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Burakkuboru: Die kleine süsse Überraschung (German Edition)

Burakkuboru: Die kleine süsse Überraschung (German Edition)

Titel: Burakkuboru: Die kleine süsse Überraschung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eduard Spiegel
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dieser Strecke waren die anderen Millionen Touristen, die
Ähnliches dachten – wir trafen permanent kleine Gruppen, die aus unserer
beschränkten Perspektive die Idylle der Landschaft störten. Unzählige Spuren
auf dem Eis versammelten sich bereits zu breiten Strassen. Da wir es aber doch
ein wenig Leid waren, den tiefen Schnee zu bespuren, und weil wir eine
bestimmte Gegend schneller erreichen wollten, blieben wir auf dem Zug, fuhren
allerdings nicht mehr auf dem Scheitel, sondern etwas abseits – auf dem Hang,
wo es etwas schwieriger und gefährlicher war, dafür viel einsamer und deswegen
angenehmer… Ich hatte damals ein unbehagliches Gefühl: Auf der einen Seite sah
man endlose, fast unberührte Schneelandschaften, wie in der Tundra, und auf der
anderen Seite, sobald man den Kopf um hundertachtzig grad drehte, fühlte man
sich in der Schweiz, auf einer der viel besuchten Bergpisten. Meine Kameraden
konnten mich besänftigen: „Genieße dieses einzigartige Gefühl, womöglich
erlebst du das nie wieder!“ Und sie behielten Recht – das hat sich nicht
wiederholt… Andererseits war die Lage durchaus mit einem Stadtstrand am
Wochenende vergleichbar, zu einer kühlen Jahreszeit, in der sich nur Wenige ins
Wasser wagen, laufen stattdessen nur entlang der schönen Aussicht, bloß hatte
ich nicht das Glück so etwas in echt zu erleben… Also blieben wir weitere
zwanzig Stunden auf dem Damm, machten viele pausen, trafen uns mit Anderen,
beredeten allerlei Neuigkeiten und die Schönheit der Natur – es war, als wären
wir in einem beliebten Urlaubsort mit dem einen Unterschied: wir hatten alle
Raumanzüge an – konnten einander kaum in die Augen sehen oder sich umarmen …
und in einem Moment, als ich eine alte .. junge Freundin auf der Piste traf,
und wir eine Umarmung versuchten, geschah etwas Grandioses: Ein Geräusch,
ähnlich einem Donnergrollen erreichte uns aus dem Osten. Es war laut und
bedrohlich genug damit >wirklich alle<, ob sie standen oder in Bewegung
waren, innehielten und sich zur Sonne drehten. Der Donner rollte schon in beide
Richtungen von uns weg, parallel zum Höhenzug, als die letzten Wanderer ihre
Geschwindigkeit drosselten und ebenfalls erstarrten. Das war ein Moment, in dem
Barapha scheinbar stehen blieb, wie kurz vor einer Apokalypse … das war
unglaublich … ich konnte diesen Moment genau und umfassend beobachten, weil
unsere Visiere dreihundert Grad Sicht erlaubten: Gut vierzigtausend Gestalten,
verteilt bis zum Horizont, standen regungslos auf dem Hang, als hätte jemand
den Film angehalten … begleitet allerdings von einem Krach, wie würde der Kinoprojektor
im Inneren von einer unheimlichen Macht in Stücke zerrissen. Glücklicherweise
hatten unsere Körper das volle Programm an animalischen Empfindungen, so dass
ich eine Aufregung erlebte, die mich bis heute erfreut, wenn ich mich daran
erinnere… Schon wenige Sekunden später rollte der nächste Donner, diesmal von
visuellen und tektonischen Effekten begleitet: das Eis unter unseren Skiern
fing an zu zittern, während im Osten, einige Hundertmeter parallel zu uns,
Schneemassen einer konkreten Linie entlang in den Himmel schossen, ähnlich den
Wassermassen einer Welle, die mit Wucht gegen eine lange Promenade prallen und
vertikal nach oben abgelenkt werden. An vereinzelten stellen entlang dieser
Linie schossen tiefgraue Gaswolken in die Luft, die hin und wieder durch
spuckende Kryolava unterbrochen wurden. Nach einer Minute veränderte sich die
Landschaft dramatisch, während wir langsam unruhig wurden, weil das Eis unter
uns nicht mehr zitterte, sondern bereits wackelte. Als es dann direkt unter
unseren Füssen knallte, begriffen wir plötzlich, dass wir im Grunde auf einem
höchstwahrscheinlich nur vorübergehend inaktiven Kryovulkan standen. Die
Meisten setzten sich schlagartig in Bewegung und versuchten den Scheitel zu
verlassen, um für den Fall einer Katastrophe den weichen Schneemassen näher zu
sein, während eine Minderheit genau umgekehrt versuchten, die Spitze zu
erreichen. Wer eine klügere Entscheidung getroffen hat, klärte sich in der
nächsten Minute, als die gefrorenen Gasmassen unter uns anfingen zu beben.
Alle, die auf einer waagerechten Fläche standen, verloren den Boden unter den
Füssen und fielen chaotisch auf die Oberfläche. Alle dagegen, die hoch oder
herunter unterwegs waren, wurden von der Wucht des Bebens weggeschleudert,
flogen einige Meter durch die Luft, landeten unwillkürlich und meist

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