreckendem Maße unter Beweis
gestellt hatte, hatte Skrymir gewusst, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis
die Nazis London bombardierten. Ein glücklicher Zufall. Sein Plan hätte
auch ohne ihn funktioniert, doch jetzt waren seine Ziele nicht nur alle an
einem Ort, sondern ihre Welt versank im Chaos. Das Bombardement schuf
ein totales Pandämonium.
Jetzt war es Zeit loszuschlagen.
Voll Schadenfreude verfolgte er, wie die Mädchen überrascht aufblickten.
Bevor sie reagieren konnten, erbebte das Gebäude, und aus der Ferne
konnte man das Donnern von Explosionen hören.
Die Mädchen schrien. Alle vier kreischten in nackter Angst und stürzten
zur Tür, dicht gefolgt vom Wächter.
»Jetzt«, grollte Skrymir. »Folgt mir.«
Der grüne Nebel in seinem eisigen Rumpf wallte auf. Mit einem einzigen
Schlag seiner mächtigen Schwingen erhob sich Skrymir von seinem Thron
und landete knirschend auf dem Steinboden der Kaverne. Er hielt vor dem
magischen Glas inne und gönnte sich einen kurzen Moment des Triumphs.
»Jetzt«, flüsterte er vor sich hin. »Jetzt geht es los.«
Skrymir starrte durch das Fenster, während die Mädchen von Panik erfüllt
aus dem Raum rannten. Auf seinen mentalen Befehl hin zog sich das Eis
zurück, schien zu den Enden des magischen Glases hin zu schmelzen. Sofort
spürte er die Wärme des Raums in London, so weit entfernt... und doch zum
Greifen nahe. Denn das Fenster auf der anderen Seite war ebenfalls
verschwunden – das Eis hatte sich geöffnet, um seinem Meister Einlass zu
gewähren. Er hatte dieses Fenster erschaffen, noch bevor der Rat in seinem
Hauptquartier die Schutzzauber gewirkt hatte, und er hatte es immer wieder
erneuert. Es bildete wohl die einzige Lücke in ihrer Verteidigung.
Aber Skrymir brauchte ja auch nur eine.
Mit einem Schrei warf sich der Dämon nach vorn, erneut von der Kraft
seiner Schwingen angetrieben. Ein Schwall frostiger Bergluft begleitete ihn,
als er den Konferenzraum im vierten Stock betrat, so mühelos, als würde er
von einem Zimmer in das nächste gehen.
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