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Byrne & Balzano 02 - Mefisto

Byrne & Balzano 02 - Mefisto

Titel: Byrne & Balzano 02 - Mefisto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
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Funkgerät. Während Underwood Verstärkung anforderte, ging Jessica zur Tür und presste ein Ohr dagegen. Nichts. Sie versuchte, sich Colleen Byrnes wahnsinnige Angst in ihrer Welt der Stille vorzustellen.
    Underwood reichte ihr das Funkgerät zurück und sagte: »Sie sind in einer Minute hier. Wir übernehmen den nächsten Block.«
    »Ich sehe zu, dass ich Kevin einhole.«
    »Sag ihm, er soll die Ruhe bewahren«, sagte Underwood. »Wir werden sie finden.«

87.
    Kevin Byrne stand vor dem mit Brettern vernagelten Ladenlokal. Er war allein. Die Fassade sah aus, als wären hier in den letzten Jahren verschiedene Geschäfte untergebracht gewesen. Die Fenster waren schwarz angestrichen. Über der Eingangstür hing kein Schild, doch in dem hölzernen Türrahmen waren Namen und Gefühle vieler Jahre eingeritzt.
    Zwischen dem Geschäft und dem Wohnhaus zur Rechten verlief eine schmale Gasse. Byrne zog seine Waffe und bog in die Gasse ein. Auf halber Strecke sah er ein vergittertes Fenster. Byrne lauschte. Stille. Er ging weiter und erreichte einen kleinen Hinterhof auf der Rückseite, der auf drei Seiten von einem hohen Holzzaun begrenzt wurde.
    Die Hintertür war nicht mit Sperrholz verkleidet und von außen mit keinem Schloss versehen. Nur ein verrosteter Riegel sicherte die Tür. Byrne drückte dagegen. Verschlossen.
    Byrne wusste, dass er sich konzentrieren musste. Im Laufe seiner zahlreichen Dienstjahre war Byrne oft in Situationen geraten, in denen das Überleben eines Menschen von seiner Einschätzung der Lage abhing. Jedes Mal hatte er die ungeheure Last seiner Verantwortung und Pflicht gespürt.
    Aber so wie heute war es nie gewesen. So wie heute konnte es gar nicht gewesen sein. Byrne wunderte sich, dass Ike Buchanan ihn nicht von dem Fall abgezogen hatte. Wenn er es getan hätte, hätte Byrne seine Dienstmarke auf den Schreibtisch geworfen und wäre sofort zurück auf die Straße gelaufen.
    Byrne nahm seine Krawatte ab und öffnete den obersten Hemdknopf. Die stickige Hitze auf dem engen Hinterhof war unerträglich. Sein Nacken und seine Schultern waren schweißüberströmt.
    Er warf sich mit der Schulter gegen die Tür und trat ein, die Waffe im Anschlag. Colleen war ganz in der Nähe. Er wusste es. Er fühlte es. Er stellte seine Sinne auf die Geräusche des alten Hauses ein. Wasser strömte durch verrostete Rohre; ausgetrocknete Holzbalken knarrten.
    Byrne betrat die kleine Diele. Vor ihm war eine verschlossene Tür. Zur Rechten befand sich eine Wand mit verstaubten Regalen.
    Er berührte die Tür, und die Bilder jagten durch seinen Kopf…
    … Colleen an der Wand … der Mann in der roten Mönchsrobe… Hilfe, Dad. Hilf mir, Dad. Schnell…
    Colleen war hier. In diesem Gebäude. Er hatte sie gefunden.
    Byrne wusste, dass er hätte Verstärkung rufen müssen, doch er wusste nicht, was er tun würde, wenn er den Filmemacher fand. Falls dieser Bastard in einem dieser Räume war und er auf ihn zielen müsste, würde er auf den Abzug drücken. Ohne zu zögern. Wenn er ihn nicht mit einem Schuss tötete, würde er die Kollegen in Gefahr bringen, und das wollte er nicht. Er wollte Jessica nicht in die Sache hineinziehen. Er wollte es allein durchziehen.
    Er zog den Ohrhörer aus dem Ohr, stellte das Handy ab und trat durch die Tür.

88.
    Jessica stand vor dem Ladenlokal. Sie schaute die Straße hinauf und hinunter. Noch nie im Leben hatte sie so viele Polizisten bei einem Einsatz gesehen. Es waren bestimmt zwanzig Streifenwagen vor Ort. Hinzu kamen die Zivilfahrzeuge, die Beschattungsvans und die wachsende Schar Schaulustiger. Männer und Frauen in Uniformen, Männer und Frauen in blauen Anzügen, deren Dienstmarken im goldenen Sonnenlicht funkelten. Viele der Schaulustigen empfanden diesen Polizeieinsatz als Belästigung. Und wenn sie gewusst hätten, um was es hier ging? Wenn es ihr Sohn oder ihre Tochter gewesen wäre?
    Byrne war nicht zu sehen. Hatten sie dieses Haus schon überprüft? Zwischen dem Geschäft und dem nächsten Haus befand sich eine schmale Gasse. Jessica lief diese Gasse hinunter und blieb kurz stehen, um an einem vergitterten Fenster zu lauschen, hörte aber nichts. Sie ging weiter, bis sie den kleinen Hof hinter dem Geschäft erreichte. Die Hintertür war einen Spalt geöffnet.
    War Byrne hier eingetreten, ohne auf sie zu warten? Es war möglich. Jessica dachte kurz daran, Verstärkung anzufordern, ehe sie das Haus betrat, verwarf den Gedanken aber sofort.
    Kevin Byrne war ihr Partner.

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