Butter bei die Fische: Ein Ostfriesen-Krimi (Piper Taschenbuch) (German Edition)
unterzukriechen, hatte er sich gleich auf den Weg nach Neermoor gemacht. Ohne sich einen Kollegen dazuzuholen, wie gesagt. Fehler Nummer eins.
»Na ja«, hustete Jens Jensen.
Elias hatte sein Auto geparkt und war an Sören van Dooms Abbruchhof vorbeigegangen, wobei er per Nase sondierte, ob etwa immer noch seuchenhygienisch bedenkliche Kadaver vor sich hin moderten, trotz des Verfahrens, das die Staatsanwaltschaft gegen Sören angestrengt hatte. Er hatte aber nichts gerochen. Neue Hunde hatte Sören sich auch nicht besorgt.
Dann war er stehen geblieben und hatte zum Gehöft von Franz Büttner hinübergeblickt, dem Kindergärtner mit der lockeren Einstellung zu Recht und Gesetz. Der Mann war zu Hause, obwohl es mitten in der Woche war. Vielleicht hatte er Urlaub genommen, oder der Kindergarten hatte Ferien oder so was. Er stand mit seiner Finanzbeamtin im Garten und schlug Pflöcke in die Erde, wobei die Frau ihn mithilfe eines Zollstocks hin und her scheuchte.
»Ist das wichtig?«, fragte Jens Jensen, dem der Fieberschweiß über die Stirn rann.
»Ja«, sagte Elias.
Er berichtete, wie er zum Hof der Familie Coordes gegangen war, während er darüber nachgedacht hatte, wo er sich an Bärbels Stelle verkrochen hätte, und zwar a) für den Fall, dass sie auch für die eigene Familie unsichtbar bleiben wollte, und b) für den Fall, dass die Familie mit ihr unter einer Decke steckte.
Im Fall a) waren das zunächst einmal die Nebengebäude. Elias hatte also eine alte Scheune durchkämmt, wobei er einen zerrissenen Schlafsack fand. Aber dem maß er keine Bedeutung bei, denn das Ding lag halb begraben unter Heu und war völlig verstaubt, und Elias erinnerte sich, dass Gitta gelegentlich Heu-Urlauber beherbergte. Anschließend war er in einen Schuppen gegangen, in dem der Traktor vor sich hin rostete, auf dem Opa Bartel früher über die Felder gerattert war. Danach kam der Hühnerstall an die Reihe. Dort hatte man ihn mit hysterischem Gegacker empfangen, was er aber nicht anders erwartet hatte. Dass er mit Federvieh nicht zurechtkam, wusste er ja.
»Sie haben ein Problem mit Hühnern?«
»Da fehlt mir das Talent«, gestand Elias.
Es blieben nur noch – für den Fall b), dass Bärbel nämlich in ihrer Familie Verbündete hatte – das Haupthaus und das Altenteilhäuschen von Oma Inse und Opa Bartel übrig. Elias hatte sich zunächst an das Haupthaus gehalten und war lautlos hineingeschlüpft.
»Warum haben Sie nicht angeklopft?«, fragte Jens Jensen befremdet.
»Weil ich mir inzwischen fast sicher war, dass die Familie mit Bärbel unter einer Decke steckte.«
»Klopfen müssen Sie aber trotzdem.«
»Ich weiß. Ich bin also durch das Haus geschlendert und hab gelegentlich nach Gitta gerufen.«
»Aber das in hörbarer Lautstärke?«
»Eher nicht.« Da Elias den Tod eines Menschen verschuldet hatte, hielt er sich nicht mit Ausflüchten in weniger wichtigen Angelegenheiten auf. »Gitta war aber nicht auffindbar und Bärbel auch nicht.«
»Hm«, machte Jens Jensen und hustete wieder.
Elias hatte sämtliche Räume durchsucht. Gitta hielt sich mittels eines elektrischen Laufbandes fit, hatte er festgestellt, als er ins Gästezimmer lugte. Außerdem war sie dort, wo keine Besucher hinkamen – also etwa in der Besenkammer – nicht besonders ordentlich. Da hingen die Spinnweben an der Decke. Ein Blick ins Wohnzimmerregal zeigte ihm, dass sie gern Thriller las, die in Irland spielten, und auf dem Bett im Schlafzimmer nächtigte ein fetter, abgegrabbelter Goofy.
»Vielleicht erwähnen Sie diese Details anderswo lieber nicht«, krächzte Jens Jensen, »wo Sie ja praktisch illegal in der Wohnung waren.«
Elias nickte. »Dann bin ich runter in Bärbels Wohnung, habe dort aber auch niemanden gefunden. Und schließlich bin ich zurück in den Hof und ums Haus herum zum Altenteilgebäude.« Doch da hatte er seinen zweiten Fehler schon begangen. Denn auf Bärbels Klo hatte er leider nicht nachgesehen, aus Respekt vor ihrer Privatsphäre oder so, was völlig blöd war, wo er doch eh schon überall rumschnüffelte.
Oma Inse hatte gerade das Frühstück für Opa Bartel gemacht, und Bartel selbst hatte noch geschlafen, die Hand um die Fernbedienung gekrallt. »Nö«, hatte Oma Inse gesagt, als er gefragt hatte, »von Bärbel hab ich nichts gesehen. Geht es Ihrer Kollegin inzwischen wieder besser?«
Man hatte sie offenbar über das Treiben ihrer Tochter informiert.
»Stromert Boris wieder rum?«, fragte Elias, ohne ihr zu
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