Bullet Catcher: Wade (German Edition)
folgte dem Mann. Auf dem Weg angelte sie Vanessas Telefon aus dem Abfall und steckte es in ihre Tasche.
Ein weiß eingedeckter Zweiertisch in einem Hotelrestaurant, das so hoch über dem Wasser lag, dass man eigens eine Gondel dafür gebaut hatte; die sanfte Meeresbrise trug leise Musik zu ihnen herüber, am samtschwarzen Himmel leuchteten die Sterne, die Karibische See lag im schwachen Schein der Mondsichel. Und Vanessa gegenüber saß ein wundervoller, aufmerksamer Mann, der sie mit zartem Hummerfleisch fütterte.
»Ganz schön romantisch, dieser Abend, wenn man bedenkt, was wir für einen Tag hatten«, sagte sie und nahm den nächsten Bissen. »Wenn ich nicht zehn Stunden lang von der Polizei verhört worden wäre, nicht schnell vor dem Abtransport den Leichnam eines Kunden hätte identifizieren müssen und nicht immer noch auf der Suche nach Clive wäre, würde ich sagen, das ist ein Spitzendate.«
»Da hat sich doch in diesem Bandwurmsatz glatt ein Kompliment versteckt«, sagte Wade lächelnd.
»Dafür war nicht ein schmutziges Wort drin.« Sie legte den Kopf schief. »Siehst du? Ich kann mich bessern, Billy Wade. Wann kommst du das nächste Mal nach New York?«
»Wenn ich den Job bei Bullet Catcher annehme, würde ich mich dort niederlassen. Ich könnte durchaus dort leben.«
Sie versuchte, den kleinen Stich zu ignorieren, den sie angesichts dieser Möglichkeit verspürte. Wenn er zu dieser Firma mit dem abstoßenden Namen Bullet Catcher ging, müsste er weiterhin seine Waffe tragen. Aber zumindest würde er mit seiner Arbeit Menschen beschützen, statt sie in Gefahr zu bringen.
»Meinst du, du nimmst den Job an?«
»Ich weiß es noch nicht. Der Vertrag ist bindend. Man kündigt nicht einfach bei Bullet Catcher.«
»Warum nicht?«
»Weil die Firma wie eine Familie ist. Und Lucy behandelt ihre Familie gut. Niemand will weg – also bleibt man, bis man gefeuert wird … oder stirbt.«
Beim letzten Wort verzog sie das Gesicht. »Bei Razor ist es auch so. Marcus sorgt dafür, dass die Arbeit so lukrativ und angenehm ist, dass keiner je weggeht.«
»Es sei denn, er wird gefeuert oder stirbt.«
Sie schloss die Augen und nahm einen ausgiebigen Schluck von ihrem Grey Goose.
»Weißt du«, sagte sie nach einer Weile, »es kommt mir wie ein kleines Wunder vor, dass man uns hier nicht länger festgehalten oder gleich ins Gefängnis gesteckt hat. Schließlich haben wir einen Mann mit einem Loch im Kopf gefunden, und du trägst eine Waffe bei dir.«
»Mich überrascht das nicht so. Der Detective war schlau, und er wusste, dass er froh sein kann, uns als Zeugen zu haben. Wenn wir den Helikopter nicht gesehen hätten, wäre ich – genauso wie die Polizei ursprünglich – davon ausgegangen, dass Vex Selbstmord begangen hat. Die ballistische Untersuchung wird vermutlich ergeben, dass der Schuss aus der Glock abgegeben wurde, die neben ihm lag. Und das Motiv liegt auch auf der Hand: Der Mann hat gerade in zwei Tagen über eine Milliarde Dollar verloren.«
»Ganz zu schweigen davon, dass seine Firma ein Produkt vertreibt, das krebserregend sein soll«, fügte sie hinzu. »Sein Ruf und seine Existenz standen auf dem Spiel – angesichts der Sammelklage gegen Vexell Industries.«
»Vor dem Hintergrund wäre ein Selbstmord mehr als denkbar.«
»Fragt sich dann nur, warum Clives Medikament und mein Handy verschwunden waren. Und was es mit dem Hubschrauber auf sich hat.«
»Es muss nicht sein, dass die Person im Helikopter Vex getötet hat«, gab Wade zu bedenken. »Menschenskind, Vex hätte ebenso gut das Zoloft einnehmen und die Flasche dann ins Meer werfen können, ehe er sich erschoss. Und dein Telefon könnte überall sein. Diese Polizisten waren kompetent, auch wenn sie sonst wahrscheinlich nicht oft mit solchen Fällen zu tun haben. Wir haben ihnen jede Menge Hinweise geliefert. Und für unsere eigene Angelegenheit war es sicher auch gut, dass wir ihnen ganz offen alles über Clive und das abgelegene Haus an der Ostküste der Insel erzählt und ihnen sogar die Zettelbotschaften gegeben haben. Wahrscheinlich haben sie drüben auf St. Kitts längst Gideon Bones in Gewahrsam genommen.«
»Aber wohin ist Clive gegangen? Inwiefern kann er alles noch schlimmer machen?«
Wade zuckte die Achseln. »Vielleicht mit dem Mord an Nicholas Vex. Auch Clive könnte in dem Helikopter gewesen sein, Vanessa.«
Sie schob ihren Teller weg. Mit einem Mal ließ sie das köstliche Essen kalt. »Aber wer hat ihm dann den Mord an
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