Bullet Catcher 2: Max
doch, oder?«
Dan wandte die Augen nicht von Adrienne. »Ihr Sohn ist recht begabt, wenn es um Ermittlungen geht.«
»Und was genau ermitteln Sie?«, wollte sie wissen.
Dan sah Josh an und drehte seinen Kopf in Richtung Haus. »Geh jetzt.« Im Verlauf ihres gemeinsamen Abenteuers waren sie in erstaunlich kurzer Zeit zu einer Art Team geworden. Josh nickte, warf seiner Mutter noch einen flehenden Blick zu und verschwand.
»Ich muss Unterlagen auftreiben, die Ihr Mann möglicherweise hinterlassen hat, insbesondere einen Autopsiebericht«, sagte Dan. »Um ehrlich zu sein, sind das hier keine offiziellen Ermittlungen. Aber das könnte noch kommen.«
Sie streckte ihre Handfläche vor. »Zeigen Sie mir, was Sie im Schließfach gefunden haben.«
Er zog aus der Hosentasche ein Stück hauchdünnes japanisches Schreibpapier mit Schriftzeichen darauf. »Können Sie das lesen?«
»Ja.«
Er wusste längst, was darauf stand. Der Wachmann am Bahnhof hatte es ihm gesagt. Aber wenn Mrs Bauer log, wurde sein Auftrag umso komplizierter.
Sie studierte die Symbole eine Weile und reichte Dan das Blatt zurück. »Da steht: P-E-Y-T-O-N. Peyton. Damit kann ich nichts anfangen.« Mit kaum verhohlenem Misstrauen in den Augen sah sie ihn an. »Also, was wollen Sie?«
Er würde jeden Trick anwenden, um aus dieser Frau herauszubekommen, was Max wissen wollte. In den meisten Fällen genügten aber ohnehin ein Lächeln und ein intensiver Blickkontakt. Und so probierte er beides. »Haben Sie Tee?«
Obwohl er sah, dass sie eigentlich nicht wollte, lächelte sie zurück. »Wir sind in Japan.«
»Dann gebietet die Höflichkeit, dass Sie mich hereinbitten.«
Sie wartete einen Augenblick, dann ließ sie kaum merklich ihre Schultern sinken und trat zur Seite. Er zog die Schuhe aus, und sie führte ihn zurück in die Küche, die jetzt in milchig gelbes, fluoreszierendes Licht getaucht war.
»Warum sind Sie mit Ihrer Familie hierhergekommen?«, fragte Dan, zog einen Stuhl mit PVC-Sitzfläche vom Tisch weg und setzte sich.
»Die Mutter meines Mannes war Japanerin. Seine Verwandtschaft lebt hier.«
»Verbringen Sie verlängerte Ferien hier?«
Sie öffnete einige der zahllosen Schranktüren. »Wir bleiben eine Weile. Vielleicht bis Weihnachten.«
Bis sich der Wirbel um ihren Mann gelegt hatte?
»Mrs Bauer, ich muss –«
»Nennen Sie mich Adrienne«, sagte sie, wandte sich zu ihm um und lehnte sich gegen die Küchentheke, ihre Miene plötzlich von Trauer überzogen. »Wenn mein Mann irgendwas falsch gemacht hat, hätte ich davon sicherlich gewusst.«
»Warum, glauben Sie, hat er Selbstmord begangen?«
»Er litt an schweren Depressionen«, sagte sie. »Er hat alle Medikamente abgesetzt, als wir hier ankamen.«
Dan warf ihr einen mitfühlenden Blick zu. »Hat er Kopien der Autopsieberichte mitgebracht, die er vor seiner Abreise machte?«
Sie rang einen Augenblick mit sich, ihre Augen verrieten, dass sie sich in einem heftigen Zwiespalt befand. »Ein paar Sachen hat er hinterlassen.« Sie biss sich auf die Unterlippe und atmete aus. »Ich bin gleich wieder da.«
Hoffentlich würde Max helfen, was der Doktor da zurückgelassen hatte, was auch immer es war. Denn Max konnte zweifellos eine Aufmunterung brauchen. Dan hatte in der Stimme des großen Kerls etwas vernommen, was er noch nie bei ihm gehört hatte: Seelenqualen. Er hatte doch tatsächlich die Frau seiner Träume einem Kollegen übergeben, um selbst in Miami zu bleiben und zu ermitteln . Was für eine hirnverbrannte Idee! Wann hörte der Kerl endlich mal auf dieses stählerne Herz, das da in der Brust schlug? Für Dans Vorschlag, auf der Stelle Lucys Flugzeug zu nehmen und ihr nach Kalifornien nachzufliegen, hatte er nur Spott übrig gehabt.
Dan betrachtete das bescheidene Häuschen. Wenn Bauer für eine gefälschte Autopsie einen Haufen Schweigegeld bekommen hatte, dann hatte er es mit Sicherheit nicht für seine Familie ausgegeben.
Adrienne kehrte mit einer Stahlkassette zurück, die sie geräuschvoll auf den Tisch stellte. »Ich habe aber keinen Schlüssel«, räumte sie ein.
Dan versuchte, das Hochsicherheitsschloss aufzustemmen, erkannte aber im selben Moment, dass das nicht funktionieren würde. »Können wir in den Garten gehen?«, bat er. Sie führte ihn hinaus, und er stellte die Kassette mitten in den Kies. »Treten Sie zurück!« Er zog seine Waffe, zielte auf das Schloss und drückte ab. Er konnte hören, wie ihr beim Schuss der Atem stockte.
»Man braucht nicht
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