Burke 2 - Strega
über den Sitz und nahm es ihm ab. Der Mongole hielt in jeder Hand ein Ende, atmete mit einem klaren, pfeifenden Geräusch tief durch die Nase ein und zog das Hufeisen auseinander, bis es bloß ein grades Stück Metall war. Er neigte den Kopf, reichte es wieder dem Kind.
»Siehste?« fragte Scotty.
»Is ja irre«, sagte ich ihm.
»Max könnte das ganze Auto hochheben, wenn er will, oder nicht, Max?« sagte er.
Max preßte die Fingerspitzen aneinander, pumpte seinen Bizeps voll Blut. Die Muskeln an seinem Arm sprangen hervor, eine mächtige Herausforderung für die dünne Hülle aus Haut außen herum.
Max zog die Hände zur Brust, als schaukle er ein Baby. Er lächelte.
Dann spannte er in Bodybuilder-Pose den Bizeps an, einen eitlen Ausdruck auf dem Gesicht. Verneinend schüttelte er den Kopf.
»Was sagt er?« fragte Scotty Immaculata.
»Er sagt, große Kraft ist nur dazu da, Leute zu beschützen, nicht zum Vorzeigen.«
»Oh.« Das Kind dachte eine Minute nach. »Warum hat er dann das Hufeisen verbogen?« Was immer sie Scotty angetan hatten, blöde hatten sie ihn nicht gemacht.
»Erinnerst du dich, daß ich dir gesagt habe, Max würde dein Beschützer sein?« sagte Immaculata und sah, wie der Junge feierlich nickte. »Tja, ich mußte dir zeigen, daß Max ein guter Beschützer ist. Wir sind Freunde, du und ich. Doch du solltest neuen Freunden nicht trauen, bevor sie dir nicht beweisen, daß sie dir die Wahrheit sagen. Ist es nicht so?«
»Ja ...« sagte er, einen traurigen Ausdruck auf dem Gesicht.
»Ich weiß«, sagte Immaculata, seine Schultern tätschelnd. »Jetzt bist du sicher. Wir machen alles wieder gut. Okay?«
Der Junge nickte zweifelnd. Max legte ihm seine mächtige, vernarbte Hand auf die Schulter. Ließ sie bloß da liegen. Und Scotty lächelte, während wir durch die Stadt zu einem Laden am Broadway fuhren, wo wir alles wieder gutmachen wollten.
SAFE war im Village, nicht weit vom Gericht. Ich fand ein paar Türen weiter einen Parkplatz, und wir stiegen alle zusammen aus, Immaculata, Scotty an der Hand haltend, an der Spitze. Ein langer Schwarzer saß direkt hinter den doppelten Glastüren an einem Schreibtisch. Als er Max und mich hinter Immaculata reinkommen sah, stand er auf. »Sie gehören zu mir«, sagte sie lächelnd. Der schwarze Typ setzte sich wieder hin.
Wir gingen eine lange Treppenflucht zu etwas hoch, das vor Jahren eine Fabrik gewesen sein mußte. Ein riesiger Raum, vielleicht vierzig mal hundert Schritt groß. Turnmatten in der Ecke.
Ein Haufen kleiner Kinder tobte sich aus, sie übten irgendeine Art Karate und schrien sich bei jeder Bewegung die Lunge aus dem Leibe. Noch jüngere Kinder spielten in einer Sandkiste am einen Ende des Raums. Einige malten mit den Fingern. Ein kleiner Junge strickte etwas. Es schienen Hunderte zu sein, alle hyperaktiv. Klang wie in einem besonders fröhlichen U-Bahntunnel. Eine junge Frau löste sich aus einer Gruppe von Kindern und lief zu uns rüber. Sie war vielleicht einsfünfundsechzig groß und hatte kurzes dunkles Haar, das ihr ums Gesicht flog, als sie rüberkam. Noch eine hübsche Italienerin – die andere Seite von Stregas Medaille.
»Die Chefin«, flüsterte mir Immaculata zu. »Lily.«
»Hi, Mac«, sagte die Frau. »Und du mußt Scotty sein«, sagte sie zu dem Jungen und ging ebenso in die Hocke wie Immaculata vor der Familienkammer. »Mein Name ist Lily«, sagte sie, beide Hände ausstreckend. Scotty nahm ihre Hände, doch seine Blicke waren von den anderen Kindern gefesselt.
»Du kannst später mit den anderen Kindern spielen«, sagte Lily, seine Gedanken lesend. »Zuerst gehen wir zu einem besonderen Spielzimmer. Für dich reserviert.« Sie machte eine große Sache draus, und Scotty, der sich wichtig vorkam, reagierte.
Sie nahm Scotty an der einen Hand. Immaculata nahm die andere. Auf dem Weg durch den Korridor nach hinten zum Büro hoben die beiden Frauen Scotty von den Füßen und schaukelten ihn an den Armen. Der Bengel kicherte, als hätte er das Paradies entdeckt.
Wir bogen in einen kleinen, mit Kinderkram vollgestopften Raum – Plüschtiere, ein dreiteiliger Wandschirm, illustriert mit spielenden Welpen, Puppen, Malbücher. Alle Möbel waren in Kindergröße.
»Hier werden du und Immaculata miteinander reden«, sagte Lily zu Scotty.
»Über die schlimmen Sachen?« fragte er.
»Wenn du das möchtest, Scotty. Wir lassen dich hier nichts machen, was du nicht möchtest, okay?«
Er nickte bloß, jetzt ganz
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