Burke 3 - Bluebelle
vor mir die Treppen hochsteigen, und bewunderte den Anblick.
An der äußeren Haupttribüne, genau eingangs der Geraden, bekamen wir Sitzplätze.
Belle legte ihre Hamburger auf einen Sitz, nahm einige Servietten und wischte penibel zwei weitere ab. Sie nahm einen Schluck Bier, ließ es mich dann wieder für sie halten, während sie sich mit den Hamburgern beschäftigte.
»Hast du das Gesicht von dem Fetten gesehen?« fragte sie unschuldig. »Michelle hatte recht mit dem Makeup.«
Als sie mit dem Essen fertig war, verstaute ich die Überbleibsel unter den Sitzen, zündete mir eine Kippe an und schlug das Programm auf. Belle fläzte sich an mich, den Kopf an meiner Schulter, das letzte Bier in einer Hand.
»Was bedeuten all die kleinen Zahlen?«
»Sie bedeuten alle was andres. Willst du’s wirklich wissen?«
»Ja«, sagte sie, verletzt klingend.
Ich ging es rasch durch, bloß einmal oberflächlich. Zeigte ihr, wie man Alter, Geschlecht, Farbe, Abstammung des Pferdes, all das Zeug, feststellen konnte. Ich war schon bei den vergleichenden Tempoeinstufungen auf den unterschiedlichen Bahnen, und sie merkte noch immer auf.
»Was ist das Wichtigste?« wollte sie wissen.
»Was meinst du?«
»Also, all das Zeug. Es kann nicht alles dasselbe bedeuten.«
»Belle, das ist der Trick dabei. Es hat unterschiedliche Bedeutung für unterschiedliche Leute. Einige Leute legen Wert auf Tempo, andere Leute legen Wert auf die Abstammung, einige Leute ...«
Sie fiel mir ins Wort. »Und du? Glaubst du, die Abstammung ist wichtig?«
Ich schaute ihr in das an meine Schulter gelehnte Gesicht. »Die Klasse, die ist für mich wichtig. Beherztheit. Durchhaltevermögen.
Die Abstammung will gar nichts heißen.«
»Aber die Abstammung muß doch für was stehen, richtig? Oder sie würden’s hier nicht bringen«, sagte sie, auf das Programm deutend.
»Sie bringen al es im Programm, Kleines. Weil’s die Spieler wissen wollen, klar? Was für ’nen großen Unterschied könnte schon die Farbe eines Pferdes ausmachen? Das steht auch da.«
»Aber es muß ...«
»Es bedeutet etwas, Belle. Seit ich ein Kind war, schau ich mir Pferde an – ich sage dir, was es bedeutet: Willst du feststellen, ob ein Pferd echte Klasse hat, schau dir seine Mutter an.«
Sie reckte den Kopf zu mir, ein Lächeln auf den Lippen. »Wirklich?«
»So hat’s die Natur gerichtet, Kleine. Du kannst nie mit Sicherheit wissen, wer der Vater von ’nem Kind ist, aber bei der Mutter gibt’s nie einen Zweifel.«
»Nie einen Zweifel«, pflichtete sie, meinen Schenkel tätschelnd, bei.
Krächzend erwachte die Lautsprecheranlage zum Leben; die Pferde kamen zum ersten Rennen auf die Bahn. Belle sah hin, als sie vor der Haupttribüne aufmarschierten. Sie zündete sich eine Zigarette an, achtete auf alles, lehnte sich, die Hand auf meinem Knie, nach vorn.
Laut Anzeigentafel waren es noch zwei Minuten bis zur Startaufstellung. »Hast du vor zu wetten, Liebster?«
»Nicht bei dem Rennen«, sagte ich ihr, während ich zusah.
Belle süffelte genießerisch ihr zweites Bier. Das absolute Ebenbild einer Dame, zirka zehn Prozent über Lebensgröße.
Das Rennen machte nicht viel her. Wenn ich ein Fernglas gehabt hätte, hätte ich Ausschau nach Lupe gehalten.
Belle trank ihr Bier aus. »Wer wird das nächste Rennen gewinnen?« wollte sie wissen.
Ich studierte das Programm. Dieselbe Klasse, dasselbe Kroppzeug. Zumeist im Abstieg begriffene ältere Pferde. Doch da war eine Vierjährige, eine Tochter von Warm Breeze; Hurricane hieß sie. Ich deutete auf ihren Namen im Programm.
»Die hier wird ständig besser – vielleicht ist sie ein Spätzünder.«
Belle steckte sich eine Kippe an. »Mir gefällt das«, sagte sie und beobachtete, wie die Pferde zur Startparade antraten. »Welches ist unsers?«
»Das Fünferpferd«, sagte ich ihr. »Das mit der weißen Decke.«
»Sie ist hübsch. Wenn auch ein bißchen klein.«
Fünf Minuten vor dem Start war Hurricane auf fünfzehn zu eins hoch.
»Wollen wir auf sie wetten?« fragte Belle.
»Okay, ich bin gleich zurück«, sagte ich und stand auf.
»Kann ich nicht mitkommen?«
»Komm schon«, sagte ich, riß die Vorderund Rückseite vom Programm ab und steckte sie zwischen die Sprossen der Sitze, um sie als die unseren kenntlich zu machen.
Als wir zu den Schaltern marschierten, hielt sie meine Hand.
Eine Gruppe Latinos stand an einem Pfeiler und stritt auf spanisch über das Rennen. Einer nuschelte: »Mira, mira!«, als wir
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