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Bullenhitze

Bullenhitze

Titel: Bullenhitze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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eher mit der hohen Dosis zusammen, dass es bei ihm relativ schnell ging.«
    Lenz verstand wieder nur Bahnhof, was der Mediziner zu merken schien.
    »Nach meiner Schätzung hat er die Samenkörner mit seiner letzten Mahlzeit zu sich genommen, die im Übrigen recht üppig ausgefallen ist, wenn ich das hinzufügen darf. Und normalerweise stirbt man nicht so schnell, wie es unserem guten Wohlrabe nun passiert ist. Das, wie gesagt, dürfte daran liegen, dass er etwa 25 bis 30 dieser Samenkörner zu sich genommen hat.«
    »Wie viele braucht es denn, um einen erwachsenen Menschen umzubringen?«, wollte Lenz wissen.
    »Da liegen, wie ich vorhin erwähnt habe, die Beschreibungen in der Literatur extrem weit auseinander. Eine Quelle gibt an, dass drei oder vier Samenkörner ausreichen, eine andere geht davon aus, dass auch 20 oder 30 davon zu überleben seien. Ich persönlich glaube, dass es signifikant damit zusammenhängt, wie schnell man das Zeug aus dem Körper bekommt, vulgo, anfängt, es auszukotzen.«
    »Das hat Wohlrabe demnach versäumt?«
    »Na ja, kurz vor seinem Tod hat es ja noch geklappt, nur leider war das viel, viel zu spät.«
    »Und woran ist er letztlich genau gestorben?«
    »An einer Atemlähmung. Früher oder später sterben die roten Blutkörperchen ab, danach gibt es nicht mehr viel zu tun. Immerhin hat sich sein Leiden nicht lange hingezogen, obwohl ich nach Durchsicht seiner Organe sagen muss, dass er wahrscheinlich gelitten hat wie ein Hund. Aber allzu lange hätte er vermutlich ohnehin nicht mehr zu leben gehabt.«
    »War er krank?«
    »Sozusagen ja, aber vermutlich wusste er noch nichts davon, sonst hätte er im Krankenhaus gelegen. Er hat ein abdominales Aortenaneurysma mit sich herumgetragen, ein echtes Trumm im Übrigen. Das Ding war ganz sicher kurz davor, zu platzen und das ist dann eindeutig das Finale.«
    »Geht auch das noch für medizinische Laien?«, fragte Lenz, der mittlerweile mit laufendem Motor auf einem Parkstreifen stand.
    »Klar. Dann mache ich aber wirklich Feierabend, Herr Kommissar«, erwiderte Franz, der offensichtlich seinen Spaß hatte. »Ein Aortenaneurysma ist eine meist sackförmige Erweiterung der Hauptschlagader des Menschen, in unserem Fall im Bauchraum, deshalb sprechen wir von der abdominellen Variante. Wenn so ein Ding platzt, hilft in der Regel auch beten nicht weiter, weil man innerhalb kürzester Zeit innerlich verblutet. Laienhaft genug?«
    »Oh ja, vielen Dank«, imitierte Lenz den Tonfall seines Gesprächspartners. »Ich fasse dann mal zusammen, Herr Doktor: Er ist an einer Vergiftung gestorben, die ihm vermutlich von außen beigebracht wurde.«
    »Richtig.«
    »Er könnte allerdings auch diese Rizinussamen in suizidaler Absicht selbst gefuttert haben?«
    »Auch richtig, allerdings hat er dann einiges falsch verstanden. Denn an diesem Zeug zu sterben, ist kein Vergnügen.«
    »Und unnötig war die ganze Aktion obendrein, weil er eh in der nächsten Zeit von uns gegangen wäre …«
    »Ja, vermutlich. Vielleicht, wenn er zufällig gerade im Krankenhaus gewesen wäre und man sofort hätte operieren können …; aber soviel Glück wollen wir jetzt nicht voraussetzen. Die Verdickung war schon sehr, sehr weit fortgeschritten, mit der Folge, dass das Schlagadergewebe dünn wie Papier war.«
    Lenz versuchte, sich das alles vorzustellen, kam jedoch damit nicht so recht voran. »Und an diese Rizinussamen zu kommen, stellt kein großes Problem dar?«
    »So weit ich weiß, nein. Rizin selbst, der Wirkstoff, fällt zwar unter verschiedene Konventionen, aber die Samen könnten Sie auch zu Hause in Ihrem Garten ziehen.«
    »Und wann hat er dieses finale, opulente, rizinusverseuchte  Mahl zu sich genommen, von dem Sie vorhin sprachen?«
    »10 bis 12 Stunden vor seinem Tod, also gestern Abend zwischen 21 und 23.«
    »Das passt«, sinnierte Lenz. »Haben Sie schon einmal von einem Dark Dinner gehört, Doc?«
    »Klar. Meine Frau und ich haben so was mal mitgemacht. Schöne Sache, warum fragen Sie?«
    »Weil unser Toter gestern Abend an so einer Veranstaltung teilgenommen hat.«
    »An einem Dinner in the Dark?«
    »Genau.«
    »Na, das würde ja unter Umständen einiges erklären. Am Besten beschaffen Sie sich schnellstmöglich eine Liste aller anwesenden Gäste.«
    »Sehe ich auch so. Sie sprachen allerdings am Anfang unseres Telefonats von ›mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit‹. Wie groß sind Ihre Zweifel denn?«
    »Unter einem halben Prozent. Ich warte noch

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