Bullet Catcher: Jack (German Edition)
rennen.
Die schockierende Meldung, die ihn über sein Headset erreichte, ließ ihn in seiner Verfolgungsjagd innehalten.
Sieben ist gestürzt. Beinschuss.
Was verdammt noch mal sollte das? Lucy hatte doch den Schuss gerade erst vor einer Minute abgeblasen! Sonst hätte er doch niemals seinen Posten verlassen – nicht einmal wegen Kristen Carpenter.
Keiner der Bullet Catcher hatte einen Schuss abgegeben. War das der Grund, warum diese Frau wegrannte? Er hatte sie nahe genug gesehen, um zu wissen, dass sie nicht geschossen hatte – aber vielleicht wusste sie, dass etwas passieren würde.
Er sah ihr nach, wie sie zwischen den geparkten Limousinen auf die Straße lief, ohne auf den Verkehr zu achten. Etwa so war Kristen Carpenter vor zwei Monaten umgekommen. Er hatte den Autopsiebericht gelesen.
Wem um alles in der Welt war er hier also auf den Fersen?
In seinem Ohr brach ein Riesentumult aus. Lucy zischte Befehle, Bullet Catcher meldeten sich aus allen Ecken des Aquariums, und Higgie stöhnte so laut, dass man es über Lucys Mikro hören konnte.
Als Lucy zum zweiten Mal wissen wollte, wo er sich befand, zog Jack den Kopfhörer aus dem Ohr und stopfte ihn in seine Hosentasche. Er hatte kein Mikro, und er hatte nicht vor, sich aufhalten zu lassen, nur um Lucys Nerven zu beruhigen, indem er sie darüber aufklärte, dass er eine Verdächtige verfolgte.
Er entdeckte die Frau wieder, als sie über die Straße lief und in den gegenüberliegenden Park einbog, um in einer Entfernung von rund hundertfünfzig Metern in den dunklen Schatten der Bäume zu verschwinden.
Wer war sie? Und warum sah sie genauso aus wie die Frau, deren Gesicht er als das der dritten Stafford-Schwester fest in seinem Gedächtnis verankert hatte?
In der anonymen Menge der Gäste wäre sie ihm nie aufgefallen, mit ihren kurzen schwarzen Locken, der rosa Brille und der unattraktiven Figur. Doch dann ging sie an Vanessa vorbei, sah sie kurz an, dann noch einmal, und wurde blass.
Erst da war er auf sie aufmerksam geworden – nicht weil er sie gleich für Kristen hielt, sondern weil sie seinem Schützling einen zweiten Blick zugeworfen hatte.
Anschließend war sie wieder verschwunden, bis er mit Vanessa zur Bar gegangen war und sie erneut entdeckte, diesmal in ein Telefonat vertieft. Jetzt fiel ihm auf, dass sie eine Perücke trug. Als sie aufblickte und quer durch den großen Saal auf Higgins schaute, konnte er sehen, dass sie die gleichen Augen hatte wie Vanessa. Und übrigens auch wie Higgins. Sie hatte die gleichen hohen Wangenknochen wie ihre Schwestern. Was ihn schließlich vollends überzeugte, war das kleine Muttermal über ihrer Lippe. Sie hatte versucht, es zu überschminken, doch das Make-up war vom Handy verwischt, und so gab es keinen Zweifel.
Jack überquerte die Straße. Er war ziemlich sicher, dass sie sich nach rechts gewandt hatte, weg vom Trubel. Nach und nach stiegen die Chauffeure aus ihren Wagen, Handys klingelten, und Sirenen heulten durch die laue Nacht.
Weiter oben in der Straße schienen die Lichter von Restaurants und einem Kino bis in den Park, dennoch sah er nicht genug, um die Frau zu entdecken.
Er beschloss, seinem Bauchgefühl zu folgen, denn das war in den ganzen letzten Monaten immer sein verlässlichstes Navigationssystem gewesen.
In der Nähe eines dichten Wäldchens fiel ihm eine Bewegung auf. Eine rennende Gestalt, die sich aus ihrer Jacke wand.
Einen Moment lang lief sie durch einen Lichtkegel, und Jack konnte ihre Silhouette erkennen – sie war wesentlich schlanker als die, der er aus dem Aquarium gefolgt war.
Ob diese Frau Kristen war oder nicht, spielte im Grunde gar keine Rolle. Auf jeden Fall hatte sie etwas mit dem Schuss zu tun. Jack joggte näher heran und sah, wie sie die Lockenperücke fallen ließ und eine goldblonde Mähne schüttelte.
Kristens Locken.
Jack verlangsamte seinen Trab, um so viel wie möglich zu sehen, ehe er zugriff. Er war nicht bewaffnet, aber sie vielleicht. Selbst aus dieser Entfernung hörte er, wie ihr Handy piepste. Sie griff in eine Hosentasche und nahm den Anruf an, während sie ihre Brille wegwarf und auf die Straße zusteuerte.
Nein, sie würde ihm nicht entkommen. Und wenn er sich auf sie stürzen und sich dabei eine Kugel einfangen würde, egal. Sie würde ihm nicht entkommen.
Jack schlich sich so nahe heran, dass er ihre Stimme hören konnte und möglicherweise sogar verstand, was sie sagte. Offenbar war sie stinksauer.
»Warum hast du das getan?« Die
Weitere Kostenlose Bücher