Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Burgfrieden

Burgfrieden

Titel: Burgfrieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Neureiter
Vom Netzwerk:
einstudiert, übernahm er nun das Reden. »War es Blasius Botsch.«
    Beide hatten sie nun die Beine jeweils feinsäuberlich nebeneinander gestellt. Lenz hatte sich vorgelehnt, und Jenny strich, wie um ihren und seinen Worten noch Nachdruck zu verleihen, energisch über ihre kurzbehosten Oberschenkel.
    »Und was ist der Grund, weshalb ihr Blasius verdächtigt?« Arthur würde sie zwar gleich enttäuschen müssen, wollte aber dennoch zuerst hören, wie sie zu dem Schluss gekommen waren. Jenny warf Lenz noch einmal einen Blick zu, dann sagte sie:
    »Außer ihm konnte niemand mehr in die Burg, nachdem er abgeschlossen hatte. Indem er so getan hat, als verdächtige er Mordred, hat er uns auf eine falsche Spur gelotst. In Wirklichkeit wollte er die Handschrift von Anfang an für sich behalten. Er hatte gar nicht die Absicht, sie jemals an die Öffentlichkeit zu bringen.«
    »Und warum hätte er mich dann einweihen sollen?« Arthur stellte die naheliegende Frage, auch wenn er es längst besser wusste.
    »Gab es zwei Zeugen. Speranza und Francesca Rossi. Brauchte er jemanden, dem er die Sache in die Schuhe schieben konnte. Hat er an dich gedacht.« Lenz schien sich ebenso sicher zu sein wie Jenny, die jetzt ergänzte:
    »Er konnte zwar nicht damit rechnen, dass du gleich mit einem ganzen Team anrücken würdest. Aber du alleine hättest als Sündenbock schon gereicht. Dass wir dann zu siebt gekommen sind, hat die Sache für ihn vereinfacht. Und Mordred hat ihm mit seinem Auftritt, ohne es zu ahnen, noch in die Hände gespielt.«
    Arthur war wieder aufgestanden. Das Kinn in die Hand gestützt schritt er noch einmal die Bibliothek ab. Die Schlussfolgerungen der beiden hatten durchaus etwas für sich. Er selbst war schon zu einem ähnlichen Ergebnis gelangt. Wenn er sich auch nie so sicher gewesen war, dass Francesca nicht bereit gewesen wäre, Blasius bei der Unterschlagung zu assistieren. Aber Frau Minne als Mittäterin hatten die beiden offenbar kategorisch ausgeschlossen. Warum, war für Arthur nicht nachvollziehbar, aber damit wollte er sich jetzt nicht aufhalten. Tatsache war, dass Lenz und Jenny nicht wussten, was er heute Nachmittag in Erfahrung gebracht hatte. Es war Zeit, die beiden ins Vertrauen zu ziehen.
    »Eure Überlegungen scheinen mir bis zu einem gewissen Grad durchaus logisch. Aber es gibt da etwas, das ihr unbedingt wissen müsst.« Jetzt war ihm die Aufmerksamkeit der beiden sicher. Erwartungsvoll sahen sie ihn an, als er auch schon fortfuhr: »Ich hatte heute Nachmittag eine Unterredung mit Blasius. Dabei hat er bestätigt, was ich schon vermutet habe: Es gibt einen zweiten Eingang zum Westpalas.«
    Die Stille, die jetzt eintrat, war nur von kurzer Dauer.
    »Xenia!« Jenny hatte den Namen der Dozentin ausgerufen. Arthur sah, wie Lenz zusammenzuckte, ob lediglich aus Überraschung oder doch ehrlich erschrocken, vermochte der Professor nicht zu sagen. Er selbst war jedenfalls mehr als erstaunt, und das tat er nun auch kund.
    »Wie kommst du auf diese Idee? Xenia hat doch kein Motiv. Ihr würde eine verschwundene Handschrift am wenigsten nützen. Profilieren kann sie sich nur, wenn das Manuskript der Öffentlichkeit vorgestellt wird.« Arthur setzte sich wieder und streckte die Beine von sich. »Und dass die Dozentin Schmied-Schmiedhausen sich einen Streich erlaubt hat, wie wir es den Studenten zutrauen, ist ja wohl kaum anzunehmen.«
    »Nein, nein, das habe ich damit nicht sagen wollen.« Jenny hielt sich kurz und scheinbar reumütig die Hand vor den Mund, als wolle sie das Gesagte zurücknehmen, und fuhr dann fort: »Es ist die Sache mit dem zweiten Eingang. Ich habe Xenia vor zwei Tagen in der Laubengasse in die Athesia Buchhandlung hineingehen sehen und kurze Zeit später sah ich sie zwei Gassen weiter wieder. Zuerst dachte ich, ich hätte mich getäuscht. Aber dann wurde mir bewusst, dass die Buchhandlung zwei Ein- und Ausgänge haben muss.« Jenny schlug wieder die Beine übereinander und neigte sich ein wenig vor. »Und bei der Burg ist es genauso. Damit ist alles klar.«
    Nun brachte sie Lenz, der ihr bisher sekundiert hatte, endgültig aus der Fassung.
    »Versteh’ ich dich jetzt aber nicht. Was soll klar sein?« Zweifelnd sah er sie an, als wäre ihm ihre weibliche Logik, mit der sie ihn wohl von ihrer ursprünglichen Theorie überzeugt hatte, doch nicht mehr ganz geheuer. Jenny ließ sich dadurch nicht beirren und fuhr ungerührt fort. »Damit hätte im Prinzip jeder von uns Gelegenheit gehabt,

Weitere Kostenlose Bücher