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Butenschön

Butenschön

Titel: Butenschön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbisweiler
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fand sich nichts dergleichen in den Unterlagen. Dasselbe galt für die Initiative Pro Hendesse. Um in eine bestimmte Richtung zu weisen, waren die Begleitumstände des Anschlags zu unspezifisch.
    »Ein Bein haben sich Ihre Kollegen nicht gerade ausgerissen«, meinte ich, als Fischer zurückkehrte.
    »Das wäre auch ungesund. Wie stellen Sie sich das vor, Koller? Bei unserer Personallage müssen wir gewichten. Es gibt nun mal Straftaten, da kommen Sie innerhalb weniger Tage zu einem Ergebnis. Und es gibt andere, da können Sie Jahre mit Ermitteln und Befragen zubringen, ohne auch nur einen Hauch von Erfolg zu verzeichnen. Mit der Zeit bekommen Sie ein Gespür dafür. Die Kollegen haben sich völlig korrekt verhalten. Am Tatort wurde sehr sauber gearbeitet, und als sich keine relevanten Spuren fanden, war klar, dass die Aufklärungschancen in diesem Fall gleich Null sind.«
    »Keine Spuren? Trotz Hightech und allem?«
    »Hightech?« Fischer setzte sich wieder neben mich, dass die Couchkissen schwankten. In der Hand hielt er einen Apfel, dem bereits ein großes Stück fehlte. »Was meinen Sie damit? DNA-Spuren, Einsatz von Luminol? Der oder die Täter haben das Büro nicht betreten, und draußen lässt sich so nichts nachweisen. Das können Sie vergessen.«
    »Was ist mit der Tatwaffe?«
    »Ein ganz billig zusammengebastelter Molotow-Cocktail. Den baue ich Ihnen in fünf Minuten mit Zutaten aus der Küche nach. Hier, lesen Sie: eine Bierflasche mit Benzin füllen, verschließen, ein Sturmstreichholz drankleben   –   fertig.«
    »Man hat die Biersorte feststellen können. Immerhin.«
    »Dachsenfranz aus dem Kraichgau? Hören Sie auf, das steht sogar bei mir im Keller. Oder stand, keine Ahnung. Wie in tausend anderen Haushalten auch.«
    Natürlich, er hatte recht. Andererseits hatte Dieter, der Latzhosenmann aus Schnakenbach, gestern Nachmittag genau so einen Bierkasten aus dem Haus getragen, und die Schnakenbacher Jugend hatte sich darüber lustig gemacht. Zufall? Ich ging den Bericht der Spurensicherung durch. Eine Halbliterflasche Dachsenfranz mit Bügelverschluss. Wie vermutet hatte der Täter zunächst einen Stein in Evelyns Bürofenster geworfen und dann die Flasche mit dem brennenden Streichholz hinterhergeschickt. Beim Aufprall war sie zerbrochen, das austretende Benzin hatte sich sofort entzündet. Der Bericht enthielt außerdem Angaben darüber, wo der Täter gestanden haben musste   –   recht nahe am Fenster nämlich   –   und welche Spuren sich dort fanden: keine.
    »Viel ist das nicht«, nickte ich.
    »Nein«, erwiderte Fischer kauend. »Mit etwas Glück hätte man Zeugen auftun können, die eine oder mehrere flüchtende Personen gesehen haben. Aber wer ist dort hinten schon in der Dunkelheit unterwegs? Mit noch etwas mehr Glück hätten sich Gegenstände gefunden, die der Täter verloren hat. Was auch nicht der Fall war. Insofern sagt sich der erfahrene Polizist …«
    »Klappe zu, Affe tot.«
    Er zuckte die Achseln. »Ich würde es anders ausdrücken. Aber bitte, wie es Ihnen behagt. Waren das die Informationen, die Sie brauchten?«
    »Ein bisschen mehr habe ich mir schon erhofft. Klar, der Personalabbau, die Zeiten sind hart …«
    »Seien Sie doch froh, dass noch etwas für Sie übrigbleibt! Wenn wir alles aufklären würden, wären Sie arbeitslos. Wollen Sie einen Apfel?«
    »Danke, nein. Ich werde nicht arbeitslos, Herr Fischer, keine Angst. Irgendeinen Job habe ich noch immer gefunden. Wissen Sie, was gerade meine Aufgabe war? Ich wollte einen Nobelpreisträger beklauen und habe hundertjährige Kotze aufgewischt. Gegen Bezahlung! Was sagen Sie nun?«
    »Hundertjährige was?«
    »Auswurf, Übergebenes. Anverdaute mousse au chocolat. 80 Augenpaare glotzen, aber nur einer tut was: Kollers Max. So siehts aus, Herr Fischer.« Ich gähnte herzhaft. »Vielleicht hätten Sie statt des Apfels einen Apfelsaft im Haus? Es darf auch eine Schorle sein.«
    Nachdenklich ging der Kommissar hinaus. Ich streckte mich auf dem Trumm von Couch aus, schloss für ein paar Sekunden die Augen und wachte erst wieder auf, als ich Frau Fischers Stimme hörte. Da war die Sonne über der Südstadt bereits untergegangen.
    Die gute Kommissarsgattin schalt ihren Mann, weil er sich nicht besser um mich gekümmert hatte, freute sich, dass ich sie endlich wieder mal beehrte, und sorgte sich, weil ich so schlecht aussah. Diese Blässe! Die Ringe unter den Augen! Und dann diese Monsterbeule! Kaum fand sie aus ihrer Bestürzung

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