Bullet Catcher - St. Claire, R: Bullet Catcher
adoptiert haben?« Ob sie zugeben würde, dass sie bei dem Prozess unter den Zuschauern gewesen war? Würde sie den Namen des Kindes verraten, das sie damals im Arm gehalten hatte?
Sie schüttelte den Kopf. »Das arme Ding hat es nicht leicht gehabt im Leben.«
»Bis heute nicht«, stimmte Jack zu. »Eileen Stafford stirbt an Leukämie, und ihre Tochter ist wahrscheinlich der einzige Mensch, der ihr das Leben retten kann.«
»Ihre Tochter? Habe ich das richtig verstanden?«, fragte Rebecca und hob eine Hand ans Ohr, um zu verdeutlichen, dass sie schlecht hörte. »Tochter?«
»Ja.« Jack schrie jetzt fast. »Die Aufzeichnungen sind lückenhaft, aber ich habe die Namen von weiblichen Babys, die in dem Zeitraum adoptiert wurden, in dem Eileens Tochter geboren wurde. Ich versuche, sie ausfindig zu machen.«
»Ein Großteil der Unterlagen wurde vernichtet.«
»Ich habe ein Foto«, sagte Jack und zog das Bild aus der Tasche. »Vielleicht hilft das Foto vom Prozess Ihrem Gedächtnis auf die Sprünge.«
Sie erstarrte und blickte auf Jacks Hand, als hätte er eine Waffe gezogen. »Ein Foto? Von … «
»Von Ihnen.« Er hielt es ihr hin.
Sie zwinkerte und rieb sich die Augen, schüttelte aber dann den Kopf. »Ich kann es nicht sehen.«
»Das ist hier nicht einfach eine Zusammenführung von Mutter und Kind«, sagte er. »Hier geht es um Leben und Tod. Und nicht nur bei Eileen. Auch die Tochter könnte in Gefahr sein.«
Rebecca streckte zitternd die Hand nach dem Foto aus, zog sie jedoch wieder zurück, ehe sie es berührte.
»Ich glaube nicht, dass sie schuldig ist, Ms Aubry.«
Ein zögerliches Lächeln erschien auf den Lippen der alten Frau. »Ich glaube, sie ist eine Frau, die für ihr … Kind alles tun würde.«
»Würde sie sich für ein Verbrechen verurteilen lassen, das sie nicht begangen hat?«
Rebecca sah plötzlich uralt und sehr müde aus. Sie hob die Hand, so als wollte sie alle Widerworte von Betsy gleich im Keim ersticken. »Er soll für fünf Minuten mit hereinkommen.«
»Miss Rebecca, Sie sind müde. Und Sie sind krank.«
Ihr Gesicht verzerrte sich vor Abscheu. »Ja, das bin ich, mein Kind. Ich bin krank, aber ich bin es auch leid zu lügen. Kommen Sie.« Sie winkte Jack heran. »Ich möchte Ihnen etwas zeigen.«
Das Haus war spärlich erleuchtet und roch nach Lavendel und Haustier. Ursache für das Letztere war eine verschlagene kleine Tigerkatze, die ihre Besitzerin anmiaute, um sich dann im Wohnzimmer auf einem blauen Sofa einzurollen, von wo aus sie Jack beobachtete.
Die beiden Frauen verschwanden im hinteren Teil des Hauses. Nach ein paar Minuten kam Betsy mit finsterer Miene zurück.
»Ich weiß nicht, warum sie das tut«, sagte sie, »aber sie will es eben so. Sobald sie sich auch nur ansatzweise aufregt, müssen Sie gehen. Ist das klar?«
Jack nickte, als Rebecca ins Zimmer geschlurft kam, in der Hand einen braunen Umschlag. Sein Herzschlag beschleunigte sich bei dem Gedanken, dass darin vielleicht die Antwort liegen könnte.
»Ich möchte Ihnen ein Geschäft vorschlagen, Mr … Wie war noch gleich der Name, Sir?«
»Culver. Jack Culver.«
Mit ungehaltenem Schnauben verließ Betsy den Raum.
»Was für einen Handel, Ma’am?«
Sie hielt den Umschlag hoch. »Das Foto für dieses Dokument.«
»Was ist das für ein Dokument?«
Langsam, mit zitternden Fingern, öffnete sie den Umschlag und zog ein Blatt Papier heraus. »Das ist die Adoptionsurkunde des Stafford-Kindes, unterzeichnet am einundzwanzigsten August 1977 von einem Notar in Charleston.«
Jack nahm sie entgegen und betrachtete die Schreibmaschinentype, strich über das dicke Pergamentpapier, das sich sehr authentisch anfühlte, und studierte das Siegel des Bundesstaates South Carolina, das selbst nach dreißig Jahren immer noch ein wenig schimmerte. »Whitaker«, las er laut den Nachnamen der Adoptionseltern ab. »Aus Virginia.«
»Sie werden das Mädchen erkennen, wenn Sie sie finden«, sagte Rebecca. »Denn sie trägt eine Tätowierung.«
Jetzt machte sein Herz wirklich einen Sprung. Er hatte sie gefunden. Endlich! Familie Whitaker aus Virginia. Der Name stand nicht einmal auf der Liste, die er Fletch gegeben hatte. »Ja. Eileen hat mir von dem Tattoo erzählt. Wissen Sie, wo es sich befindet?«
»Was glauben Sie denn, Sahneschnittchen?« Rebecca nahm auf dem Sofa Platz und vergrub ihre Finger im Fell der Katze. »Natürlich weiß ich das. Ich habe es selbst gemacht.«
Jack zuckte überrascht zusammen.
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