Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Butter, Brot und Laeusespray

Butter, Brot und Laeusespray

Titel: Butter, Brot und Laeusespray Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wigald Boning
Vom Netzwerk:
Gerade für uns Deutsche ist es die Grundlage einer gesunden Ernährung. Gewiss, man kann statt Brot auch «Brat» lesen; Pedanten werden ob der durchhängenden Brücke zwischen o und t sogar darauf bestehen, dass der Schreiber die Pfanne im Kopf hatte, nicht die Mühle. Gegenargument: Ein «Brat» gibt es gar nicht, außer mit Umlautpünktchen, dann heißt es «Brät», oder als Vorsilbe, dann würden die beiden ersten Zeilen zusammengehören, sodass der Verfasser es auf «Bratkese» abgesehen hat. Ist Halloumi gemeint? Dieser Grillkäse aus Zypern? Nein. Brot ist richtig. Chncken wiederum klingt nach Sprachfehler bzw. nach defekten Schneidezähnen. Spontan denke ich an einen Eishockeyspieler oder Boxer, beides Sportler, deren Leibesertüchtigung durchaus mit dem Verlust der vorderen Beißerchen einhergehen kann.
    Ich feierte Anfang der 90er, als ich noch keine eigenen Kinder hatte, Weihnachten mehrfach in einer Münchner Eishockeyspieler-WG und weiß daher, wovon ich rede. Die kernigen Sportkameraden, die alle ihren Zenit als Profi bereits überschritten hatten, machten sich einen Jux daraus, ihre Gebisse gleichzeitig zum Zahntechniker in die jährliche Inspektion zu bringen, und so saßen ausnahmslos zahnlose Enddreißiger unterm Baum und schlürften Brühe. Chncken muss übrigens nicht unbedingt «Schinken» bedeuten; vielleicht handelt es sich auch um Schnecken? Die delikaten Gastropoden sind weit weniger bissfest als Schinken und lassen sich zur Not auch ohne Zähne verputzen. Unter diesem Gesichtspunkt ist allerdings «Bratkese» weit plausibler als «Brot». Ich erlaube mir hiermit eine diesbezügliche Korrektur: Es muss doch Bratkese heißen, nicht Brot, denn Bratkese und Schnecken sind die ideale Grundlage einer gesunden Ernährung schlagkräftiger Sportler.

48

    Auch hier: spontanes Stirnrunzeln. «Animonda» dürfte Tierfutter sein, Spezialist für so wunderbare Produktbezeichnungen wie «Integra Protect Niere» oder «GranCarno Junior Fleisch Pur». Bei «Kitti» sage ich natürlich sofort «Hello!». Das ist dann wohl der Name des Schleichjägers, der da gefüttert werden will. Mit einem «Schwan»? Gibt es den Geschmackstyp «Schwan» denn überhaupt im Sortiment von Animonda? Die Kurzvisite auf der Firmenwebsite verrät: Nein, Schwan ist aus. Es folgt   … hm   … tja   … «Almette» vielleicht? Und ganz unten «Mozzarella»? Vielleicht bin ich auch auf völlig falscher Fährte unterwegs. Also noch mal von vorne. Ich nehme vorsichtshalber meinen Weltatlas zu Hilfe, der hat ein irre umfangreiches Register, das in solchen Fällen sehr praktisch ist.
    Also: Anihovka ist eine Kleinstadt in Russland, mittlerer Ural, etwa hundert Kilometer von Magnitogorsk entfernt. Kilifi ist eine kenianische Küstenstadt, auf halbem Wege zwischen Malindi und Mombasa. «Schwan» könnte natürlich auch «Schwerin» bedeuten   … grübelgrübel   … ah! Jetzt weiß ich es: Dies ist der Einkaufszettel eines internationalen Immobilienmaklers. «Bl gr. mit» = mit großem Balkon, natürlich! «Mozaraber» wiederum ist eine Bezeichnung für Christen, die im Mittelalter unter moslemischer Herrschaft in Spanien lebten. Nach ihnen ist der mozarabische Baustil benannt, eine um maurische Elemente bereicherte Variante der westgotischen Architektur. Scheint so, als habe der Makler es mit einer hochspezialisierten, äußerst anspruchsvollen Kundschaft zu tun.

49

    Krickelkrackel à gogo; Schönschrift geht anders. Zettel wie dieser sind eher selten, was sich mit der graphologischen Grundregel deckt, die besagt, dass die typische Arztschrift vor allem verwendet wird, wenn das Schriftstück von anderen gelesen, aber nicht entziffert werden soll. Unleserlichkeit ist nämlich ein Statement: Ich zeige dem Leser, was ich von ihm halte, positioniere mich oberhalb, gehe nicht auf ihn zu, sondern rücke von ihm ab. Der Schmierfink befürchtet, wenn nicht durchschaut, so doch für uninteressant gehalten zu werden.
    Trompetengott Miles Davis zeigte dem Publikum bei Konzerten am liebsten seinen Rücken; ein ähnliches Muster liegt der Unleserlichkeit zugrunde, allerdings eher unbewusst. Der Einkaufszettel ist aber ja in der Regel eine Mitteilung an sich selbst; wer hierbei schmiert, sagt somit dem eigenen Ich: «Los, du Knallkopp, beiß dir an mir die Zähne aus. Gar nicht so leicht zu entziffern, was? Kein Wunder, denn du bist schwer von capé, und ich bin ein toller Hecht.»
    Dass unleserliche Einkaufszettel vor diesem Hintergrund

Weitere Kostenlose Bücher