Butterschmalz zum Fruehstueck
bleiben.
Wir kommen in unserem Hotel an, einem großen, schmucklosen Betonkasten inmitten idyllischer Berge. Es gibt keine weiteren Gebäude in der Nähe. Die Zimmer sind geräumig. Wie immer gibt es einen Wasserkocher und Tee, doch hier haben wir einen Dauerkocher, der dafür sorgt, dass ein Liter Wasser permanent am Kochen gehalten wird. Mal davon abgesehen, dass ich es nicht so prickelnd finde, mit altem Wasser Tee zu machen: Was für eine Energieverschwendung, um vielleicht ein Tässchen Tee zu trinken. Die stellen ja die Amis in den Schatten!
Das Hotel hat ein Onsen , ein öffentliches Badehaus, gespeist aus den Schwefelquellen, und wir bekommen eine Einführung, wie man sich dort benimmt. Männlein und Weiblein baden getrennt, und vorm Baden wäscht man sich gründlich. Erst wenn man blitzsauber ist, steigt man ins heiße Becken. Man nimmt das Bad zwar nackt, darf sich aber nicht nackt zeigen, sondern muss sich mit einem Schamtüchlein bedecken, das man sich dann, wenn man im Wasser ist, auf den Kopf legt. Wie ich damit umgehen soll, ist mir noch nicht klar. Ich ziehe also meine Yukata und eines von zwei Paaren Pantoffeln an, um am Badehaus festzustellen, dass ich nach den falschen Pantoffeln gegriffen habe. Ich nehme mir ein Handtuch und ein Schamtüchlein. Nun muss ich meinen Krempel in ein Schließfach stecken und mich nackig machen, aber gleichzeitig verhindern, dass jemand meine Blöße sieht. Es sind viele Frauen da und ich habe den Eindruck, dass sie alle auf mich gucken. Da ich mich unter verschärfter japanischer Beobachtung fühle, darf ich mir keinen Patzer erlauben. Das Schamtüchlein ist so groß, dass man mit Mühe und Not damit eine weibliche Vorderfront abdecken kann. Ich stelle mich etwas dämlich an, und sofort kommt eine Japanerin und hilft mir und fummelt an mir rum, sodass ich nun ordnungsgemäß bedeckt in den Waschraum schreite. Dort stehen Hocker mit Waschschüsseln und einer Armatur vorm Spiegel, sodass man sich beim Waschen angucken kann. Sobald man sitzt, darf man das Schamtuch ablegen. Im Waschraum ist alles vorhanden: Seife, Shampoo, Spülung, Bimsstein, Peeling auf Salzbasis (brennt mit dem heißen Schwefelwasser ganz nett) und noch ein paar rein japanische Flaschen mit einem für mich geheimnisvollen Inhalt. Es gibt zwar Duschen, doch die Japanerinnen füllen lieber ihre Schüsseln und leeren sie über sich aus. Irgendwann bin ich der Meinung, dass ich jetzt sauber bin. Ich halte mein Schamtüchlein vor mich und gehe die paar Meter zum Becken. Dann mache ich das, was die Japanerinnen machen, nämlich das Schamtüchlein abnehmen, um meinen Kopf wickeln und ins Wasser gehen.
Das Wasser ist heiß. Im Prinzip mag ich das gerne, aber das hier ist echt heftig. Was ein echtes japanisches Bad ist, hat mindestens vierzig Grad, oft sogar bis zu fünfundvierzig Grad heißes Wasser. Nach ein paar Minuten gehe ich raus, denn es gibt auch ein Becken im Freien. Und das ist toll! Im heißen Wasser zu liegen und die Sterne anzugucken, die Nähe des Fujiyama zu ahnen, das hat wirklich was. Das ist die japanische Vorstellung vom Paradies und für mich absolut nachvollziehbar. Zu meiner Freude sind bald nur noch Europäerinnen im Badehaus, sodass die Umstände mit dem Schamtüchlein ersatzlos entfallen. Auch nach dem Bad ist für alles gesorgt mit Lotion, Körpermilch, Fön, Wattestäbchen, Fußreflexzonenmassagemaschinen und Ähnlichem. Ich frage mich, wie man sich eincremt, während man sich gleichzeitig das Schamtüchlein vorhalten muss.
Sauber wie selten im Leben gehe ich zum Abendessen. Das Hotelrestaurant hat keine Konkurrenz und ist daher sehr teuer, aber immer noch billiger als ein deutsches Restaurant in einer vergleichbar exklusiven Lage. Die Stimmung ist sehr schön und ich gönne mir einen hervorragenden Meeresfrüchtesalat, bevor ich völlig k. o. ins Bett sinke.
5. November 2007
Durchs Land im Sauseschritt
Der Bus bringt uns nach Mishima , wo wir den Shinkansen, den legendären Schnellzug, nehmen werden. Der Shinkansen hat sein eigenes Schienennetz und ist wesentlich schneller als die konventionellen Züge, obwohl es auch Unterschiede gibt. Es gibt drei Shinkansen: einen Bummler, einen Flotten und einen Raser. Kodama , der Bummler, hält an jedem Bahnhof. Hikari , der Halbschnelle, an allen größeren Bahnhöfen und Nozomi , der Raser, nur an den größten Bahnhöfen. Doch leider fahren wir nicht mit dem Nozomi . Ich hätte gern die japanische Hochgeschwindigkeit erlebt. Unser
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