Bullet Catcher: Jack (German Edition)
auf das Mikro. »Theo? Bist du noch dran? Kannst du mich hören?« Dann drückte sie die rote Taste und steuerte durch den Raum direkt auf sie zu.
Drei Meter vor ihnen zog sie die Mütze ab und schüttelte ihre blonde Mähne. Jetzt hatten sie ungehinderten Blick auf ihr Gesicht. Es war niemand anders als Kristen Carpenter.
Jack versuchte, Lucys Miene zu deuten.
Im Nu war Kristen auf den Knien durch die Kellertür gekrochen und verschwunden.
Jack wäre fast hinter dem Boot hervorgesprungen. »Los, hinterher, jetzt haben wir sie …«
Lucy hatte sich noch nicht gerührt.
»Jetzt erzähl mir nicht, du glaubst immer noch, dass sie tot ist.«
»Nein. Ich denke nur nach. Ich wäge unsere Optionen ab.«
»Dann lass dich nicht aufhalten. Meinetwegen kannst du nachdenken, bis du schwarz wirst. Ich werde jetzt jedenfalls in diesen Keller gehen und sie holen.«
»Oh nein, das wirst du nicht.« Sie kletterte hinter dem Kanu heraus und sah ihn mit diesem Ausdruck an, der erwachsene Männer in die Knie zwang, mit dem sie das Vertrauen ihrer Klienten gewann und ihren Feinden Angst einflößte. »Das ist meine Show, meine Firma und mein Auftrag. Es wird weniger als zehn Minuten dauern, eine Strategie auszuarbeiten und ein Team zusammenzustellen, kurzum, die Sache professionell aufzuziehen. Wir werden sie fassen, wir werden Beweise finden, sofern welche existieren, wir werden dieser ganzen Geschichte auf den Grund gehen – aber wir machen es ordentlich.«
»Lucy …«
»Wenn du jetzt da reinstürmst, rumballerst, mit Anschuldigungen um dich wirfst und die Sache in deine rachedurstigen Hände nimmst, könnte jemand dabei draufgehen, der es nicht verdient hat.« Ihre Miene wurde etwas weicher, gerade so viel, dass er wie vom Donner gerührt stehen blieb. »Und wenn du das wärst, Jack, könnte ich es nicht ertragen.«
Der sanfte Unterton in ihrer Stimme traf ihn mitten ins Herz.
Das Einzige, was er noch mehr wollte als Rache, Vergeltung und Gerechtigkeit, war Lucy. Und er war diesem Ziel schon verdammt nahegekommen. Nicht einmal er wäre dumm genug, es jetzt noch zu verpatzen.
»Geh vor«, sagte er leise. »Lass uns eine Strategie ausarbeiten und sie beide auf einmal schnappen.«
Als Marilee und der Bodyguard endlich weg waren, holte Spessard die Pille aus dem Mund, die ihm seine Frau gegeben hatte, wickelte sie in ein Papiertuch und versteckte sie hinter der Bibel. Gedankenverloren nahm er das Buch in die Hand. Marilee hatte nur eine schwache Lampe an der gegenüberliegenden Wand angelassen, deren Licht zum Lesen nicht ausreichte.
Er schlug dennoch das Buch auf, um das Foto von Kristen zu betrachten, das er kurz nach ihrem Tod zwischen den Seiten versteckt hatte, zusammen mit dem stillen Gebet, das er für sie gesprochen hatte. Er strich mit dem Finger über ihr Bild und kramte die wenigen Erinnerungen an das kluge kleine Mädchen hervor, das eine Zeit lang ihre Sommer in Willow Marsh verbracht hatte.
Sie hatten viel zu wenig Zeit miteinander verbracht. Und wenn, dann hatte er es viel zu wenig geschätzt. Doch dann war sie eines Tages in sein Büro marschiert gekommen, mit diesem provokanten Ausdruck in den Augen, der ihn fatal an eine Frau erinnerte, die er mal gekannt hatte, und …
Jetzt nur nicht melodramatisch werden. Er hatte diese kleine Tippse vom Gericht nie wirklich geliebt. Nichtsdestotrotz hatte er es genossen, sie zu ficken, auf seinem Schreibtisch, im Wagen oder in seinen Privaträumen.
Es war nett mit ihr gewesen, aber dann wurde sie dummerweise schwanger. Die Affäre hätte seine Karriere zerstören können, und das wäre es nicht wert gewesen.
Gottlob hatte sich aber am Ende doch noch alles gefügt.
Dennoch …
Selbst jetzt, dreißig Jahre später, bereitete ihm die Geschichte immer noch Kopfschmerzen.
Lächelnd fuhr er mit den Fingern über den Zeitungsausschnitt. Kristen hatte durchaus etwas von ihrem Vater geerbt – seinen eigenen Tod vorzutäuschen, dazu brauchte man Grips und Mumm. Bestimmt hatte ihr dieser schmierige Halbbruder dabei geholfen.
Aber so schlau konnte sie dann doch wieder nicht gewesen sein, sonst wäre sie nicht in dieser albernen Verkleidung auf der Gala aufgetaucht. Am liebsten hätte er sie zum Tanzen aufgefordert, um sie ein bisschen zu quälen, doch dann hatte sie auf ihn geschossen … und das Blatt erneut gewendet.
Sobald er wieder in der Lage dazu war, würde er nach Washington reisen. Das Justizministerium gehörte ihm praktisch, niemand würde es wagen, ihm
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