Burning Wings 02 - Die Mächte
Edens anzugreifen, noch würde er vermuten, dass ich ausgerechnet dorthin unterwegs war. Seine Spione glaubten mich in der Unterstadt oder in Agnon. Gerade deshalb war Eden der ideale Platz.
Die beiden Wächter des Gartens, Kerubiel und Ophaniel, würden niemals einen Kampf in ihrem Reich zulassen, nicht an dem Ort, wo jeder Engel – vom niedersten bis zum Seraph – die ersten Lebensjahre verbrachte. Wo die reine Natur die angeborenen Fähigkeiten förderte, bis schließlich jeder seiner Bestimmung folgend, den Platz in der Gesellschaft einnahm. Es war ein ungeschriebenes Gesetz, dass Eden von jeder Art Gewalt unbehelligt blieb.
Dennoch spürte ich die Angst. Nicht vor einer möglichen Entdeckung, sondern vor dem, was Oriphiel – mein früherer Mentor – mir sagen wollte. Als einer der beiden Throne blieb er unangetastet von Metatrons wachsender Macht, und er hatte sich auch freiwillig dem Widerstand angeschlossen, trotzdem behagte mir seine Rolle in dem Machtspiel nicht. Meinem Bruder würde sicherlich eine angemessene Strafe einfallen, wenn er erfuhr, dass der erste obere Thron gegen ihn arbeitete.
Seufzend blickte ich nach unten und entdeckte in der Ferne bereits den Silbernen Fluss, auf dessen Oberfläche sich die Sonne spiegelte. Gleich hatte ich mein Ziel erreicht. Die ersten Baumreihen, die den Garten Eden wie eine natürliche Mauer von Ephis’ Umland trennten, sahen von oben wie kleine Stecknadelköpfe aus. Allmählich glitt ich tiefer, und die grünen Wiesen mit den herrlichen duftenden Blumen kamen immer näher.
Wenige Minuten später landete ich am Ufer des großen Silbernen Sees. Er war das Herz Edens, die Lebensquelle jedes Engels. Als Heranwachsender musste jeder einmal in diesem Wasser baden. Das Wasser schenkte uns innere Stärke und verband jeden einzelnen noch tiefer mit der Natur der Himmelssphäre.
Ich erinnerte mich noch sehr gut an die Zeit zurück, als ich an diesem Ufer den Freundschaftsschwur mit Raphael, Luzifer, Uriel und Metatron geschlossen hatte. Wir fünf wollten für immer Freunde sein.
Wehmütig lief ich dem silbrigen Wasser entgegen. Die glatte Oberfläche spiegelte den blauen Himmel wider und auch mein eigenes Spiegelbild. Neugierig beobachtete ich mich selbst.
Ich starrte in meine eigenen goldenen Augen mit den rehbraunen Nuancen. Mein Gesicht reflektierte meine tödliche Entschlossenheit und meine tiefe Traurigkeit, die ich seit ein paar Tagen spürte. Ich war entschlossen, Metatron entgegenzutreten, koste es, was es wolle. Noch während ich das dachte, glitt meine Hand automatisch an den Schwertknauf. Die ganz besondere Klinge hatte ich im letzten Moment vor dem Feuerinferno retten können, das den Stützpunkt vernichtet hatte. Sie bestand aus gehärtetem schwarzen Stahl und war resistent gegen jede Art von Magie. Sie war ein Geschenk von Oriphiel, und ich legte sie nur zum Schlafen ab.
Ich betrachtete ungläubig mein kurzes, dunkelbraunes Haar. Es war für mich noch etwas ungewohnt, denn bisher hatte ich es immer lang getragen, bis das Feuer es angesengt hatte. Mit kurzen Haaren sah ich gleich ganz anders aus. Auch meine schwarze Samtrobe hatte etwas abbekommen, und ich musste sie entsorgen, aber zum Glück hatte meine Lederrüstung mich vor weiteren Verbrennungen geschützt.
» Seraphiel, mein Jung e« , rief mich eine wohlbekannte Stimme. Als ich meinen Blick hob, sah ich Oriphiel, der mir in Begleitung von Raphael entgegenkam .» Bin ich froh, dass du es sicher hierher geschafft hast. Vielleicht besteht ja doch noch Hoffnung. Raphael erzählte mir bereits von Metatrons Hinterhalt .« Oriphiel blieb vor mir stehen, musterte mich mit seinen dunklen Augen und umarmte mich schließlich wie einen Sohn.
Als er losließ, vergewisserte ich mich, dass es ihm gut ging. Anscheinend schien Metatron ihm nichts angetan zu haben, was wiederum bedeutete, dass er ahnungslos darüber war, dass Oriphiel heimlich dem Widerstand half. Seine schwarzen Haare fielen ihm lang über die schmalen Schultern, und seine bordeauxrote Robe schien unversehrt.
Ich wandte mich an meinen besten Freund Raphael. Wir streckten beide den rechten Arm aus und drückten jeweils mit der Hand den Unterarm des anderen. Doch dann zog er mich plötzlich fest an sich und klopfte mir auf die Schulter, was ich nur zu gerne erwiderte.
»Ich habe mir große Sorgen gemacht«, sagte ich zu ihm und war unendlich erleichtert, ihn heil und gesund wiederzusehen. Er schenkt e mir sein schönstens Lächeln, das ich die
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