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Butenschön

Butenschön

Titel: Butenschön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbisweiler
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Beraterbäuchlein an den Tischen vorbei, nickte freundlich entschuldigend, bis er sein Ziel erreicht hatte. Er warf ein Begrüßungslächeln in die Runde, klopfte mit den Fingerknöcheln auf den Tisch und rief: »Tachchen allerseits. Darf ich mich dazugesellen, Herr Koller?«
    Kurt, der sich bereits halb von seinem Platz erhoben und die Fäuste geballt hatte, ließ die Kinnlade fallen. »Du kennst den Typen?«, röchelte er. »So was kennst du?«
    »Michael Deininger.« Ich brachte kaum die Lippen auseinander. »Mein Auftraggeber.«
    »Genau«, grinste das Bärchen.
    Kurt plumpste auf seinen Stuhl zurück. Von dem Geräusch, das dabei entstand, wurden seine beiden Dackel wach und schossen unter dem Tisch hervor. Coppick schnappte nach Deiningers Schnürsenkeln, Hansen feuerte seinen Kompagnon aus sicherer Entfernung an. Und was tat der Mollige?
    Er beugte sich zu den beiden hinunter und rief: »Nein, wie süß! Das sind ja echte Kaninchenteckel. Und so sauber getrimmt! Ihr habt aber ein fürsorgliches Herrchen.«
    Auf diese Worte folgte Stille. Alle glotzten, alle schwiegen: Herbert, sein Cousin, Leander, ich, die vom Nachbarstisch, sogar Coppick und Hansen. Und erst Tischfußball-Kurt! Um seine Kinnlade noch mehr fallen zu lassen, hätte er sie schon aushängen müssen. Wortlos sah er zu, wie Deininger in die Knie ging, um seine neuen Freunde ausgiebig zu tätscheln. Schnauze, Ohren, Rücken   –   nichts blieb unliebkost. Dabei brabbelte er wie eine Mutter mit ihren Babys, lobte ihre gerade Haltung, die schönen dunklen Augen, die kräftigen Beißerchen. Coppick und Hansen gefiel das natürlich, sie waren schmelzendes Wachs in seinen Händen. Aber auch das grimmige Gesicht ihres Herrchens zerfloss zusehends.
    Endlich richtete sich der Neuankömmling wieder auf. »Von dem Fang bis zu der Rute: Glänzen muss der Hund, der gute!«, rezitierte er, während er sich seines Mantels entledigte. »Wem gehören die beiden Prachtexemplare?«
    »Ich«, antwortete Tischfußball-Kurt heiser. »Also mir.«
    »Glückwunsch. Über Rauhaardackel geht doch nichts, oder?«
    Kurt nickte mechanisch. Dann riss er sich zusammen, befahl den auf der Eckbank Sitzenden zu rücken und machte seinen eigenen Stuhl für Deininger frei. Jetzt war ich es, der die Kontrolle über seine Gesichtsmuskulatur verlor. Was wurde denn hier gespielt? Hilflos sah ich zu Herbert hinüber, doch der klammerte sich auch nur mit seiner einzigen Hand am Bier fest.
    »Züchten Sie?«, erkundigte sich Deininger.
    Kurt schüttelte den Kopf.
    »Wäre eine Überlegung. Bei diesen beiden Wonneproppen! Eine stramme kleine Lady dazu, und Sie mischen bald jede Teckelschau auf.«
    »Glauben Sie?« Der Stolz des Hundebesitzers ließ Kurt schier platzen. »Wollte sagen: glaubst du? Ich bin nämlich der Kurt.«
    »Angenehm. Michael.« Jetzt schüttelten sich die zwei auch noch die Hände!
    »Bier gibt’s da vorne«, warf ich ein, nur um auch mal was zu sagen.
    »Danke, gleich«, lächelte Deininger. »Ich habe Rauhaardackel eine Zeitlang gezüchtet. Waren tolle Viecher dabei. Einer hats sogar zum VDH-Champion gebracht.«
    »VDH-Champion«, echote Kurt ehrfürchtig.
    »Und dann hatte ich noch einen Langhaartigerteckel, ein Mädchen. Kurt, ich sage dir, das war die schönste Hündin im ganzen Odenwald! Schade, dass sie diese leichte Kuhhessigkeit hatte. Da war natürlich nix mit Preisen.«
    »Diese was?«, mischte sich Herberts fröhlicher Cousin ein. »Gehässigkeit?«
    »Kuhhessigkeit!«, brüllte ihn Kurt an, um gleich darauf, als ihm die Nationalität seines Gegenübers klar wurde, in milderem Ton hinzuzufügen: »X-Beine, klar? Das nennt man bei Hunden so: Kuhhessigkeit. Und das Gegenteil heißt Fassbeinigkeit.«
    »Zitierst du gerade die Liste bedrohter Wörter?«, giftete Herbert. »Außer euch beiden hat das noch keiner hier am Tisch gehört.« Mochte er giften; seinem Cousin hatte es die gute Laune nicht verhagelt, er prostete allen zu und stand anschließend auf, um dem neuen Gast etwas zu trinken zu besorgen.
    »Aus dem Odenwald stammt der Herr«, ließ sich nun Leander vernehmen. »Woher denn, wenn man fragen darf?«
    »Aus Schnakenbach«, antwortete Deininger. »Hübsches kleines Kaff. Wenn ihr mal einen netten Ausflug machen wollt   …   Jetzt am Wochenende feiern sie Kerwe. Mal sehen, vielleicht schaffe ich es, für einen halben Tag vorbeizuschauen.«
    »Hast du keine Dackel mehr?«, wollte Tischfußball-Kurt wissen. Er fürchtete wohl, wir könnten sein

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