Buschfeuer: Australien-Thriller (German Edition)
Wenn sie noch lebten, würde Kris sie finden. Wenn nicht, würde er trauern, nachdem er Sergio Russo umgelegt hatte. So oder so, er musste am Leben bleiben und jede Sekunde bereit sein zu handeln.
Die Männer sagten nicht viel, aber Sergio telefonierte hektisch und auf Italienisch mit Tony. Gil erriet zwar das ein oder andere Wort, wo es dem Englischen ähnelte, aber das Einzige, was er ganz sicher verstand, war » Dungirri « .
Sie waren mittlerweile so lange unterwegs, dass sie in der Nähe von Dungirri sein konnten, auch wenn sie ständig abgebogen waren und ausschließlich unbefestigte Pisten genommen und die asphaltierten gemieden hatten. Tatsache war, dass sie sich irgendwo im Umkreis von siebzig Kilometern um Birraga befinden konnten.
Endlich hielten sie am Ende einer langen, holprigen Piste. Die Männer zerrten ihn aus dem Wagen und lachten, als er auf die Erde fiel. Er beachtete den Schmerz nicht weiter und scharrte mit den Fingern über den kühlen Boden, wo er statt nackter Erde welkes Laub erspürte, breite Blätter und schmale Nadeln. Tief und langsam holte er Luft und durch den Stoff drangen vage Aromen, möglicherweise von endemischen Zypressen und diesem Busch mit den weiß-rosa Blüten, dessen Namen er nicht kannte. Alles zusammen deutete jedenfalls auf das Buschland hinter Dungirri hin.
Zwei Paar Arme packten ihn und rissen ihn hoch. Jemand drückte ihm etwas an die Schläfe.
» Wir nehmen dir jetzt Fesseln von den Füßen ab, Gillespie, damit du laufen kannst. Und immer schön dran denken, ich habe diese Glock in der Hand und drücke ab, sobald du Unsinn machst. Als Erstes werde ich dir wohl in die Extremitäten schießen, denn mein Vetter will, dass du noch lebst, wenn er ankommt. «
Sie schubsten ihn über ein flaches, sandiges Gelände in ein Gebäude. Ein großer Schuppen, nahm er an, denn die Stimmen hallten, und über ihren Köpfen kreischten Schwalben.
» Jetzt kommt eine schmale Treppe « , sagte einer der Männer. » Pass auf, dass du nicht stolperst, Gillespie. «
Die ersten metallenen Stufen ließen sie ihn noch hinuntergehen, dann stießen sie ihn. Er taumelte, landete auf der Seite und scheuerte sich den Arm am Zementboden auf. Natürlich johlten sie, während ihm der Schmerz in Arm und Schulter pochte. Er hörte eine Metalltür scheppern, und als man ihn trat und ihm befahl aufzustehen, wusste er plötzlich, wo er war: Er stolperte in einen in die Erde versenkten Seefrachtcontainer, etwa fünfundzwanzig Kilometer nördlich von Dungirri.
In der Notaufnahme im Krankenhaus von Birraga herrschte hektische Betriebsamkeit, und man sprach leise, aber mit Nachdruck, im Hintergrund das ständige elektronische Piepsen.
Kris setzte sich auf den harten Stuhl an Debs Bett in einer Nische am Ende der Station. Deb hatte Schmerzmittel bekommen, ihr Bein war versorgt, und nun hielt Kris sie wach, indem sie sie nach den Einzelheiten der Nacht befragte und ob sie noch mehr wisse über Identität und Absicht der Entführer oder den Ort der Verschleppung. Aber vor allem konzentrierte Kris sich auf das mit Vorhängen abgetrennte Bett am anderen Ende des Saals, von wo der melodische Singsang des frisch aus Indien zugewanderten Notarztes und der schottische Akzent Morag Camerons, der hier ansässigen Allgemeinärztin, herüberdrangen. Doch beide sprachen nicht laut, und auch von den Krankenschwestern und Pflegern, die unablässig kamen und gingen, fing sie nur Bruchstücke an Information auf.
Als Morag endlich hinter dem Vorhang hervorkam, sprang Kris auf und lief auf sie zu.
» Wie geht es ihr? «
» Ihr Zustand ist stabil, aber sie hat noch innere Blutungen « , erklärte Morag gewohnt bündig. » Wir werden sie auf dem Luftweg nach Tamworth verlegen. Die OP -Teams dort warten schon. Kannst du die Angehörigen verständigen? «
» Ihr Vater…« Ihr Mund war völlig ausgetrocknet, aber sie schluckte, und die Stimme wurde wieder normal. » Er ist entführt worden. Ich schicke jemanden zu ihren Großeltern. «
Sie ging in den Park hinaus, wo man die Piepstöne kaum noch hörte und der Duft der Rosen den Krankenhausgeruch überdeckte. Die Gewitterwolken standen nun über ihr, und in der Luft lag neben dem Rosenduft auch der Geruch des bevorstehenden Regens.
Beth war über Nacht bei den Russells geblieben, daher rief Kris sie auf dem Handy an und instruierte sie kurz, froh, sich darauf verlassen zu können, dass Beth sich um alles kümmern würde. Sie würde jemanden auftreiben, um das Ehepaar
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