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Bye Bye, Crazy Chick

Bye Bye, Crazy Chick

Titel: Bye Bye, Crazy Chick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Schreiber
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Regeln zu befolgen, klar? Du bist kein Kind mehr. Diese Musik hier, deine kindischen Spielereien, damit ist es jetzt ein für alle Mal vorbei. Von jetzt an konzentrierst du dich auf wichtigere Dinge.«
    Ich glotzte wieder zu Gobi hinüber. Hinter ihr war ein Mann in einer Lederjacke aufgetaucht. Er war wahrscheinlich so um die zwanzig und sah aus, als wäre sein Gesicht von einem wütenden Metallwerkstattschüler mit einer Begeisterung für vorstehende Adern geschmiedet worden. Seine militärisch kurz geschorenen Haare waren mit irgendeinem Gelprodukt wie mit Schellack überzogen und saßen so plastikmäßig bombensicher auf dem Kopf wie bei Barbies Ken. Im selben Augenblick erschien direkt rechts von mir ein zweiter Mann gleichen Alters, dessen Augen aus beinahe durchsichtigem Achat gemacht zu sein schienen. Er trug einen Parka und hatte breite, muskulöse Schultern, wie jemand, der häufig Stammgast im Knast war. Unter sein linkes Auge war eine Träne tätowiert. Die beiden wirkten so breitschultrig und massiv, als würden sie eine kugelsichere Weste tragen, unter der irgendwelche Waffen versteckt waren.
    Mir fiel auf der Stelle der schwarze Hummer ein.
    »Hörst du mir überhaupt zu?«, fragte Dad. »Ich
rede
mit dir.«
    »Wir müssen hier verschwinden, Dad.«
    Ich hielt nach Gobi Ausschau, aber sie war verschwunden. Tränentattoo hingegen ganz und gar nicht. Er kam mit fest entschlossenem Gesichtsausdruck auf mich zu, als würde auch der letzte Zweifel in seinem Leben, jede ungelöste Frage und Glaubenskrise dadurch ausgeräumt, dass er mich jetzt fertigmachte. Ohne meinen Dad eines Blickes zu würdigen, schob er ihn beiseite. Mein Dad leistete seinerseits allerdings auch keinen Widerstand.
    Tränentattoo fixierte mich mit seinen farblosen Augen, in denen ich schon meinen Tod stehen sah. Der sah leider weder heroisch noch bedeutsam und nicht mal besonders spannend aus. Nur blutig, schmerzhaft, unangenehm und widerlich. Ich blickte in Richtung Bühne, wo das stümperhafte Getöse, das man kaum Musik nennen konnte, sich langsam in völlig willkürliches Saitengejaule und Beckenzischen auflöste. Es klang, als würde sich ein bekiffter Tintenfisch durch einen Gitarrenladen schlängeln.
    Tränentattoo rannte auf mich zu.
    Ich wusste nicht wohin und sprang auf die Bühne.
    ***
    Sechs Jahre später, als Sashas Band Hellbender für ihr Debütalbum
Tugnut Troubadour
, das bei einem Major Label erschienen war, neunfaches Platin für neun Millionen verkaufte Alben kassierte, fünf Grammys gewonnen und vierhundert ausverkaufte Hallenkonzerte auf sieben Kontinenten gegeben hatte, erreichte unser kurzer Set im Monty’s unter seinen treustenAnhängern eine Art mythischen Kultstatus. Die Fans behaupteten allesamt, sie wären an dem Abend da gewesen, oder hätten zumindest das Bootleg runtergeladen. Wir waren zwar nicht mal fünf Minuten auf der Bühne und spielten nur ein und ein Drittel Songs, aber wir spielten härter, schneller und besser als je zuvor in unserem Leben. Und zumindest einer von uns spielte wortwörtlich um sein Leben.
    Sobald ich auf die Bühne kam und Norrie mich erblickte – »Heilige Scheiße, da ist Perry!« –, wurde die Band auf der Stelle umbesetzt. Ich schnappte mir den Bass, Sasha warf Caleb die Gitarre zu, der wiederum Norrie an die Drums ließ. Er schlug die Sticks aneinander und zählte vor, dann legten wir mit unserem selbst geschriebenen Stück ›It’s My Funeral‹ los. Erst dachte ich, ich wäre gar nicht in der Lage zu spielen – in meinem Kopf herrschte zu viel Chaos. Aber zu meiner eigenen Überraschung schien das meinen Fingern nichts auszumachen. Um richtig abzurocken, war es egal, ob man Sprengstoff im Keller hatte, einen Vater mit einem chronischen Seitensprungproblem oder einen wahnsinnigen Ex-Blackwater-Söldner im Nacken, der mich aus irgendeiner frommen Überzeugung einen Kopf kürzer machen wollte.
    Vielleicht hat es ja sogar geholfen.
    Am Anfang betrachteten die Zuschauer uns noch mit beiläufiger Neugier, wie einen dreibeinigen Hund, der auf der anderen Straßenseite vorbeihüpft. Doch zwanzig Sekunden später hatten quasi alle mit dem aufgehört, was sie vorher getan hatten, und hörten nur noch uns zu. Die Leute nickten sogar im Takt mit.
    Wir beendeten den Song unter viel Applaus und Geschrei.
    »Alter Schwede!«, rief Norrie und winkte mich zu sich ansSchlagzeug. Der Schweiß floss nur so an ihm herunter und färbte sein graues Fugazi-T-Shirt an Hals, Achseln und Rücken

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