Butterblumenträume - Rath, C: Butterblumenträume
Römfeld-Damen, Leon und allen arroganten Singer-Verkäuferinnen.
»Also, ich weiß nicht …«, sage ich, als ich es endlich wage und herauskomme.
Leon schüttelt den Kopf. Na, immerhin. Wenn es auch ein wenig demütigend ist, in sein missbilligendes Gesicht zu sehen.
Susann streckt mir ein orangefarbenes Kleid von Hervé Leger in die Kabine, gerade, als ich in Unterwäsche versuche, den Bauch einzuziehen. Warum habe ich nicht figurformende Wäsche an, dann wäre es nicht ganz so blamabel.
Frau Singer versucht es noch mit einem cremefarbenen, hautengen Kleid von Chloe, und danach, nachdem sie lauthals verkündet: »Also, ein Kleid ist wohl nichts für sie, sie hat ja oben mehr wie unten, bei solchen Problemfiguren ist es vielleicht besser, auf einen Rock mit Bluse auszuweichen …«, hängt sie mir diverse andere Kleidungsstücke in die Kabine.
Ich sitze verzweifelt auf dem Hocker und habe überhaupt keine Lust mehr, irgendetwas anzuprobieren. Ich kann mir gut vorstellen, wie Susann jetzt feixt, weil sie zwischen mehreren Teilen in Größe 34 wählen kann. Am liebsten würde ich mir ein Polohemd und Jeans bringen lassen, da bestünde eine reelle Chance, dass sie passen. Als Leon in die Kabine schaut, um nachzusehen, wo ich so lange bleibe, sage ich ihm das. Er sieht mich vorwurfsvoll an, verschwindet dann aber, um Frau Singer meine Idee mitzuteilen. Ja, da sitze ich hier im schönsten und teuersten Laden der Stadt, darf mir etwas aussuchen und finde nichts . Noch nie im Leben habe ich mich derart mies und undankbar gefühlt. Da fällt mir ein, was Frieda erst gestern zu mir gesagt hat. Ich soll mich wie eine Königin fühlen, wenn ich einen König haben will, und nicht wie ein Bettler auftreten oder so ähnlich. Recht hat sie. Ich atme tief durch, straffe die Schultern und verlasse die Kabine mit einem Arm voller nicht anprobierter Kleidungsstücke.
»Also, das ist alles nicht mein Stil«, verkünde ich selbstbewusst. »Ich würde mich gerne selbst ein wenig umschauen.« Und mit diesen Worten drücke ich Frau Singer die Sachen in die Hand. Viel Spaß beim Aufhängen. Schon fühle ich mich viel besser. Beim Stöbern durch die Kleiderständer entdecke ich eine zauberhafte weiße Bluse mit Rüschen von Gant und tolle Jeans von Seven for all Mankind, die ich mir selbst nie leisten könnte. Ab in die Kabine damit.
*
Leon ist froh, dass er mir eine Freude machen konnte. Und ich erst. Das war richtig anstrengend. Katharina hat sich einen Kaschmirpulli von Ftc Cashmere gegönnt und Susann tatsächlich das Sackkleid von Strenesse. Ich hätte sie ja gern davon abgehalten, aber da ich in ihren Augen in keinster Weise kompetent bin, bezweifle ich, dass sie einen Rat von mir angenommen hätte. Wir fahren zum Gut zurück, und unterwegs lese ich eine SMS von Nini:
›Sind wieder gut in Übi angekommen. Keine Sorge, Mami, alles super. Fahren gleich zu Marcus. Bis morgen, Kuss Nini.‹
Erleichtert packe ich die neuen Jeans aus. Natürlich erwartet Leon von mir, dass ich sie heute Abend tragen werde. Ok, es gibt schließlich Schlimmeres. Obwohl ich heute eigentlich das neue grüne Kleid anziehen wollte, aber ich will ihm nicht die Freude verderben. Mit der hübschen Bluse und den Sandalen sehe ich ganz passabel aus. Vielleicht sind Jeans am Abend ohnehin besser, falls es ein wenig kühl wird. Wir fahren mit der Fähre von Meersburg nach Konstanz, steigen aus und lassen uns den Abendwind vom See um die Nase wehen. Ich liebe es, auf dem Wasser zu sein. Besonders heute Abend leuchtet der See im warmen Licht der Abendsonne in den schönsten Blautönen, und viel zu schnell kommen wir in Konstanz an. Der Weg zur Insel Mainau ist nicht weit, wir stellen das Auto auf dem großen Parkplatz ab und gehen zu Fuß über die kleine Brücke auf die Insel. Die Atmosphäre hier ist immer wieder einmalig schön. Wir laufen Hand in Hand an den vielen mit Stiefmütterchen bepflanzten Blumenbeeten vorbei und genießen die herrliche Abendstimmung. Tagsüber ist auf der ›Blumeninsel im Bodensee‹ natürlich immer sehr viel los, denn viele Menschen lassen sich von der üppigen Blütenpracht und den hohen alten Bäumen, die hier in diesem mediterranen Klima so prächtig gedeihen, begeistern. Graf Lennart Bernadotte gestaltete den verwilderten Park zu einem Blumen- und Pflanzenparadies um und machte ihn der Öffentlichkeit zugänglich. Noch heute lebt seine Familie, die das Unternehmen Insel Mainau in seinem und seiner Frau Sinne
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