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Bullenhitze

Bullenhitze

Titel: Bullenhitze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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begrüßte er den Rechtsmediziner. »Das war auch mein erster Eindruck. Aber des Menschen Wille ist sein Himmelreich, nicht wahr?«
    »Das werden wir wissen, wenn wir etwas genauer hingeschaut haben, Herr Kommissar.«
    Damit stellte er seine große Tasche neben sich auf den Boden, bereitete seine Utensilien vor, streifte die Gummihandschuhe über, trat neben den Mercedes, ließ sich mit der rechten Seite auf dem Einstiegsblech nieder und betrachtete den toten Bauunternehmer, der mit einem blauen Mantel und einem Pepitahut bekleidet war und mit auf den Oberschenkeln ruhenden Armen im Auto saß. Seine Haltung und sein Gesichtsausdruck wirkten sehr entspannt und friedlich.
    »Haben Sie schon mal vom Regenschirmattentat gehört, Herr Lenz? Oder dem Bulgarischen Regenschirm?«, fragte der Rechtsmediziner.
    »Offen gestanden, nein«, antwortete der Kommissar.
    »Das habe ich mir gedacht. Die Sache mit diesem Bestatter, diesem Wohlrabe, hat mich noch ein bisschen beschäftigt, deshalb habe ich ein wenig recherchiert, und bin dabei auf dieses Attentat aus den 70er-Jahren des vorigen Jahrhunderts gestoßen.«
    Er schüttelte kaum wahrnehmbar den Kopf, ließ jedoch den Blick nicht von dem Toten.
    »Wie das klingt, die 70er-Jahre  des vorigen Jahrhunderts. Als ob wir damals noch nicht gelebt hätten.«
    Nun griff er mit der rechten Hand an Kronbergers Ohr und steckte etwas hinein.
    »Na ja, wie auch immer. Auf jeden Fall hat damals der Bulgarische Geheimdienst in London einen Dissidenten ermordet, und zwar mit dem gleichen Rizin, an dem auch der Bestatter gestorben ist. Die haben es zwar etwas eleganter gemacht, mit eben jener präparierten Regenschirmspitze, doch der Tod ist da nicht so wählerisch. Allerdings ist auch dieses Verbrechen aufgeflogen. Gefasst hat man den Mörder nach meinem Kenntnisstand nicht.«
    Ein leises Piepen ertönte, woraufhin er das Thermometer aus Kronbergers Ohr zog und einen Blick darauf warf.
    »Wer hat ihn gefunden?«, rief er in die Runde der Uniformierten.
    »Das war ein Straßenbahnfahrer, der hier pinkeln wollte«, wurde er von einem älteren Beamten aufgeklärt.
    »Wann war das?«
    »Der Notruf ging um 10.23 Uhr bei uns ein.«
    »Und Sie waren dann als Erster vor Ort?«
    Der Uniformierte deutete auf einen Kollegen. »Wir beide, ja.«
    Franz warf erneut einen Blick auf das Thermometer. »Als Sie hier ankamen, lief da der Motor noch?«
    »Ja, der lief noch. Wir haben ihn gleich ausgeschaltet.«
    Der Mediziner warf einen Blick auf die Mittelkonsole des Mercedes. »Sonst haben Sie aber nichts verändert? Auch Ihr Kollege nicht?«
    »Nein«, antworteten die beiden im Chor.
    Lenz, der dem Treiben des Arztes bis dahin regungslos zugesehen hatte, warf nun ebenfalls einen Blick in den Wagen. »Worauf wollen Sie hinaus, Doc?«
    Franz fing an zu grinsen. »Ich hab Ihnen ein bisschen Arbeit abgenommen und gleichzeitig meine gemacht.«
    Der Kommissar und Hain, der mittlerweile neben ihm stand, sahen ihn verständnislos an.
    »Es geht um seine Körpertemperatur. Nach dem Wert, den ich gemessen habe, könnte er sich jetzt mit ein klein wenig Fieber an den Frühstückstisch setzen. 37,6 Grad. So sieht er allerdings ganz und gar nicht aus. Also hat er sich entweder selbst ziemlich eingeheizt, oder jemand anderes hat es übernommen.«
    Er deutete auf den Regler der Heizung in der Mittelkonsole. »Der ist voll aufgedreht, ebenso das Gebläse. Wissen Sie, was passiert, wenn man bei diesem Modell die Heizung und das Gebläse voll aufdreht? Da gehen Sie spätestens nach fünf Minuten ein«, beantwortete er seine rhetorische Frage gleich selbst. Er deutete auf die Schuhe des Toten und auf den gekiesten Platz unter dem Wagen.
    »Seine Schuhe sind sauber, das heißt, er ist hier nicht ausgestiegen. Das wiederum heißt, dass er entweder geflogen sein muss, um den Schlauch einzustecken, oder er mit dem Schlauch im Auspuff hierher gefahren ist, was ich ausschließen würde, oder, und das ist zur Zeit mein Favorit, dass uns hier jemand gewaltig auf die Rolle nehmen will.«
    Die beiden Polizisten hatten bei jedem seiner Worte größere Augen gemacht.
    »Nach meiner ersten Einschätzung ist er seit etwa sechs, vielleicht acht Stunden tot. Thermisch kann das nicht sein, was allerdings durch die auf volle Pulle gedrehte Heizung zum Teil erklärt wird. Was mich aber wirklich stutzig macht, ist, dass es garantiert kein Mensch erträgt, in diesem Modell die Heizung und das Gebläse voll aufzudrehen. Das geht vielleicht im

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