Butterblumenträume - Rath, C: Butterblumenträume
weiterführt, in dem prachtvollen Barockschloss im oberen Teil der Insel. Direkt davor soll heute Abend das Konzert mit Seal stattfinden, auf das ich mich schon sehr freue. Wir schlendern durch den italienischen Rosengarten vor dem Schloss und machen noch einen Abstecher ins Palmenhaus mit den vielen traumhaft schönen Orchideen. Da wir viel zu früh hier sind, werfen wir auch noch einen Blick ins Schmetterlingshaus, in dem tropisches Klima herrscht und die schönsten Schmetterlinge frei herumfliegen. Puuh, hier ist es so warm, jetzt hätte ich doch lieber ein Kleid an. Daher gehen wir schnell wieder hinaus und holen uns etwas Kaltes zu trinken. Leon erzählt von der Arbeit und seinen Ideen für die Weinmesse Provino und bittet mich, ihn im August nach Düsseldorf zu begleiten. Begeistert sage ich zu und will gerade von Herrn Aschenbrenner erzählen und dass er mich gefeuert hat, als die Vorgruppe bereits zu spielen beginnt. Es ist eine bekannte Rockgruppe aus der Region namens Runlet, und mich hält nichts mehr auf der Parkbank. Rock ist nicht unbedingt Leons Musikgeschmack, und ich ahne, dass er lieber sitzen bleiben würde, doch ich ziehe ihn einfach hoch, und wir gehen zum Schlosshof. Hier steht die Bühne, und die Atmosphäre ist einzigartig. Erwartungsgemäß haben sich viele Hundert Menschen eingefunden, und wir suchen ein gutes Plätzchen, von dem aus man einen perfekten Blick zur Bühne hat. Die Vorgruppe ist mitreißend, der Sänger hat eine fantastische Stimme und kann wirklich mit den Vorbildern Metallica, Nirvana und Guns’n Roses mithalten. Als endlich Seal die Bühne betritt, tobt die Menge. Inzwischen ist es dunkel geworden, und die Stimmung könnte nicht romantischer sein. Bei den langsamen Schmusesongs kuschle ich mich an Leon und singe bei Liedern wie ›Crazy‹ laut mit. Viel zu schnell ist das Konzert vorbei, und ich würde den romantischen Abend am liebsten mit einem Glas Wein auf einer der schönen Parkbänke inmitten von Rosen ausklingen lassen, doch Leon hat am Weinstand Bekannte aus dem Golfclub entdeckt. Leider drehen sich die Gespräche mal wieder um Golf und das Geschäft, und ich merke, dass mich das lange Stehen heute Abend müde gemacht hat. Verstohlen blicke ich auf mein Handy und entdecke eine neue SMS von Nini.
›Wow, Mami, die Kleider hier solltest du sehen. Vermiss dich, wär schön, wenn du da wärst. Kuss Nini.‹
Zum Glück kann ich Leon überreden, nicht mehr allzu lange zu bleiben, obwohl er schon wieder in seinem Fahrwasser ist und über seine tollen Reben und Geschäfte spricht. Als wir in meiner Wohnung ankommen, sind wir beide ganz schön müde und fallen nur noch ins Bett. Während mir schon fast die Augen zufallen, fällt mir ein, dass ich ihm immer noch nicht erzählt habe, dass ich keinen Job mehr habe. Aber irgendetwas hält mich davon ab. Ob es Angst davor ist, er könnte mich bitten, zu ihm zu ziehen?
*
Der nächste Morgen ist schön und sonnig, und wir genießen eine Tasse Kaffee zusammen, bevor Leon wieder zurück muss. Als Selbstständiger hat er natürlich nicht automatisch am Wochenende frei – so wie ich. Was heißt, so wie ich? Ich habe ja jetzt immer frei. Das weiß er nur nicht, genauso wenig wie Nini übrigens …
Als ich Leon zur Tür begleite, fühle ich mich furchtbar mies. Leon hat sich so viel Mühe gegeben, mir gestern einen schönen Tag zu bieten …, und was tue ich? Ich fühle mich in dem superedlen Modehaus schrecklich, bin genervt von seiner Familie, ziehe notgedrungen sein Geschenk, immerhin 200-Euro-Jeans, an … und bin ihm gegenüber unaufrichtig. Er wünscht mir einen schönen Sonntag und einen guten Start in die Woche und küsst mich noch einmal zärtlich. Jetzt wäre eine gute Gelegenheit zu sagen, dass ich morgen gar nicht zur Arbeit muss, aber er ist schon unten an der Treppe angekommen. Was ist nur los mit mir? Am liebsten würde ich ihm hinterherrennen … Und das tue ich jetzt auch. Barfuß und in meinem uralten Seidenkimono, den ich mal von Eva von einer Asienreise mitgebracht bekam, noch bevor diese verheiratet war. Aber ich sehe nur noch den schwarzen Porsche um die Ecke biegen. Verflixt. Jetzt fühle ich mich noch mieser. Ich habe die Gelegenheit verstreichen lassen, Leon über meine Situation im Büro reinen Wein einzuschenken. Trotz des witzigen Wortspiels bade ich in Selbstmitleid, als Nini um die Mittagszeit nach Hause kommt. Sie hat immer noch das hübsche Kleid an, das wir zusammen in Konstanz gekauft
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