Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bushido

Bushido

Titel: Bushido Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Fuchs-Gamboeck , Georg Rackow
Vom Netzwerk:
erfolgreicher ist als Fler, könnte ich niemals als Mitredner akzeptieren. Von ihm würde ich nicht einmal einen Kommentar dulden. Auch nicht von einem Azad oder Kool Savas, die beide schon viel länger im Geschäft sind als ich. Und dann ging Fler tatsächlich an die Öffentlichkeit und wagte es, über mich zu reden. Damit hatte er für mich endgültig den Vogel abgeschossen. Ich habe dem Jungen in der Vergangenheit so oft den Arsch gerettet – privat wie beruflich –, dass er kein Recht hat, meinen Namen auch nur laut auszusprechen. Ich möchte gar nicht darüber reden, was ich alles für ihn getan habe – das geht nur Fler und mich etwas an –, aber der Junge sollte einfach mal lernen, Respekt zu haben.
    Es ist schon krass, dass Fler und Sido heute, nach allem, was passiert ist, so tun, als seien sie die besten Kumpels. Fler weiß auch ganz genau, wie Sido und die Aggros über ihn gedacht haben. Na ja, wenn er jetzt in seinen Texten rappt: »Bushido hat seine Seele für Geld an den Teufel verkauft«, dann entlockt mir das nur noch ein leichtes Schmunzeln. Nun wissen wir ja, wie sich die Geschichte wirklich abgespielt hat.

Eine Herde schwarzer Schafe
Mein Vater
    An meinem 26. Geburtstag fand ich eine Postkarte im Briefkasten. Fast hätte ich sie übersehen und weggeworfen, weil sie auf den ersten Blick so aussah wie ein billiger Werbeflyer. Auf der Rückseite stand nur ein kurzer Satz, der mich aber wie ein Pfeil mitten ins Herz traf: »Alles Gute zum Geburtstag, mein Sohn.« Darunter eine Telefonnummer. Zum ersten Mal nach über 20 Jahren hatte ich wieder direkten Kontakt zu meinem leiblichen Vater. Den Schock musste ich erst mal verkraften. Ich ging zurück in die Wohnung, setzte mich an den Küchentisch und schaute durch das kleine Fenster runter auf die Straße. So wie es meine Mutter früher immer machte, wenn sie darauf wartete, dass ich endlich von meinen Streifzügen nach Hause käme. Wieso schrieb er mir? Wieso jetzt? Wieso konnte er mich nicht einfach in Ruhe lassen?
    Viele meiner Freunde können nicht verstehen, warum ich meinen Vater so abgrundtief hasse. »Anis, halte Kontakt zu ihm. Egal, was er gemacht hat, er ist immer noch dein Vater«, sagen sie. Aber ich kann das nicht. Ich kann meinen Stolz und die bedingungslose Loyalität meiner Mutter gegenüber nicht so krass über Bord werfen. Es geht einfach nicht. Und verzeihen kann ich ihm erst recht nicht.
    Am nächsten Tag wählte ich die Nummer, die auf der Postkarte stand. Ich war schon ein bisschen aufgeregt und neugierig, aber als ich am anderen Ende der Leitung seine Stimme hörte, war meine Neugierde eigentlich schon befriedigt. Ich spürte, wie der Hass wieder in mir hochstieg. Schnell legte ich den Hörer zur Seite und atmete tief durch, um wieder runterzukommen.
    »Ich bin’s«, sagte ich kühl. Das Telefonat dauerte ganze zwei Minuten. Ich nannte ihn auch nicht Papa oder Vater und sprach ihn kein einziges Mal direkt an. Auf gar keinen Fall wollte ich, dass er den Eindruck gewinnen könnte, wir hätten außer dem Blut noch irgendetwas gemeinsam. Trotzdem musste ich ihn sehen. Wenigstens ein Mal.
    Zusammen mit D-Bo fuhr ich ein paar Tage später von Berlin nach Düsseldorf. Auf der ganzen Hinfahrt redeten wir fast kein Wort miteinander. Im CD-Player lief The Marshall Mathers LP von Eminem. Ganz ehrlich, wäre mein Vater nicht so ein erbärmlicher, kranker Mann, ich hätte ihm auf der Stelle eine gedonnert. Als er dann aber die Tür seiner schäbigen Bruchbude öffnete, erschrak ich regelrecht. Ich hatte ja keine Ahnung, wie er aussah, und plötzlich stand mir dieser kleine, dürre, humpelnde Mann gegenüber, der nichts war, außer ein Häufchen Elend. Man konnte ihm ansehen, dass er schon einige Schlaganfälle hinter sich hatte. Die linke Seite seines Körpers war fast komplett gelähmt. Oh, Mann.
    Das Schlimme ist, dass er diese Schlaganfälle und seine Gebrechlichkeit nur durch seinen Alkoholkonsum bekommen hat. Mein Vater war früher ein richtiger Hardcore-Alkoholiker. Er wurde dann in eine Therapieklinik eingewiesen, in der er ein Buch über seine Sucht und seine Probleme schreiben musste. Dieses Buch hat er mir übrigens nach dem Besuch mitgegeben, weil er wollte, dass ich es lese, um ihn und seine Beweggründe besser verstehen zu können.
    »Du hast meine Mutter, deine Frau, grün und blau geschlagen«, brüllte ich ihn wütend an. »Was interessieren mich deine behinderten Beweggründe?«
    Doch er bettelte nur, ich sollte ihn nicht

Weitere Kostenlose Bücher