Bushido
nickten kurz, beachteten mich aber nicht weiter. Sie hatten dazugelernt. Es war 16 Uhr. Keine Faxen am frühen Morgen. Nyze und D-Bo saßen in der Ecke und zockten irgendein Opfer-Autorennen auf der Playstation, Runzheimer putzte seinen Bass, die anderen machten sich über das Frühstücksbüffet her.
»Der heutige Tag kann ja nur besser werden«, sagte ich mehr zu mir selbst und ließ mich in einen der muffigen Ledersessel fallen.
Am Vortag hatten wir in Kempten gespielt. Das Konzert war ausverkauft gewesen, die Leute okay, das war also nicht das Problem. Es hatte damit angefangen, dass wir um 1.30 Uhr aus der Halle raus waren und bis zur Abfahrt noch dreieinhalb Stunden auf dem Parkplatz im Bus warten mussten. Tim hatte wie immer fettige und labberige Pizza kommen lassen, draußen regnete es aus vollen Kübeln und wir konnten noch nicht einmal in eine Bar, ein Restaurant oder einen Imbiss ausweichen, da in dem Scheißkaff schon alles dicht war. Über die Mädchen, die Adieb backstage gebracht hatte, möchte ich gar nicht erst reden. Am Ende war dann doch noch eine mit
in den Bus gekommen, Nicole, 21, sehr hübsch, eine kleine Philippinerin, doch nach fünf Minuten hatte sich herausgestellt, dass sie eine alte Freundin von Kay war – ich hätte es mir eigentlich denken können – und mit ihrem Verlobten zusammenwohnte. Was für ein Abtörn. Sie besaß ein Auto, also hatte ich die beiden losgeschickt, um irgendwoher was zum Essen aufzutreiben. Eine Stunde später war Kay mit Käsebrötchen und Jack Daniel’s wieder da.
»Willst du mich verarschen, du Spast?«, maulte ich ihn an und legte mich in meine Koje.
Mit hungrigem Magen konnte ich natürlich nicht einschlafen, also keulte ich mir einen, in der Hoffnung, dass ich danach etwas entspannen konnte. In solchen Situationen frage ich mich immer, ob Jennifer Lopez sich das alles auch gefallen lassen würde. Um acht Uhr war ich wieder wach und lugte in den Gang – alles war ruhig. Ich holte mir eine Cola aus dem Kühlschrank, schlürfte runter zu Andi und chillte eine Weile auf dem Beifahrersitz. Ich nuckelte langsam an der eiskalten Glasflasche und schaute den wenigen Autos hinterher, die uns links überholten. Dann räumte ich noch den Müll weg, den die Jungs auf den Tischen hinterlassen hatten, und ging wieder schlafen. Zum Glück waren wir ja bald wieder in Berlin. Mir fehlte meine Stadt.
Am nächsten Tag nachmittags in Zürich: Tommy brachte mir einen Espresso und die 20 Minuten, ein Züricher Stadtmagazin. Ich blätterte es durch und fand folgende kleine Ankündigung: Rapper Bushido (28) wird heute im Züricher »X-Tra« spielen. Passend zur Location hat er vor der Anreise seine Extrawünsche angekündigt: Bushido will auf seiner Tour nur »Lasagne à la Bushido« essen. Er schreibt genau vor, welche Zutaten (200 Gramm Rindfleisch etc.) dafür verwendet werden sollen. Auch ein genaues Rezept hat er gleich mitgeschickt.
»Sind die behindert?«, rief ich in den Raum und warf die Zeitung in die Ecke. Die schrieben tatsächlich über Lasagne! Oh, Mann. Dabei gab es solche Anweisungen überhaupt nicht. Aber beim Gedanken an eine leckere Lasagne bekam ich Hunger. Der Club hatte im Erdgeschoss ein eigenes Restaurant, in dem für uns eine lange Tafel reserviert war. Wir liefen an den anderen Gästen vorbei, ich warf einen Blick auf deren Teller – das Essen sah gut aus – und bekam etwas bessere Laune. Vor jeder Tour sagte ich meinem Tourmanager, dass er budgetmäßig überall sparen könne, nur nicht am Essen. Gutes Essen gleich gute Laune. Irgendwie drang das nie so ganz zu ihm durch. Ich bestellte einen Burger mit Pommes, der natürlich wie lauwarme Füße schmeckte. Bitte nicht schon wieder! Meine Laune war auf dem Tiefpunkt. Ich schob meinen Teller zu Adieb rüber, der sich über eine extra Portion Fleisch freute, und überlegte mir schon, an wem ich meinen Frust loswerden konnte.
Nyze, der neben mir saß, erzählte, dass er mittags ein bisschen durch die Stadt gelaufen war und überall Schmuck- und Uhrengeschäfte gesehen hatte.
»Lass uns doch shoppen gehen!«, meinte er.
Ich grübelte kurz, aber warum eigentlich nicht?
»Tim, check mal, wie lange die Juwelierläden hier auf haben!«
Ich kramte aus den Hosentaschen mein Bargeld hervor und zählte die Scheine: »1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8000 Euro. Scheiße, das reicht nicht!«
Nach fünf Minuten kam Tim zurück: »Die Läden schließen in fünf Minuten.«
»Dann ruf jetzt sofort beim besten Juwelier
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