Bullet Catcher 1: Alex
sah ihn an. »Kimball wusste es.«
»Was?«
»Er wusste von Anfang an, dass ich nicht Jessica bin«, sagte sie, die silberblauen Augen sahen ihn besorgt an. »Er hat all diese Andeutungen über Veränderungen gemacht, wie gut sie doch seien und so weiter. Dabei ging es gar nicht um Jessicas Arbeit. Schon bei unserer ersten Begegnung in der Nachrichtenredaktion wusste er, dass ich nur eine Rolle spielte.«
»Wirklich sicher konnte er nur in einem Fall sein«, sagte Alex und fuhr langsamer, als sie sich dem Anleger näherten. »Wenn er wusste, wo Jessica wirklich war.« Jazz warf ihm einen erschrockenen Blick zu. »Wirklich ist.«
»Aber er hat einen Bodyguard für sie angeheuert«, sagte Jazz. »Warum bloß?«
Sie sahen sich an, und er las in ihren Augen, dass sie zu demselben Schluss gelangt war wie er selbst.
»Um sich ein bombensicheres Alibi zu verschaffen.« Mit einem Mal war ihm sonnenklar, was Parrish vorgehabt hatte. »Er musste Jessica aufhalten. Seine Verbindung zur Pornoindustrie durfte nicht an die Öffentlichkeit gelangen, und für ihren Schutz zu sorgen, war die beste Möglichkeit, jeden Verdacht von sich selbst abzulenken.«
»Mein Auftauchen hat es ihm sogar noch leichter gemacht.«
»Stimmt«, sagte er, »aber Jessica war bereits verschwunden, bevor du überhaupt in Miami eingetroffen bist.« Er hatte immer noch Lucys Worte im Ohr, als sie ihn auf den Auftrag angesetzt hatte. »Parrish hat sogar extra darum gebeten, ich solle ein wenig später kommen, angeblich, weil er Jessica noch informieren musste.«
»Dann hat sie nie davon erfahren«, sagte Jazz; auf ihrer Stirn erschienen tiefe Sorgenfalten. »Aber was hat er mit ihr vor, Alex? Warum hat er sie nicht einfach mit einer fadenscheinigen Begründung vor die Tür gesetzt?«
»Weil sie dann die Story einem anderen Sender angeboten hätte«, sagte Alex, fuhr in eine Box und stellte die Maschine ab.
Der Regen hatte nachgelassen, hing nur noch wie ein feiner Nebel in der Luft. Schweigend machten sie das Boot fest. Alex stieg aus und hielt Jazz die Hand hin, aber sie rührte sich nicht von der Stelle. »Ich weiß, was er tun will. Er will ihre Karriere zerstören.« Alex zog sie auf den Steg. »Ein Video wie das, … was wir gesehen haben, ist das Aus.«
»Aber sie könnte sich zur Wehr setzen. Du hast auf deinem Laptop genügend Beweise, dass man ihrem Gesicht einen fremden Körper untergeschoben hat.« Er legte den Arm um Jazz und wollte mit ihr zu den Häusern gehen.
Sie zögerte noch. »Alex, er ist der Stalker. Er hat die Briefe geschrieben, damit er einen plausiblen Grund hatte, einen Bodyguard anzuheuern. Doch nun wird er das Video in Umlauf bringen und … es dann so aussehen lassen, als hätte sie Selbstmord begangen, noch bevor jemand überhaupt auf den Gedanken kommt, es könnte eine Fälschung sein.«
Alex griff unter dem Umhang nach ihrer Hand und verschränkte seine Finger fest mit den ihren. Er würde sie nie mehr aus den Augen oder von seiner Seite lassen. »Wollen mal sehen, wo man hier ein Golfmobil kriegt.«
Doch Jazz hatte nur noch Augen für den kleinen Laden direkt vor ihnen, auf dessen verwittertem Schild »Island Outpost« stand. »Schau mal, wer da ist.«
Eine blonde Frau kauerte unter der Abdeckung eines Münztelefons und suchte in ihrer Handtasche offensichtlich nach Kleingeld. Sie steckte eine Münze in den Schlitz und drückte hastig ein paar Tasten.
Jazz’ Handy klingelte, die Frau fuhr herum und schnappte nach Luft.
»Denise«, rief Jazz und ging zu ihr. »Wissen Sie, wo meine Schwester ist?«
Alle Farbe wich aus dem Gesicht der Frau, der Hörer fiel ihr aus der Hand. »Er bringt sie um«, schluchzte sie. »Er bringt sie bestimmt um.«
Ein schwacher Mann hätte die wehrlose Lage einer bewusstlosen, nackten Frau bestimmt ausgenutzt.
Aber Kimball Parrish war kein Vergewaltiger. Er war nicht sexuell abartig. Und ganz sicher war er alles andere als schwach.
Er hatte nicht ein Vermögen von beinahe einer Milliarde Dollar und ein internationales Medienimperium geschaffen, indem er den Verlockungen des Fleisches erlegen war. Er hatte sich stets auf seine Ziele konzentriert, hatte immer nach Höherem gestrebt.
Ähnlich wie Jessica Adams, dachte er lächelnd, als er auf sie hinuntersah. Sie hatten wirklich viel gemeinsam. Es war verflucht schade, dass er sich nicht von ihr angezogen fühlte; sie hätten ein wunderbares Paar abgegeben. Aber der tiefe Ausschnitt und das gefärbte Haar hatten ihn nie angemacht,
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