Butter bei die Fische: Ein Ostfriesen-Krimi (Piper Taschenbuch) (German Edition)
antworten.
»Nee, vormittags ist doch Schule.« Oma Inse kleckste ein bisschen Mayonnaise auf das Salatblatt, das sie Opa Bartel zum Salamibrot servierte. Sie machte das sehr liebevoll. Elias seufzte. Er bückte sich etwas und sah durch das Küchenfenster in den Hof. Dabei musste er an den Schatten denken, den er dort hatte vorbeihuschen sehen oder auch nicht, und er fragte Oma Inse: »Glauben Sie, dass ein buckliges Männlein sein Unwesen auf dem Hof treibt?«
Jetzt war es an Oma Inse zu seufzen. »Sie müssen nicht alles für bare Münze nehmen, was meine Bärbel erzählt. Das Mädchen hat vielleicht einen kleinen Verstand, dafür aber einen dicken Sack voll Phantasie. Ich hab ihr und Gitta früher immer das Lied vom buckligen Männlein vorgesungen, abends, zum Einschlafen. Da muss sie’s herhaben. Aber Märchengestalten verirren sich ja nicht ins richtige Leben, stimmt’s?«
Da hatte sie recht.
»Würden Sie Bärbel vor uns verstecken, wenn sie wieder nach Hause käme?«
»Aber sicher, sie ist doch meine Tochter«, sagte Oma Inse und lächelte, weil er überhaupt fragte. Dann wollte sie, dass Elias sich an den Küchentisch setzte und einen Schluck Tee trank.
Er hatte die Tasse betrachtet, während der Tee eingeschenkt wurde, und eine starke innere Stimme hatte ihm geboten, sich zu wehren. Er hasste dieses Gebräu ja immer noch aus tiefster Seele. Dagegen kam er nicht an. Und so beging er seinen dritten Fehler. Er drehte er sich wieder zum Fenster, um Zeit zu gewinnen oder um zu simulieren, dass er nichts gehört habe … was auch immer. Und da hatte er Bärbel aus ihrem Haus in den Hof treten sehen, in der einen Hand ein Drahtsieb, in der anderen einen Eimer. Wenn er den Tee einfach angenommen hätte, wäre sie ihm durchgeflutscht und läge jetzt nicht in der Pathologie. Er verfluchte sich wegen seiner Sturheit.
»Sie sind Polizist, Sie haben einfach Ihre Pflicht getan«, munterte Jens Jensen ihn auf. »Verkehrt war, dass Sie damals in Hannover in die Mülltonne gestiegen sind und die Luftballons …«
»Ja, ja«, murmelte Elias. »Bärbel muss auf dem Klo gewesen sein, als ich ihre Wohnung durchsuchte. Wir haben uns einfach verpasst.« Er war also losgerannt. Sein Eifer hatte sicher auch mit Heddas angebrochenem Daumen und seinen tagelangen Kopfschmerzen zu tun gehabt.
Bärbel war so in ihr Vorhaben vertieft gewesen, dass sie ihn gar nicht bemerkt hatte. Sie war gemächlich zum Bach hinübergelaufen, und er hatte ebenfalls sein Tempo verlangsamt. Statt sie zu packen – das war sein vierter Fehler gewesen –, stellte er sich hinter einen Baum und sah zu, wie sie Kaulquappen und Kröten aus dem Bach fischte.
»Warum?«, hakte Jens Jensen nach.
Weil sie ihm dann doch wieder leidgetan hatte, erzählte Elias. Hedda hätte sie nicht leidgetan und Ulf und Reinert auch nicht. Sie alle hätten besser reagiert. Keiner hätte gewartet, bis ihr Eimer voller Kröten war. Sie hätten sie am Arm gepackt und ihr Sprüchlein gesagt und den Eimer in den Bach getreten.
»Und Sie?«
»Bitte?«
»Ich meine, was ist dann passiert?«, wollte Jens Jensen wissen, während er ein neues Päckchen Taschentücher anbrach.
Elias blickte seinen Chef an. »Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht.«
» Ich weiß es nicht ist eine total beschissene Antwort, wenn ein Verdächtiger beim Zugriff stirbt«, schnauzte Harm ihn fünf Stunden später an. Sie hatten den Chef des K 1 schließlich doch noch erwischt, und zwar im Norderneyer Hafen auf der Sünnerklaas , wo er und Imogen sich gerade aufs Angenehmste miteinander vergnügt hatten, und daher stammte wohl auch der größte Teil seines Frustes. »Wisst ihr, wie wir dastehen?« Sein Blick ging wild in die Runde. Er hatte die ganze Mannschaft zusammengetrommelt, obwohl es schon weit nach Feierabend war.
»Ich krieg jedenfalls ’ne Klage reingesemmelt, weil ich metaphorisch danebengegriffen hab, als einer von den Zeitungsfatzkes nachgefragt hat, wofür ich ihn halte«, gähnte Olly.
»Weißt du, dass mich das gar nicht interessiert?«
»Nee, aber ich kann’s mir denken«, sagte Olly. Nachdem sie den ganzen Tag über Dampf abgelassen hatte, war sie zu müde zum Zanken.
»Jedenfalls erscheint morgen auch ein fairer Artikel zu unserer Arbeit«, erklärte Ulf. Als Parteimitglied und wegen seiner Tätigkeit als dritter Vorsitzender in einem Boßelverein hatte er einen direkten Draht zur Spitze der Lokalredaktion, und das spielte er aufs Eleganteste aus, wie er ihnen hochzufrieden
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