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Buh: Mein Weg zu Reichtum, Schönheit und Glück (German Edition)

Buh: Mein Weg zu Reichtum, Schönheit und Glück (German Edition)

Titel: Buh: Mein Weg zu Reichtum, Schönheit und Glück (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leander Haußmann
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Herkunft, Verarbeitung und Nutzen des Specksteins, der sehr wertvoll und wichtig war. Den Speckstein zu ehren, hielt er uns an, während seine Hände zärtlich über den rechteckigen Stein strichen.
    Die Rakel war ein saugefährliches Ding. Zu vergleichen mit einer mannshohen schweren Rasierklinge. Sie diente dazu, von dem galvanisierten Druckzylinder die überschüssige Farbe abzustreichen, sodass die tiefer liegenden Teile auf das Papier kommen konnten (Tiefdruck!). Diese Messer mussten geschliffen werden, und das war meine erste Aufgabe. So etwas wie Schutz für Arme und Hände kannte man nicht. Ich nahm den Stein und führte wie mir geheißen eine schwungvolle Bewegung aus. Der Stein, weil ölig, flutschte mir aus der Hand, flog in die nächste Ecke und zerbarst in tausend Teile. Meine Pulsschlagader lag offen und das Blut spritzte über den Kachelboden. Meister Knippert schüttelte den Kopf.
     
    »Da wurde also viel getrunken?«, fragt mich Großauge.
    »Wie gesagt, trinken würde ich das nicht nennen«, sage ich. »Wir wurden ja gleich mit den ganzen harten Sachen vertraut gemacht. Und ich kann Ihnen sagen, Toluol und ›Halb und Halb‹ sind eine Mischung – die machen einen ganz schnell erwachsen. Manchmal haben wir auch einfach das Papier reißen lassen, wenn wir keinen Bock mehr hatten. Dann setzten wir uns in den Pausenraum, zogen uns den Schnaps rein und pokerten den Rest der Nacht. Es reichte ja, wenn man in die Papierbahn stach, die durch die sechs oder sieben Werke der Maschinen raste. Dann gab es einen lauten Knall und das Papier wickelte sich meterdick um die unzähligen Walzen. Der Arbeitstag war dann gelaufen.«
    »Wie viel haben Sie damals getrunken?«
    »Wie gesagt«, sage ich, »auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Trinken kann man das nicht nennen, es war eher so eine Art saufen.«
    Leider findet die Dame keine Freude an meinen Differenzierungsversuchen. »Eine Flasche? Zwei Flaschen?«, fragt sie, ihre Stimme zittert leicht. Ob vor Mitleid oder vor Ehrfurcht vermag ich nicht herauszufinden.
    »Flaschen mit was?«, frage ich zurück.
    »Haben Sie auch Bier getrunken?«
    Ich überlege. Sie schaut auf die Uhr. »Eher selten«, sage ich. »Und wissen Sie, Trinken hat ja was mit Kultur zu tun, aber das war dort, wie ich schon sagte, eher nicht der Fall.«
    »Also Schnaps?«
    »Ja, aber billiges Zeug, eben ›Halb und Halb‹.«
    Sie notiert sich etwas.
    »An Feiertagen auch mal einen ›Goldbrand‹ oder ›Kristall‹, das war ein Korn, auch für den Export in den Westen.«
    »Wie viel?«, fragt sie. »Was denken Sie?«
    Ich fange an zu schwitzen. Bloß nicht schwitzen, denke ich, das macht hier keinen guten Eindruck.
    »Schwitzen Sie?«
    Ich wische mir übertrieben einen Schwall Schweiß von der Stirn. »Ist ja auch heiß hier.« Ich lächele sie an und zwinkere ihr zu, aber mein jugendlicher Charme ist auch nicht mehr das, was er mal war.
    Sie schaut mich an. Sie legt ihren Block weg. Sie rutscht ihren Hintern zurecht. »Sie sind Regisseur?«
    Aha, denke ich, jetzt beginnt der private Teil.
     
    Ich bekomme eine SMS . Sie ist von Sven Regener. »Schlaf dich aus.«
    Gleich darauf klingelt das Telefon. Es ist Christina Paulhofer. Sie klingt entrüstet: »Was? Du bist in einer Psychoklinik?«
    »Telefonieren ist hier nicht erwünscht«, zischt mir eine dieser Mitarbeiterinnen zu, die man hier nicht Krankenschwester nennen darf und die man kaum von den Patienten unterscheiden kann.
    »Wir sind doch hier nicht bei Scientology«, begehre ich auf.
    »Was?«, schreit Christina am anderen Ende der Leitung. »Du bist bei Scientology?«
    Ich lege auf und gehe zum Teeautomaten, um mich ein wenig in Suchtverlagerung zu üben.

19 BIERMANN UND BADEWANNEN
BIERMANN UND BADEWANNEN
    19 NUR DISSIDENTEN WAREN AUF DER Berufsschule »Rudi Arndt«. Hier wurden die zukünftigen Drucker, Reprotechniker und Buchbinder ausgebildet. Die Schule gehörte der Zeitung Neues Deutschland , dem Zentralorgan der SED . Niemand von meinen Mitlehrlingen wollte das werden, was man hier lernte. Eines der Mädchen war der Guru für uns Andersdenkende. Sie machte Reproduktions-Facharbeiter mit Abitur, stand bei jeder Gelegenheit auf, schüttelte die Faust und wetterte gegen das System. Sie hatte nicht nur die größten Brüste, die ich je in meinem Leben gesehen habe, sondern auch ansonsten den Durchblick, sie malte in Öl, schrieb Romane, hatte und hörte den Blues.
    An der »Rudi Arndt« wurde mit Schallplatten gedealt, da

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