Burke 2 - Strega
Fall, daß ich wieder Kontakt mit dir aufnehmen möchte.« Seine Augen waren hinter der Brille versteckt.
Ich blickte mich rasch um. Ruhig wie ein Friedhof. »Laß das!«
brüllte ich, und der Kofferraum des Lincoln sprang auf. Der Louis griff sich eine Faustvoll meines Mantels und zog die andere Hand zurück, um mir das Maul zu stopfen. Ich verpaßte ihm mit der Hand, die den Magnum hielt, einen tiefen Haken in den Bauch. Er grunzte und krümmte sich zusammen, ich traf ihn mit meinem Stahlkappenschuh an der Schläfe. Die Brille des Luden flog davon –
er langte nach etwas in seiner Jacke, als ihm der Prof die Schrotflinte ans Gesicht setzte.
Der Louis lag bloß da, während ich seine Ausrüstung checkte.
Eine kleine Automatik, Kaliber .32, ein hübsches, silbernes Ding.
Ein Diamantring, eine hauchdünne Uhr. Ein winziges ledernes Adreßbuch. Ein Schlüsselring mit einem Haufen Schlüssel. Ein Bündel Scheine in einer Brieftasche, so dick, daß sie fast als Aktenkoffer durchging. Ein silbernes Fläschchen mit Schraubverschluß.
Kein Ausweis. Ich sackte alles ein.
Bis dahin schnappte er wieder nach Luft, beobachtete mich aber genau. Wunderte sich, was für ein Spiel das war.
Ich ging zur Corvette, schaltete in den Leerlauf und stemmte die Schulter dagegen. Sie bewegte sich ein paar Schritt vorwärts – mehr als genug, um den Lincoln rauszukriegen. Ich zog die Schlüssel aus der Zündung, lief zurück und hielt sie dem Louis vors Gesicht.
»Ich laß sie unter der Straßenlaterne da drüben«, sagte ich ihm und deutete nach links. Sie war zirka hundert Meter weg.
Der Lude war noch immer ruhig – das Gewehr war seine ganze Welt.
»Du hast mit dem falschen Bengel rumgesaut«, sagte ich ihm und lief zum Lincoln. Ich startete ihn, stieß rückwärts raus und wendete, damit die Beifahrertür im Rücken des Prof war. Michelle öffnete sie von innen, und der Prof sprang rein, während ich davonzischte.
Der Lincoln schoß in Richtung Straßenlaterne. Ich stieg hart auf die Bremse. »Er is noch unten«, rief der Prof. Ich warf das Fläschchen aus dem Fenster. Wenn sich die Made an das Nummernschild des Lincoln erinnerte, konnte sie die Wahre Bruderschaft um die Autoschlüssel bitten.
Für den Fall, daß sich der Louis zu einem Telefonanruf durchrang, wollte ich den Lincoln von der Straße haben. »Kannst du McGowan von dir aus anrufen?« fragte ich Michelle.
»Ich mach schon«, sagte sie vom Rücksitz. Der Junge war ruhig. Ich schielte in den Spiegel – er zitterte, Michelles Arm um sich, sein Gesicht an ihrer Brust.
Ich schmiß die Brieftasche des Luden auf den Rücksitz. »Muß den Rest von seinem Müll wegwerfen«, sagte ich. Der Prof nickte zustimmend.
Der Lincoln rollte auf dem Highway nach Norden, Richtung 125th Street, wo ich die Kurve kratzen und zurück zu unserem Stadtviertel steuern würde.
»Fast sechstausend«, sagte Michelle, einen fröhlichen Ton in der Stimme. Die Brieftasche kam über den Sitz gesegelt und landete auf dem Armaturenbrett.
»Nimm dein Teil«, sagte ich dem Prof. Die Schrotflinte war unter dem Sitz verstaut.
»Asche von der Flasche«, sagte er, und es klang religiös. »Asche von der Flasche.« Er zog ein Paar Baumwollhandschuhe aus dem Kühlanzug und fing an, die kleine Knarre des Luden zu bearbeiten, wischte sie ab. Er nahm das Magazin raus, zog dann den Schlitten und fing die unbenutzte Kugel mit der Hand auf. »Eine in der Kammer«, sagte er. Die kleine Automatik war einsatzbereit gewesen.
»Stück für Stück«, sagte ich. Der Prof nickte und drückte auf den Knopf, um sein Fenster zu senken. Erst die Kugeln, dann das Magazin. Die silberne Knarre kam zuletzt dran.
Der Prof reichte mir meinen Anteil am Geld des Luden, während er die Hände sacht aneinanderrieb, um damit zu sagen, daß alle Arbeit getan war. Ich ließ ihn auf Höhe der Thirties an der Second Avenue raus und öffnete den Kofferraum, damit er seine Karre nehmen und den Kühlanzug zurücklassen konnte. Der Prof schnallte sich die Karre auf den Rücken, als wäre sie ein Rucksack.
»Halt die Ohren steif, Prof«, sagte ich ihm.
»Die Straße ist mein Heim, und das is kein Reim«, sagte er. Der Louis mochte ihn wieder sehen, doch nichts würde einrasten. In Brusthöhe preßten wir die Hände aneinander. Die Art, wie man im Besucherraum im Gefängnis Aufwiedersehen sagt. Durch das kugelsichere Glas.
Ich fuhr bei Michelles Bleibe vor, öffnete ihr die Tür zum Aussteigen, als wäre ich ein Chauffeur. Der
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