Bullet Catcher 2: Max
angekommen, fuhr Cori langsam an einem drei Meter langen Schild mit dem Peyton’schen »P«-Logo vorbei und blickte in der Nachmittagssonne blinzelnd auf Berge von Beton und Rundstahl, umgeben von einer ganzen Flotte aus Kipplastern, Frontladern und Zementmischern. Dazwischen kletterten Arbeiter wie behelmte Ameisen auf einem Hügel aus rotbrauner Erde umher.
Das Ganze war schon etwas über die Erschließung hinaus, aber noch lange nicht so weit, dass man die Lichtanlage bezahlt haben müsste.
Cori parkte, so nahe es ging, an dem Container, auf dem BÜRO stand. Darum herum reihten sich Zementblöcke und mehrere Toilettenkabinen. Am Eingang standen ein paar Männer, manche saßen auch auf den provisorischen Stufen, und tranken Wasser oder Limonade, die Helme unter ihre wettergegerbten Arme geklemmt.
Alle Augen folgten ihrem Wagen.
Als Cori den Zündschlüssel aus dem Schloss zog, war ihr klar, was sie zu erwarten hatte. Solange sie kein Schild um den Hals trug, auf dem stand: »William Peytons Witwe: Nicht nachpfeifen!«, war es alles andere als ein Vergnügen, alleine eine Baustelle zu besuchen. Sie trug zwar Jeans und eine einfache weiße Baumwollbluse, aber angesichts des Imponiergehabes dieser schmutzigen, gierigen Kerle wurde ihr klar, dass sie ebenso im Bikini hätte auftauchen können.
Vielleicht wäre es doch eine gute Idee gewesen, den Bodyguard mitzubringen.
Sie stieg aus dem Wagen, schob das Kinn vor und wappnete sich gegen den ersten Pfiff.
Nichts.
Zwei der Männer sahen weg, ein paar studierten voller Konzentration ihre Wasserflaschen, und der Rest brachte ein schüchternes Kopfnicken zustande. Entweder sah sie heute ziemlich übel aus, oder in Kalifornien gab es besonders höfliche Bauarbeiter.
Als sie sich der Treppe näherte, standen die beiden Männer auf, die dort gesessen hatten, um ihr Platz zu machen. Einer nickte, der andere öffnete die Stahltür und hielt sie für sie auf. »Mrs Peyton«, sagte er leise.
Wie bitte?
Drinnen stand sie vor einer attraktiven jungen Frau mit strohblondem Haar, die an einem billigen Pressspanschreibtisch saß. Vor ihr auf der Schreibtischplatte lagen ordentliche Stapel Papier, sorgfältig nach Farben sortiert, Rosa, Blau, Weiß und Ockergelb. Ein Duftspray mit der Lavendelnote überdeckte nur notdürftig den bitteren Tabakgeruch, den der Teppichboden verströmte.
Die junge Frau errötete und stand auf. Ehe sie ihre Hand zum Gruß hochhielt, wischte sie sie an ihrem T-Shirt ab. »Hallo, Mrs Peyton.« Sie streckte die Hand aus. »Ich bin Sandy.«
Cori nahm ihre Hand. Bestimmt war ihre Verwunderung offensichtlich. »Hi, Sandy. Wussten Sie, dass ich komme?«
Sandy strahlte. »Nein, aber ich habe Sie erkannt.«
War das möglich? »Oh.« Sie sah sich in dem unnatürlich aufgeräumten Container um und unterdrückte den Impuls zu widersprechen. Mit Sicherheit hatte man erwartet, dass irgendjemand auftauchte.
Keinerlei Überraschung, kein ungläubiges Zögern. Kein Erstaunen darüber, dass die Firmenleitung, die fünftausend Kilometer weit entfernt saß, plötzlich in dieses kleine Büro auf einer Baustelle hereinschneite, das zufälligerweise gerade gewienert worden war wie nie zuvor. Wieso?
Die junge Frau deutete mit einer Hand über Schreibtisch und Aktenschränke hinweg auf zwei Metallstühle mit durchgescheuerten Sitzkissen, als präsentierte sie ein Edelloft in der New Yorker Park Avenue. »Eine Sekunde bitte, Mrs Peyton! Ich hole Mr Nash für Sie.« Sie kam hinter dem Tisch hervor. »Darf ich Ihre Jacke für Sie aufhängen?«
Sie hängte Coris Kapuzenjacke an die Eingangstür, als wäre es ein Nerzmantel. Dann verschwand sie hinter einer Stellwand, um sogleich in Begleitung eines stämmigen Endvierzigers wieder aufzutauchen, der sein spärliches Haar nach vorne in die Stirn gegelt hatte und ein breites Grinsen im Gesicht trug.
»Ich bin Doug Nash, Inhaber von Nash Builders. Was für eine angenehme Überraschung, Mrs Peyton.«
Angenehm vielleicht. Aber Überraschung?
»Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?« Noch ehe sie antworten konnte, legte Doug Sandy eine Hand auf die Schulter. »Gibt’s schon frischen Kaffee, Süße?«
Die junge Blondine nickte enthusiastisch, und eine Minute später saß Cori im hinteren Büro – das ebenso ordentlich aussah wie das vordere – und trank bemerkenswert guten Kaffee aus einem Porzellanbecher, während Doug Nash ihr voller Stolz seine drei Kinder zeigte, deren Gesichter von einem Familienbild auf seinem
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