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Butter, Brot und Laeusespray

Butter, Brot und Laeusespray

Titel: Butter, Brot und Laeusespray Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wigald Boning
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ja immer gesagt: Dieses Internet wird weithin überschätzt, setzt sich nicht durch, jede Wette. Zurück zum Thema: Tatsächlich genutzt wird die Bezeichnung «Rundstück», nur echt mit shantyhaft gerolltem r sowie s/​t-Trennung à la Helmut Schmidt. Ich erlaube mir in diesem Zusammenhang, den Fachbegriff «Brötchen-Indikator» oder, ähnlich griffig, «Brötchen-Kompass» in die Fachsprache der Einkaufszettel-Analyse einzuführen. Alternative Herkunftsindikatoren sind der «Berliner» . (Krapfen im Süden, Pfannkuchen im Osten) sowie die Karotte (Gelbe Rübe im Süden, Mohrrübe und Möhre im Osten, Wurzel im Norden bzw. Wuddel auf Plattdeutsch).

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    Diesen Zettel habe ich aus meiner Heimatstadt mitgebracht. Eigentlich bin ich ja in Wildeshausen geboren, das im Mittelalter «Wigaldinghus» hieß, also «das Haus des Wigald», und weil mein Vater so ein begeisterter Heimatkundler und seine Liebe zu seiner Vaterstadt heiß und innig ist, verpasste er seinem Sohn den wildeshauserischsten Namen, den es gibt. Eigentlich. Aber: Kindheit und Jugend habe ich nicht in meinem Geburtsort, sondern im nahen Oldenburg verbracht, und der Connaisseur weiß natürlich sogleich, was an diesem Zettel so unübertroffen oldenburgisch ist: der Grünkohl. Kassler, Kasslerbauch, Pinkel, Kochwürste, Hafergrütze, außerdem reichlich Bier und Korn aus dem Eierbecher am Halsband – viel mehr braucht der Oldenburger nicht, um satt und glücklich zu sein. Bei diesem Zettel handelt es sich um einen Winterfund, denn der Grünkohl, den seine Fans auch die «Oldenburger Palme» nennen, erlangt seine Erntereife nach dem ersten Frost, und im Verlaufe eines Winters unternimmt jeder Oldenburger mindestens drei Kohlfahrten: eine mit dem Verein, eine mit der Familie und eine mit der Firma, in der er arbeitet – zumindest habe ich dies in meiner Kindheit so gelernt. Ob das immer noch so ist, da ja die klassische Familie immer seltener wird, die Firmen alles Mögliche outsourcen und das Vereinsleben weitgehend durch irgendwelche Facebook-Gruppen ersetzt ist, weiß ich nicht.
    Eine flotte Farbe hat er auch, dieser Zettel. Ein astreines Siebziger-Orange, beliebte Fliesen- und Flokati-Farbe, damals, als ich in Oldenburg meine Schullaufbahn absolvierte. Die DAG übrigens, die «Deutsche Angestellten-Gewerkschaft», ging 2001 in der Dienstleistungsgesellschaft Ver.di auf. Den Zettel angelte ich wiederum erst kürzlich aus einem Hängemülleimer am Einkaufszentrum Alter Postweg in Oldenburg-Kreyenbrück. Scheint so, als hätte sich dieser Notizblock, Verlierer des Konzentrationsprozesses im Gewerkschaftswesen, längere Zeit ohne feste Beschäftigung durchgeschlagen, quasi dauerarbeitslos, ehe er an seinen Minijob als Einkaufszettel kam.

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    Festhalten, Trommelwirbel, Fanfarensignal – wir kommen nun zu einem der absoluten Highlights in meiner Sammlung. Auch bei diesem Zettel ist das Leitmotiv die landsmannschaftliche Zugehörigkeit der Verfasserin. Betrachten wir das Werk, so registrieren wir neben einer Handschrift von anno dunnemal mehrere orthographische Eigentümlichkeiten: «Kaffe», «Milh», «Zuker» und «Melisengeißt». Schon diese Häufung lässt uns stutzen; für viele Angehörige der Flakhelfergeneration ist Rechtschreibung eine Frage der Ehre. Nachdem ich den Zettel im Netto-Markt am Ortseingang der Gemeinde Lechbruck aus einem Einkaufswagen gefischt und das Fehlerrätsel begutachtet hatte, fraß sich mein Blick am Melisengeißt-ß fest, ein ß, das ich in dieser Form noch nie gesehen hatte, außer in Faksimileausgaben sehr alter Handschriften, Godsched, Goethe, Gebrüder Grimm, irgendwas in der Art. Fürwahr mysteriös. Ratlos hob ich den Blick, ließ ihn vom Wagenpark neben der Brottheke durch die Automatik-Schiebetür über den Parkplatz und die Schongauer Straße hinweggleiten, erfasste das mehrstöckige Großgebäude auf der anderen Straßenseite und entdeckte auf der Fassade den Schriftzug «Siebenbürgerheim». Können Sie sich vorstellen, wie heiß es mich hieraufhin durchflutete?Ganz schummrig wurde mir vor Glück! Heureka, «Siebenbürgerheim», ja was denn sonst, welch sinnige Fügung, des Pudels Kern, er bellt dem Fass die Krone ins Gesicht, die Wahrheit tritt aus dunkler Nacht ans Licht, und ich, das Dokument in meiner Hand, erkenn des Glückes Unterpfand! Puh, der Bienenstich hinter der Spuckschutzverglasung, der Cappuccino-Automat, die Bistrotische, der Wagenpark: Alles drehte sich; wo war oben, wo war unten!? Ganz

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