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Bujold, Lois McMaster - Die magischen Messer 2

Bujold, Lois McMaster - Die magischen Messer 2

Titel: Bujold, Lois McMaster - Die magischen Messer 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der magische Dolch
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anderen so?
    »So «, stellte Dag fest, »dann bin ich also ein Opfer, das du zu bringen bereit bist. Sieht Mama das genauso? «
    »Mama weiß – wie wir alle –, wie viel dir die Patrouille bede u tet. Wie sehr du dich bemüht hast, wieder aufgenommen zu werden, nachdem du deine Hand verloren hattest. Ist es dir dein Vergnügen mit diesem Bauernmädchen wert, dein ganzes L e ben wegzuwerfen? «
    Dar hatte immer noch den Bruder von vor achtzehn Jahren im Kopf, stellte Dag fest. Gequält und erschöpft, nur bestrebt, se i nerseits das zu töten, was ihn zu der wandelnden Leiche g e macht hatte, als die er sich fühlte. Und, mit etwas Glück, bald im Tod mit allem vereint zu sein, was er verloren hatte. Ein a n derer Lebensweg war ihm damals nicht möglich oder auch nur denkbar e r schienen.
    Mit diesem Dag war etwas Merkwürdiges geschehen, etwas Neues, in jener Höhle des Übels bei Glashütten. Oder vielleicht war auch nur etwas ans Licht gebracht worden, was sich unte r halb der Oberfläche schon seit längerem entwickelt hatte. Ich bin nicht mehr der, den du in mir siehst, Dar. Du schaust mich an, und doch siehst du mich nicht.
    In dieser Hinsicht erinnerte er Dag eigenartigerweise an Fawns Verwandtschaft. Wer bin ich dann? Zum ersten Mal seit langer Zeit war Dag sich nicht ganz sicher, ob er die Antwort darauf wusste. Das beunruhigte ihn weit mehr, als Dars veraltete Vo r stellungen es taten.
    Dar deutete Dags unbehaglichen Blick falsch. »Ja, das hat dich zum Nachdenken gebracht! Wurde auch Zeit. Ich werde in di e ser Sache nicht zurückweichen. Das ist meine Warnung an dich. «
    Dag berührte die Schnur unterhalb seines hochgerol l ten linken Ärmels. »Ich auch nicht. Das ist meine. «
    Sie behielten beide ein eisiges Schweigen bei, während sie wi e der auf die Küstenstraße gelangten und nach rechts abbogen. Dar rang sich ein Nicken ab, als er am Rotdrossel - Zeltplatz kehrtmachte, aber kein Wort des Abschieds kam über seine Lippen, kein Hinweis auf we i tere Treffen oder seine sonstigen Absichten. Dag kochte vor Wut, antwortete aber mit einem ebenso schweigs a men Nicken und ging weiter.
    Was die rein physische Seite betraf, musste Dag sich weder um sich selbst noch um Fawn Sorgen machen. Es war nicht Dars Stil, eine Gruppe von Hitzköpfen wie Sunny und seine Kump a nen um sich zu scharen und mit Gewalt etwas zu erzwingen. Eine förmliche Anklage vor dem Stammesrat war genau das, was Dar tun würde, da hatte Dag nicht den mindesten Zweifel. Das war keine bloße Drohung gewesen. Dag empfand bei di e sem G e danken eine eigentümliche Leere in seinem Inneren, die auf gewisse Weise jenem entrückten Moment glich, den er stets vor dem Angriff auf den Hort eines Übels erlebte.
    Er bedachte die gegenwärtige Zusammensetzung des Stamme s rates. Normalerweise gab es einen Abgeordneten und einen Stellvertreter von jeder Insel, die im jährl i chen Wechsel unter den Oberhäuptern der einzelnen Si p pen und unter den übrigen Ältesten gewählt wurden. Hinzu kam noch der Lagerhauptmann als ständiges Mi t glied in Vertretung der Patrouillen und ihrer Bedürfnisse. Cumbia war selbst ein Mal Mitglied des Rates g e wesen und Dags Großvater zwei Mal Stellvertreter, bevor er zu gebrechlich geworden war. Dag hatte kaum darauf geac h tet, wer in diesem Jahr im Rat saß oder in irgende i nem der Jahre davor, um die Wahrheit zu sagen. Und jetzt spielte es plötzlich eine Rolle.
    Der Rat löste die meisten Konflikte durch offenes G e spräch und verbindliche Schlichtung. Nur wenn es um Verbannung oder ein Todesurteil ging, stimmten sie im Geheimen ab, und dann reichte auch nicht die übliche einfache Mehrheit, sondern es war die Zustimmung aller sieben notwendig. Solange Dag lebte, hatte es nur zwei Morde im Lager am Hickory-See gegeben, und den w e niger eindeutigen davon hatte der Rat durch eine Zahlung zwischen den Familien geregelt. Nur einer hatte zu einer Hinrichtung geführt. Dag hatte noch nie eine Verba n nung erlebt, wie Saun sie in seinem Klatsch über Hohlweide b e schrieben hatte. Dag konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass da im Hintergrund noch mehr gew e sen sein musste, als Sauns kurze Beschreibung vermuten ließ. Wie bei mir? Vie l leicht nicht.
    Dag hatte sich in den letzten Tagen bewusst vom Klatsch und Tratsch des Lagers ferngehalten, um nicht alles noch schlimmer zu machen. Stattdessen hatte er sich um Fawn gekümmert und auch um seine Genesung. Er bezweifelte ohnehin, dass viele seiner Freunde

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