Burnout vorbeugen und heilen
Ein ganz anderer Blickwinkel.
Wenn Sie ein gutes Buch zu ihrem Problem gelesen hätten, hätte das nicht auch gereicht? Wie sehen Sie das?
Ich glaube, es ist schwer, sich selbst diese starken Impulse zu geben. Es kamen ja doch Impulse von Ihnen. Ich weiß nicht, ob man das mit einem Buch mit sich alleine hinkriegt. Das Buch fördert das Nachdenken, es nützt einem aber in dem Moment oft nicht. Ich bin ein Mensch, der über vieles ganz analytisch, logisch und emotional nachdenken und das auch einordnen kann. Ich glaube, man wird immer mehr in sich gefangen, eingepanzert; da muss irgendwas von außen an einen rantippen. Das mag bei dem einen oder anderen mit einem Buch gelingen, das weiß ich nicht.
Im Frühjahr, bevor ich zu Ihnen gekommen war, habe ich ein Buch gelesen: Miriam Meckel, Briefe an mein Leben. Sie hatte einen Zusammenbruch. Das wird gar nicht genau beschrieben und sie findet sich in einer Kurklinik wieder. Sie beschreibt, wie sie so kleine alltägliche, reduzierte Sachen erst einmal wieder lernen musste. Ich habe das ganz interessiert gelesen, es hat mich aber in keiner Weise weitergebracht. Ich glaube, sie hat das Buch ganz ehrlich geschrieben, aber ihr Innerstes hat sie sicherlich nicht offengelegt. Das Buch hat mich nicht berührt, nicht wirklich.
Heißt das, Sie haben sich hier berühren lassen?
Ja. Es hat mir auch immer geholfen, mich ranzutasten an manche Dinge. Sie haben mir einige Schemata gezeigt, wie man als Kind reagiert, wie man sich als Erwachsene verhält und dass es eben manchmal nicht in Einklang zu bringen ist. Ich habe vieles gelernt. Eben auch, dass ich eine ganze Weile gut durch das Leben gekommen bin mit diesem „Ich streng mich an!“ Diese Antreiberverhalten, das ist mir auch sehr lange in Erinnerung geblieben; dass man nicht immer mit dem gleichen Modus, mit dem man lange klarkam, auf die Dauer klarkommt. So nach dem Motto: Da ist eine Anforderung. Streng ich mich an, dann überwinde ich das und dann ist es wieder gut. So bin ich in das Ganze ja auch irgendwie reingeschlittert, dass ich mit Anstrengung nicht mehr weiterkam. Das haben Sie mir sehr plastisch einfach an diese Tafel gemalt und ich brauchte das genau so plastisch vor Augen, um es zu begreifen. Das waren ja teilweise Modelle, die Sie mir gezeigt haben. Ich habe gemerkt, ich kann damit sehr gut umgehen, wenn mir jemand am Erlebten ein Modell zeigt. Das ist für mich ganz wichtig, um das Erlebte zu begreifen, und das hat mir sehr geholfen.
Also wenn so etwas in Ihrem Buch drin sein sollte, dann fände ich das ganz toll. Man hat sicherlich alle Antreiberformen in irgendeiner Weise, aber irgendwas ist ja immer sehr ausgeprägt. Das habe ich auch bei meinem Mann gesehen. Er ist einer, der muss alles ganz schnell machen: Schnell geschieht, was gut geschieht. Wenn er sich so verhält, verliert er manchmal komplett die Bodenhaftung und nichts klappt mehr. Da ist wirklich was dran.
Ich erlebe mit Ihnen ein ganz lebendiges Lernen auf verschiedenen Ebenen, auch so, wie Sie es darstellen. Vorhin habe ich gedacht, ja, ich habe mich auch berühren lassen und bin mit Ihnen auf die Suche gegangen: „Wo kommt das her?“, „Wie ist das gelaufen?“ und „Wo möchten Sie hin?“ Manchmal habe ich Ihnen abstrakt mit einem Model etwas vereinfacht gezeigt und am Flipchart aufgezeichnet, sodass Sie es auch sehen konnten.
Also, das ist dann auch etwas, was man wirklich mitnimmt. Sie haben mir dann auch zweimal eine Kopie mitgegeben, einen Aufsatz von Ihnen selbst und einmal das Gedankenkonstrukt von demjenigen, der das mal so entworfen hatte, dieses Antreibermodell. Das habe ich mir auch zu Hause ein paar Mal durchgelesen, das hilft dabei, zu analysieren und sich zu fragen: „Was möchtest du denn?“ Die Frage stellt man sich gar nicht mehr, jedenfalls nicht, wenn es einem so geht, wie es mir ging, dann kommt man nur noch irgendwie durch den Tag.
Danke. Im Moment habe ich keine Frage mehr. Fällt Ihnen sonst noch etwas ein, was Sie denken, das wäre bei dem Thema Burnout jetzt noch wichtig zu sagen?
Ich glaube, dass es schon einen bestimmten Menschenschlag häufiger trifft: Die lange die Zähne zusammen beißen, das sind die, die so in sich überlegen, wie lange sie meinen das durchzuhalten. Und andere flippen, glaube ich, vorher aus oder fallen aus oder kriegen dann sicherlich irgendwann auch körperliche Symptome.
Mein Rat ist, einfach mit jemandem zu sprechen, dem Sie vertrauen. Also, dass man es einfach mal ausspricht.
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