Bullet Catcher: Jack (German Edition)
weinen, während ihr Bruder unverständliche Worte hervorstieß. Higgie hatte seinen Arm fest und beschützend um sie gelegt, bis Theo ausholte und den alten Mann von seiner Schwester wegriss.
Jack begriff nicht, was da los war, und es war ihm auch egal. Alles, was er im Moment wollte, war, diesen Ventilator abzumontieren, um Theo unschädlich machen zu können.
Aber wo war Lucy?
Während ihm der Schweiß über den Nacken rann und das Wasser immer höher stieg, löste er geschickt die letzten drei Inbusbolzen. Ein fester Tritt, und der Ventilator würde nachgeben, sodass er freie Bahn für einen gezielten Schuss hätte.
Er zückte die Ruger, nahm sie in die linke Hand, packte den Ventilator und zielte auf Theo.
In dem Moment ging das Licht aus. Der Rotor geriet ins Stocken. Kristen schrie, und Theo landete mit lautem Poltern auf dem Boden, als er von den Boxen sprang. »Halt’s Maul, K!«, brüllte er.
»Hey!«, schrie Kristen, und am Klang ihrer Stimme war zu erkennen, dass sie sich durch den Raum bewegte.
Den Ventilator und die Waffe in den Händen, harrte Jack reglos aus.
Wo zur Hölle steckte Lucy?
Nachdem sie quer durch den Garten in einen stockfinsteren Schuppen geschleppt worden war, hatte Lucy ihren Angreifer identifiziert: Es war Owen Rogers. Er stopfte ihr einen schmutzigen Fetzen Stoff in den Mund, fesselte ihre Hände und Füße und stieß sie in eine Ecke, wo sie mit dem Hintern auf hartem Beton landete.
An dem Mistkerl konnte man sehen, wie gut sie ihre Elitetruppe ausbildete.
Sie versuchte erst gar nicht, sich zu wehren. Die Gefahr, verletzt oder gar getötet zu werden, war viel zu groß. Er arbeitete für jemanden, und solange sie nicht wusste, mit wem sie es zu tun hatte, würde sie ihre Kräfte aufsparen.
Der Boden war kalt und hart. Lucy atmete ein und nahm den Geruch von Pflanzendünger wahr – aber auch Kamelienduft.
»Er hat mir erzählt, dass Ihre Männer Sie Ms Machiavelli nennen.«
Marilee Higgins’ weicher Südstaatenakzent klang durch den kleinen Schuppen. Lucys Augen hatten sich schon so weit an die Dunkelheit gewöhnt, dass sie ihre Konturen ausmachen konnte.
»Stimmt das?«, fragte Marilee. »Nennt man Sie so?«
Lucy tat ihr nicht den Gefallen, zustimmend zu grunzen, denn mit dem Knebel wäre sie zu mehr nicht in der Lage gewesen.
»Es ist ein Kompliment, meinen Sie nicht?« Lucy hörte Seide rascheln. Marilee hatte anscheinend immer noch das blaue Chanel-Kleid an, das sie zum Abendessen getragen hatte. »Ich finde, es ist das höchste Lob.«
Marilees leichtes, teures Parfum war für Lucy wegen der starken Gerüche im Schuppen kaum wahrzunehmen, doch was sie definitiv roch, war die Gefahr, die von der Frau ausging. Es war gut möglich, dass sie bewaffnet war.
»Ich habe durchaus auch machiavellistische Züge«, fuhr sie fort. »Aber ich denke, das haben Sie inzwischen schon herausgefunden.«
Oh ja!
»Allerdings bin ich von einem anderen Schlag als Sie, Lucy. Ich ziehe lieber im Hintergrund die Fäden. Aber nicht, weil mich die Macht selbst reizt, nein. Ich tue das, weil es mich zutiefst befriedigt, Herrin über mein Schicksal zu sein.«
Den letzten Satz hatte sie mit einem leisen Seufzen begleitet. Lucy rutschte auf dem Boden hin und her und zerrte prüfend an ihren Handfesseln. Sobald sich ihre Augen vollständig an das Dunkel gewöhnt hatten, würde sie sich nach Werkzeug und potenziellen Waffen umsehen.
»Ich glaube fest an das Schicksal«, nahm Marilee ihren Monolog wieder auf, als säßen sie auf der Terrasse bei einem Glas Wein zusammen. »Und meines scheint unwiderruflich mit einem Mann namens Spessard B. Higgins verbunden zu sein.«
Sie tat das alles für Higgie? War sie seine Marionette? Oder war es möglich, dass er gar nicht wusste, was seine Gattin im Schilde führte?
Vielleicht hatte sie im Sumpf auf ihn geschossen.
»Mein Schicksal wird zurzeit bedroht«, sagte sie, »und zwar nicht von demjenigen, der bei der Spendengala auf meinen Mann geschossen hat. Wissen Sie, wen ich meine, Lucy? Ich denke schon; Sie schlafen mit ihm.«
Lucy rührte sich nicht. Nur ihre Augen öffnete sie möglichst weit, damit sie schneller wieder volle Sehstärke erreichten.
»Und«, fuhr Marilee herablassend fort, »ich glaube, Sie sind in ihn verliebt.«
Das konnte die Frau gar nicht wissen. Lucy ahnte selbst kaum davon. Und Jack hatte nicht den geringsten Schimmer.
Lucy richtete sich auf und schlug überrascht mit den Lidern, als sie allmählich Marilees blassen
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