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Burakkuboru: Die kleine süsse Überraschung (German Edition)

Burakkuboru: Die kleine süsse Überraschung (German Edition)

Titel: Burakkuboru: Die kleine süsse Überraschung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eduard Spiegel
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scharf ich
nur konnte. Ich sah auf den Pflastersteinen, wie sie mich anlächelte und an mir
vorbeiging, wie meine Füße mich hinter ihr her geleiteten. Ich konnte
nachempfinden, was ich bereits empfand: Stolz, Würde, Wert, Güte, Gnade, Gunst…
Liebe? Ich spürte das alles in meinem Kopf, in meiner Brust, meinem Bauch und
meinem Unterleib. Einzig meine Beine und meine Arme blieben verschont.
     
      Ich, dem die Gnade zuteil wurde, ihr zu folgen, ich
Unwürdiger fühlte mich auserwählt. Auserwählt wofür? Für einmal durch die Hölle
zu marschieren, um einmal mehr neugeboren zu werden? Ich versuchte es, konnte
mir aber nicht vorstellen, austauschbar in dieser Geschichte zu sein. Es
wiederholten sich Bilder aus nächster Vergangenheit, etwa die dunkle Mauer aus
Wasser, die erst die Frau dann mich in ihrer bedrohlich wirkenden Masse
verschlang. Etwa das Licht, das wie eine gunstvolle Hoffnung am Horizont
erschien, um das Ziel deutlich zu markieren. Oder die Menschenmenge, die wie
ein weiteres Ungeheuer die Wassermasse ersetzte, und da undurchsichtig, die
Frau nun unauffindbar in sich zusammenschloss.
     
      Ich hörte, der Tunnel und das Licht am Ende des Tunnels
sollen die Erfahrung der Geburt wiedergeben. Auch wenn ich das persönlich für
eine Fehlinterpretation halte, erkenne ich durchaus die Parallelen, so wie ich
auch mein jüngstes Erlebnis mit einer Geburt assoziieren würde: Es ist nass,
dunkel, geräuschvoll, dumpfe Empfindungen, verstummte Gefühle, unendlich
wirkende Gleichgültigkeit. Man tut ausschließlich das, was man tut. Keine
Rätsel, noch weniger Lösungen. Dann ersieht man das Licht, eine grandiose
Frage, einen kolossalen Reiz. Etwas zum Nachdenken, etwas zum Nachempfinden,
etwas zum Bewundern. Es gibt für dich keine Alternativen neben der Quelle des
Scheinens, kein anderes Ziel, solange das Momentane aktuell bleibt. Es ist die
Erfüllung aller deiner Träume und Wünsche, in deren Besitz du paradoxerweise
erst seit dem Erblicken des Lichts bist. So wie jede Veränderung schürt es
gleichermaßen Angst, wie Hoffnung.
     
      Wie kam ich darauf, dass es die Frau aus meinem Traum war?
Ich folgte ihr. Ich wiederholte ihre Schritte. Ich imitierte ihren
Bewegungsstiel. Ich fügte mich ihrem Willen. Sie brachte mir wundersame
Heilung. Der wind, der mir entgegeneilte, erhitzte mein Gesicht, öffnete meine
Poren. Der Regen, der von oben auf mich niederprasselte, reinigte meine Poren,
befreite meine Haut vom Dreck. Die Dunkelheit und der Lärm erleichterten mich
um meine Sorgen, nahmen mir die Furcht. Der Alltag und die Gegenwart wichen
zugunsten der Zeitlosigkeit und der Existenz. Nachdem ich gewaschen und mit dem
darauf folgenden Licht erleuchtet wurde, spuckte man mich wieder heraus aus der
Kirche auf die Strasse, wo auf mich tausende Andere gewartet, mich jedoch nicht
beachtet haben. Mir wurde eine Absolution erteilt.
     
      Und sie? Sie stellte die göttliche Hand dar, die man auf
mittelalterlichen Mahlwerken beobachten kann. Sie war wie eine Dienerin, die
mir die richtige Tür offen ließ. Bildhauer …
     
      Die Pflastersteine. Sie sprachen zu mir. Wurden bunter und
schärfer. Sie bewegten sich. Bekamen Tiefe. Sie schilderten mir meine
Vergangenheit. Ich sah sie wieder. Die Frau. Wie sie mich anlächelte. Das war.
Mein Traum. So klar, und unmissverständlich. Ich …
     
      Zweifelte nicht mehr daran, dass es die Frau aus meinem
Traum war. Ich zweifelte daran. … Dass ich wach bin. … Die Zeit vermischt sich.
Wieder. Ich sehe das Stadium hinter der Frau. Und um sie herum. Ich wusste
irgendwoher, dass ich mich jede Zeit umdrehen und mir die Tribünen anschauen
kann. Ich könnte aufstehen, mein Sitzplatz verlassen. Ich wusste, dass mein
Hinterkopf gerade den Mann betrachtet. Den Mann, der…
     
      Ich wollte nur nicht wegschauen. Ich wollte nicht
aufstehen. Nicht weggehen. Ich wollte mich nicht bewegen. Ich wollte nicht,
dass die Zeit läuft. Und sie lief nicht. Ich wunderte mich auch nicht darüber,
ich habe es selbst so gewollt. Und. Wer weiß, ob dieser Moment nicht
tatsächlich eine Ewigkeit gedauert hätte, wenn nicht jemand frech … unverschämt
die Füße genau auf dem lächelnden Antlitz der Frau abgestellt hätte. Vorlaut.
Anmaßend. Dreist.
     
    ..Guten Morgen.
     
      Sagten die Füße frech, unverschämt, vorlaut, anmaßend und
dreist. Aber nett. Ich erkannte sie recht schnell. Es waren die Füße der
Praktikantin.

Die Praktikantin.
     
    ..Guten Morgen.
     
      Wünschte

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