Burakkuboru: Die kleine süsse Überraschung (German Edition)
Teenager, als das „Große Auge“ Alpha Centauri erreichte. Für
die modernen Menschen ist ein lang ersehnter Traum war geworden, für mich war
das ein beispielloses Ereignis, wie einst die Entdeckung Amerikas …
Erschließung neuer Realitäten… Ich bin tage-, manchmal wochen- oder monatelang
über neue Planeten gewandert, und jede neue Erfahrung war für mich so echt, wie
für den alten Menschen das tägliche Brot. Wenn es damals nach mir ginge, würde
ich die neuen Planeten kultivieren, sie bebauen und besiedeln. Und einige
Millionen waren meiner Meinung, während einige Milliarden dagegen
argumentierten. Sie wollten die natürliche Schönheit der neuen Welt belassen, bis
der Mensch einen Grad an Reife und Verantwortung erreicht, bei dem jegliche
Furcht, etwas falsch zu machen, verschwindet… Heute glaube ich, dass der Mensch
im Gegenteil auf maßlose Arroganz wartet, die ihn von jeglicher Reife und
Verantwortung befreit… Ich hatte sogar eine geschichtswissenschaftliche Suche
nach der Quelle der lähmenden Bescheidenheit des modernen Menschen gestartet.
Ich bin mir fast sicher, dass sie aus dem halben Dutzend praeapokalyptischer
Momente herleitet, die in den Erinnerungen der modernen Menschen, als eine an
der Wand hängende, warnende Bestrafungspeitsche eingeprägt sind. Bei dem
>jungen< Menschen ist Derartiges nicht eingeprägt, wir warten auf nichts,
wir sind einfach nur geduldig. Aber wir rebellieren auch, wo es nur geht. Die schlimmste
Bestrafung, die wir erwarten können, ist der kalte Rücken der großen Mehrheit,
und obwohl wir genug wären, uns einfach abzukoppeln, um eigenes Leben zu
gestalten, fürchten wir doch die Trennung von unseren Wurzeln. So haben wir
auch Demut gelernt und gehen respektvoll mit der Natur um. Dennoch sind die
alte Erde und die neue Welt unsere größten Leidenschaften – sie sind unser
Spielort, denn für den modernen Menschen sind wir immer noch Kinder. Die
meisten Edwards auf der alten Erde sind junge Menschen, genau wie das eher die
Jungen sind, die die neuen Planeten … „einlaufen“….
Violence ist stehen geblieben. Sie krümmte sich und legte
ihre Hände auf die Knie. Ich hörte, wie schwer sie atmet. Es tat sogar ein
bisschen weh, mit anzusehen, wie sie nach Luft schnappt. Ich überlegte mir, ob
ich mich für meinen Egoismus schämen sollte, nur konnte ich sie mir unter
diesen Umständen nicht unzufrieden vorstellen, eben weil sie Violence war, und
weil sie diese Geschichte erzelte, die einen unglücklichen „jungen Menschen“
auf einem „fremden“ Planeten ausschließt… Sie richtete sich wieder auf, machte
die fehlenden Paar Schritte auf mich zu, drehte mich und zeigte mir einen Ort
im Himmel irgendwo dreißig Grad über dem Horizont.
_.Dort, neuneinhalb Lichtjahre entfernt von hier, befindet
sich ein Eisplanet, den wir vor dreihundertzehn Jahren erreichten. Wir nennen
ihn Barapha, wenn wir von der Sonnenseite des Planeten reden, während er nachts
Aisu genannt wird, was recht wenig Sinn ergibt, da die beiden Namen übersetzt
aus zwei verschiedenen Sprachen dasselbe bedeuten, nämlich „Eis“. Es ist ein
Eisplanet, weil er zu siebzig Prozent von gefrorenem Wasser bedeckt ist, zwölf
Prozent der Oberfläche sind Festland und die restlichen achtzehn Prozent
bedeckt flüssiges, teils kochendes Wasser. Statt großer Kontinente findest du
dort Inselketten aus aktiven Vulkanen. Mehr als zweitausend sichtbare aktive
Vulkane hatten wir damals gezählt, und noch mal doppelt so viele versteckten
sich unter dem Eis und Wasser. Durch diese Aktivitäten ist die Atmosphäre stark
mit Schwefel- und Stickoxiden angereichert, die für Sauerregen und Sauernebel
sorgen; in kälteren Regionen, vor allem nachts, fällt saurerer Schnee. Die
Durchschnittstemperatur liegt bei minus hundertzwanzig Grad Celsius, doch wegen
der langsamen Eigenrotation, die bei zweiunddreißig Erdtagen liegt, ergibt sich
ein Temperaturunterschied von zweihundertfünfzig Grad. Zu allem Überfluss
finden unter der Eisschicht kryovulkanische Aktivitäten statt, die den Planeten
noch mal doppelt so gefährlich für den Besucher machen…
Tagtäglich verändert Barapha-Aisu sein Gesicht: Vormittags
schmilzt das Eis an vielen Stellen, tiefgraue, giftige Rauchwolken steigen
hinauf zum Himmel, sogar das Eis abseits der Vulkane scheint zu rauchen, es
bildet sich grauer Sauernebel, der sich bis zur Mittagszeit komplett
verdünnisiert. Das Festland wird von der Sonne aufgewärmt, das Eis
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