Butterblumenträume - Rath, C: Butterblumenträume
weiß aber schon, dass Nini dein Leben ist, oder?«, fragt sie empört.
»Ja, klar. Und darum will er ja nur das Beste für sie. Weißt du, wenn man das Abi auf Schloss Salem macht, dann hat man die besten Voraussetzungen später …, und sie ist immerhin schon 17.« Während ich das alles so dahinsage, merke ich auf einmal, dass ich im Grunde auch mich selbst überzeugen will.
»Hm«, antwortet Eva darauf nur.
»Das musst du selbst wissen, aber überleg es dir gut. Nini aus der Schule zu nehmen und selbst auf das Weingut zu ziehen, ist wirklich eine tief einschneidende Veränderung in euer beider Leben. Und diese Entscheidung solltest du nicht treffen, weil du gerade arbeitslos geworden bist. Überleg es dir gut. Wenn du Leon so sehr liebst, dass du dir vorstellen kannst, mit ihm bis ans Ende eurer Tage gemeinsam glücklich zu sein, kannst du es wagen, egal, wie seine Familie ist. Wenn die Liebe groß genug ist, übersteht sie alles. Wenn du aber den leisesten Zweifel hast, dann lass es.«
»Wenn die Liebe groß genug ist«, wiederhole ich ihre Worte …
»Wie ist das mit dir? Wie groß ist die Liebe zu Tim? Groß genug, ihm zu verzeihen?«
Darauf weiß sie keine Antwort.
»Natürlich liebe ich Tim immer noch, das kann man nicht von heute auf morgen auslöschen. Aber er hat mich einfach sehr verletzt, indem er Kontakte zu anderen Frauen gesucht und aufgebaut hat. Weißt du, ob ich ihm irgendwann verzeihen kann oder ob ich vielleicht mein eigenes Leben aufbauen soll, darüber mache ich mir im Moment keine Gedanken. Ich bin immer noch viiiiel zu wütend auf ihn. Aber stell dir vor …«, sie fängt an zu kichern, »ich hab was ganz Verrücktes getan. Ich wollte ihm auch mal ein Rätsel aufgeben, und da hab ich online einen Blumenstrauß bestellt, an mich schicken lassen, natürlich nach Hause, und eine Karte dazu, auf der stand: ›Liebe Eva, es ist so schön, dass wir uns kennengelernt haben. Leider muss ich geschäftlich für ein paar Wochen nach Hong Kong. Aber ich freue mich schon auf unser Wiedersehen. Bis dahin pass gut auf dich auf. Liebe Grüße Martin‹.«
»Das hast du nicht getan!«
»O doch. Das war echt super. Und so ein schöner Blumenstrauß, richtig edel. So was hätte Tim mir nie geschickt.«
»Martin? Wie kommst du denn darauf?«
»Ach, irgendwas musste ich mir ja einfallen lassen. Und Tim hat natürlich gleich gefragt, wer denn dieser Martin sei. Und ich hab ihm gesagt, ich hätte Martin kennengelernt, als ich seiner Schwester die Haare gemacht habe. Wir wären uns gleich sympathisch gewesen und so weiter …, aber alles natürlich rein freundschaftlich. Ich wollte Tim einfach auch mal wehtun, so wie er mir. Und jetzt ist er eifersüchtig und fragt immer: ›Na, triffst du dich heute mit Martin?‹ Oder: ›Ist Martin jetzt wieder zurück?‹ Mir tut das echt gut. Ach, Süße. Ich glaube, wir beide, du und ich, brauchen Zeit, uns über unsere Männer klar zu werden. Du hast die doch jetzt. Denk in Ruhe über alles nach. Niemand drängt dich. Versuch herauszufinden, was dich glücklich macht.«
Ja, wenn ich das nur wüsste.
*
Was mich wirklich glücklich macht, ist auf jeden Fall die ›Butterblume‹. Da ich sonst nicht viel mit meiner Zeit anzufangen weiß, fahre ich in dieser Woche mehrmals zufällig dort vorbei. Nur Christian ist nie da. Wahrscheinlich geht er mir aus dem Weg, damit ich ihn nicht noch einmal wegen meiner ›Miet-Idee‹ ansprechen kann. Dafür treffe ich hin und wieder Frieda und trinke ostfriesischen Tee bei ihr, der bei dem wechselhaften und kühlen Wetter noch besser schmeckt. Sie freut sich jedes Mal sehr über meinen Besuch, denn sonst kommen hier nicht so viele Leute vorbei und sie hat ja keine Familie. Bei unseren Gesprächen kommen wir auf alles Mögliche, und natürlich weiß sie längst, was geschehen ist. Schon als ich das erste Mal diese Woche bei ihr war, fragte sie mich, ob wir uns nicht duzen wollten. Meinen ›Butterblumentraum‹ kennt sie ja schon, und auch von Leon habe ich erzählt. Also weiß sie genau, wie ich mich fühle und dass ich nicht weiß, wie es weitergehen soll.
»Wenn es so weit ist, wirst du es genau wissen, glaub mir«, tröstet sie mich. »Manchmal steht man an einer Kreuzung und weiß nicht, welchen Weg man einschlagen soll.« Wir sitzen heute drinnen in ihrem gemütlichen Wohnzimmer und trinken Tee an einem kleinen Teetisch, den sie aus Ostfriesland mitgebracht hat. »Man hat keine Ahnung, welches der richtige Weg sein
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