Butter bei die Fische: Ein Ostfriesen-Krimi (Piper Taschenbuch) (German Edition)
acht.« Harm drängelte sich an ihm vorbei, und sie kletterten die steile Treppe hinauf. »Was mag der Kleinen wohl wirklich passiert sein, Elias? Ich tippe immer noch auf Franz, weil der so was Schmieriges hat. Aber wie sollen wir den drankriegen? Hast du nicht irgendwas auf deinen verfluchten gelben Zetteln stehen, was uns weiterhelfen …? Ach, vergiss es.«
Sie standen an Deck und starrten auf das schwarze Wasser. »Ein paar Dinge gibt es, die lassen mir keine Ruhe«, sagte Elias. »Zum Beispiel das bucklige …« Er spürte förmlich, wie Harm neben ihm zusammenzuckte, und formulierte um: »Der kleine Boris hat gesehen, wie seine Schwester fortgeschafft wurde – und zwar leblos, vermute ich, denn ihre Beine schlenkerten ja von der Karre. Und ich tippe drauf, dass er auch gesehen hat, wer die Karre geschoben hat. Aber damit will er ja ums Verrecken nicht rausrücken. Und da frag ich mich: Warum schweigt er?«
»Scheiße«, sagte Harm.
»Und Bärbel reißt aus und verkriecht sich in der Eislaufhütte und bei der Patentante, und als sie mich sieht, läuft sie panisch weg. Da will man doch auch wissen, warum sie sich auf keinen Fall verhören lassen will. Was wollten Bärbel und Boris uns über das bucklige Männlein verschweigen? Was sollen wir auf keinen Fall erfahren?«
»O Mann«, seufzte Harm. »Nicht in diese Richtung. Nicht die Familie.«
»Es kann natürlich sein, dass Boris seine Mutter mit Steffi und der Karre beobachtet hat. Aber dann frag ich mich, warum er jetzt, nachdem sie tot ist, nicht mit der Wahrheit rausrückt.«
»Weil er sich für sie schämt«, sagte Harm. »Nur werden wir den Fall dann nie lösen können, es sei denn, wir setzen den Jungen schwer unter Druck.«
»Gitta kann er gut leiden. Wenn sie Steffi was angetan hätte, würde er ebenfalls lügen. Aber Gitta ist ja dermaßen traurig …«
»Gefühle können auch geheuchelt sein.«
»Nur ist Gitta nicht besonders gut im Heucheln«, meinte Elias. Er spuckte ins Wasser und sah zu, wie sich ein kleiner glitzernder Kreis bildete, der sich sofort wieder auflöste. »Für Oma Inse würde Boris sowieso lügen. Aber die hätte ihrer Enkeltochter nichts angetan. Das glaub ich einfach nicht. Die ist so allumfassend mütterlich …«
»Nicht sentimental werden, das trübt den polizeilichen Blick«, warnte Harm.
»Und der Opa kann nicht raus aus dem Bett – der ist also sowieso aus dem Schneider. Aber vielleicht hat er was gesehen. Und wenn er was gesehen hat, wen würde er schützen? Nicht Franz Büttner oder Sören van Doom, möchte ich meinen.«
»Der Opa kann doch gar nichts sagen, selbst wenn er was wüsste.«
»Ja, das auch noch. Alles kompliziert.«
»Aber du würdest dich auf die Familie konzentrieren?«
Elias spuckte erneut ins Wasser. Ihm war melancholisch zumute. Irgendwo ist Steffi, ganz real, hatte Gitta mal gesagt. Er hatte eine Ahnung, dass sich das Mädchen in tiefer, schwarzer Erde befand oder irgendwo im Schlamm eines Gewässers versunken war.
Als Elias am nächsten Morgen ins K 1 kam, lief ihm Koort-Eike entgegen und strahlte übers ganze Gesicht. Er und Sven hatten die Nacht über am Computer getüftelt, und schließlich hatten sie …
»Nein, keine scheußlichen Bilder«, sagte Harm, der Elias eilig in den Ermittlungsraum schob. »Aber sie haben einige interessante Fakten aus Franz’ Vergangenheit aufgedeckt.«
Elias blieb abrupt stehen, als er die riesige Meute sah, die sich im Konferenzzimmer versammelt hatte. O Mann! Da war sie, die Verstärkung aus Osnabrück und Aurich und wo sie alle herkamen. Nette Leute, ohne Zweifel, aber das Zimmer wirkte plötzlich eng, und die Luft wurde schon jetzt knapp.
Olly, die dieses Mal vor ihm gekommen war, blickte wie ein Terrier, der von einem Rudel Katzen eingekreist worden ist. Sie tat sich schwer mit fremden Menschen, das wusste man ja. Neben ihr saß ein Mann, der ebenfalls nach Zuschnappen aussah, nur dass es bei ihm wirkte, als habe er Spaß am Beißen.
Harm schloss die Tür und gab zunächst einmal einen Überblick für die Neuen. Er erzählte, wie Steffi verschwunden war, wie man die Karre gefunden und was man untersucht hatte und dass man auch einen Blick in die Biogasanlage in Wiefelstede geworfen habe. Und am Ende sei man bei Franz Büttner gelandet.
»Es ist nicht ungewöhnlich, dass ein Mann als Erzieher arbeitet«, warf Olly ein. Ihr nettes Pferdegesicht strahlte grimmigen Widerstand aus.
»Genau«, sagte Harm. »Und nun hören wir uns erst mal an, was
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