Butterblumenträume - Rath, C: Butterblumenträume
niemanden.
*
Durch mein selbst auferlegtes Beschäftigungsprogramm vergeht die Woche zum Glück wie im Flug. Trotzdem vermisse ich Nini ganz schrecklich und frage mich, wie es sein wird, wenn sie eines Tages ausziehen wird. Leon hat wie immer viel um die Ohren. In den Weinreben stehen umfangreiche Laubauslichtungsmaßnahmen an, damit die Trauben mehr Sonnenlicht bekommen. Außerdem müssen einige Weinfeste und Weinmessen geplant werden. Doch wir telefonieren täglich, und Leon erklärt mir jedes Mal, er vermisse mich und freue sich sehr auf das Seal-Konzert auf der Insel Mainau am kommenden Samstag. Ich soll bereits am Nachmittag auf das Weingut kommen, denn er habe eine Überraschung für mich.
Eigentlich passt mir das gar nicht. Am Samstag kehrt Nini von ihrer Klassenreise zurück, und am Abend steigt die große Sommerparty bei den Koflers, da wäre ich gerne zu Hause gewesen, um ihr ein wenig Mut zu machen. Anscheinend ist das aber gar nicht nötig, denn als ich ihr das am Telefon sage, lacht sie mich aus.
»Ach, Mami, natürlich gehst du zu Leon. Das ist dein Geburtstagsgeschenk, und da gehört die Überraschung doch dazu. Verdirb ihm jetzt bloß nicht die Freude … Ich bin sowieso nur kurz daheim, um mich umzuziehen. Das heißt, falls wir überhaupt pünktlich zurück sind. Und dann holt Marcus mich ab, und wir fahren zu der Party. Also geh nur. Du hast sicher nichts dagegen, wenn ich bei Marcus bleibe, oder? Sonst muss er mich mitten in der Nacht nach Hause fahren und darf keinen Tropfen trinken.«
Nein, natürlich habe ich nichts dagegen. Also werden wir uns wohl erst am Sonntag sehen, wollen aber auf jeden Fall am Samstagabend noch telefonieren. Schließlich muss ich wissen, ob sie wieder gut in Überlingen gelandet ist. Man hört ja immer so viel von Busunglücken.
Am Samstagnachmittag treffe ich pünktlich zur verabredeten Zeit auf dem Weingut ein. Im Gepäck habe ich mein neues grünes Kleid und die passenden Ohrringe, die Nini mir zum Geburtstag geschenkt hat. Außerdem ein Paar bronzefarbene Sandalen mit nicht allzu hohen Absätzen, damit wir auf der Insel Mainau gut laufen können, und meine weiße Jeansjacke. Leon ist noch im Büro, aber Katharina steht in einem fliederfarbenen Leinenkleid vor dem Haus und schneidet Duftrosen. Ich muss an Emily denken und wie sie aus den Rosen so wunderbare Gestecke gezaubert hat. Ist das wirklich erst eine Woche her? So viel hat sich in meinem Leben seitdem verändert … Katharina ist bemüht, ein Gespräch mit mir zu beginnen.
»Leon und Anouk müssen noch einige Details über das Weinfest in Hagnau besprechen«, sagt sie so nebenbei. »Anouk hat ein paar gute Ideen, wie wir uns auf der Weinmesse in Düsseldorf präsentieren können. Das hat sie sicher zu Hause gelernt. Weißt du, Anouks Familie hat ein schönes Weingut im Burgund.«
Aha. Die Gute ist nicht nur hübsch, sondern auch noch begütert.
»Warum arbeitet sie dann hier?«, erlaube ich mir die Frage.
»Um ihre Kenntnisse zu erweitern. Und sie kam gerade zur rechten Zeit. Leon und Robert können die ganze Arbeit wirklich nicht mehr alleine bewältigen.« Und dabei sieht sie mich vorwurfsvoll an.
»Ist Emily zu Hause?«, frage ich, weil ich keine Lust auf weitere Lobeshymnen über Anouk habe.
»Ja, ich glaube, sie ist oben«, sagt Katharina und widmet sich wieder ihren Rosen.
Als ich in Emilys Zimmer komme, sitzt sie mit dem Rücken zur Tür an einem großen Tisch … An einer Nähmaschine?
»Hi!«, rufe ich ihr fröhlich zu, damit sie nicht erschrickt, wenn ich auf einmal hinter ihr stehe.
»Oh, hallo, Maja, ich hab dich gar nicht kommen hören.« Auf dem Tisch liegen ein paar Meter von demselben tollen türkisfarbenen Stoff, aus dem auch die Kissen sind. »Na, mal wieder auf Besuch bei meinem Bruderherz?«, fragt sie freundlich, steht auf und umarmt mich kurz. Seit unserem gemeinsamen Rosen-Dekorieren ist sie so ganz anders zu mir, und ich freue mich über die herzliche Begrüßung.
»Was machst du Schönes?«, frage ich sie. »Das sieht ja toll aus.«
»Ach, nichts Besonderes. Ich will mir nur ein paar Schals für die Fenster nähen. Sahen so nackt aus, und ich hatte noch etwas Stoff über.«
»Soll das heißen, du hast auch die Kissen selbst gemacht?«, frage ich ungläubig.
»Ja, klar. Das ist doch nicht schwer.« Sie lacht und bietet mir einen Platz an. Das ist jedoch nicht so leicht, weil überall ein bisschen was herumliegt. Wie angenehm, wo doch unten und auch bei Leon
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