Byrne & Balzano 02 - Mefisto
du das?«
Er nippte schweigend von seinem Drink und ließ sich einen Moment mit der Antwort Zeit. »Weil du erstens eine sehr hübsche Frau bist.«
Plumpe Anmache, dachte Jessica. Gleich hau ich dem eins auf die Rübe. »Und zweitens?«
»Zweitens liegt doch auf der Hand.«
»Für mich nicht.«
»Zweitens bist du für mich unerreichbar.«
Ah, dachte Jessica. Jetzt kommt er mit dieser Masche. Bescheiden, hübsch und höflich. Schlafzimmerblick. Sie war sich ganz sicher, dass dieser Weiberheld schon unzähligen Frauen den Kopf verdreht hatte. »Und trotzdem kommst du hierher und setzt dich genau neben mich.«
»Das Leben ist kurz«, sagte er mit einem Achselzucken. Er verschränkte die Arme und spannte die Muskeln seiner Unterarme an. Nicht etwa, dass Jessica darauf geachtet hätte. »Als der Typ gegangen ist, dachte ich, jetzt oder nie. Ich dachte, wenn ich es nicht wenigstens versuche, würde ich keinen Seeelenfrieden mehr finden.«
»Woher willst du wissen, dass er nicht mein Freund ist?«
Er schüttelte den Kopf. »Nicht dein Typ.«
Angeber. »Und ich wette, du weißt genau, auf was für Männer ich stehe, ja?«
»Ganz genau. Trink was mit mir. Dann erkläre ich es dir.«
Jessicas Blick glitt über seine Schultern und seinen breiten Brustkorb. Das goldene Kreuz an seinem Hals funkelte im Kneipenlicht.
Geh nach Hause, Jess.
»Vielleicht ein anderes Mal.«
»Es wird nie mehr so sein wie heute«, behauptete er in todernstem Tonfall. »Man weiß nie, wie das Leben so spielt. Es kann wer weiß was passieren.«
»Zum Beispiel?« Jessica fragte sich, warum sie das Spiel so lange mitspielte, wobei sie die Tatsache abstritt, dass sie es bereits wusste.
»Zum Beispiel könntest du jetzt die Kneipe verlassen, und ein Fremder mit viel schändlicheren Absichten als ich könnte dir körperliche Schäden zufügen.«
»Ich verstehe.«
»Oder du könntest mitten in einen bewaffneten Überfall geraten und als Geisel genommen werden.«
Jessica hätte am liebsten ihre Glock gezogen, sie auf die Theke gelegt und ihm gesagt, dass sie mit so einer Situation fertig würde. Stattdessen sagte sie: »Wie gruselig.«
»Oder ein Bus könnte über den Bordstein fahren, oder ein Klavier könnte vom Himmel fallen, oder du könntest…«
»… unter einer Lawine Scheiße begraben werden?«
Er lächelte. »Genau.«
Er war süß. Das musste sie ihm lassen. »Du schmeichelst mir, aber ich bin verheiratet.«
Er trank sein Glas aus und spreizte die Hände – bereit, den Rückzug anzutreten. »Er sollte sich glücklich schätzen.«
Jessica lächelte und legte einen Zwanziger auf die Theke. »Ich richte es ihm aus.«
Sie rutschte vom Hocker, ging zur Tür und bot ihre ganze Willenskraft auf, sich nicht umzudrehen und ihm noch einen letzten Blick zuzuwerfen. Manchmal zahlte sich ihre Undercover-Ausbildung aus. Das hieß allerdings nicht, dass sie nicht auf jede ihrer Bewegungen geachtet hätte.
Sie stieß die schwere Eingangstür auf. Schwüle Luft schlug ihr entgegen. Sie trat auf die Straße, bog um die Ecke und ging mit den Schlüsseln in der Hand die Dritte Straße hinunter. Die Temperatur war in den letzten Stunden höchstens um zwei, drei Grad gesunken. Ihre Bluse klebte wie ein feuchter Waschlappen auf ihrem Rücken.
Als sie ihren Wagen erreichte, hörte sie Schritte. Jessica wusste, wer das war. Sie drehte sich um. Sie hatte recht gehabt. Dieser Angeber war so dreist wie seine Sprüche.
In der Tat ein böser fremder Mann.
Sie stand mit dem Rücken zum Wagen und wartete auf die nächste Bemerkung dieses Klugscheißers, die nächste Macho-Anmache, die ihren Widerstand brechen sollte.
Stattdessen sagte er kein Wort. Ehe sie sich versah, presste er sie gegen den Wagen und küsste sie leidenschaftlich. Jessica spürte seinen muskulösen Körper und seine starken Hände. Sie ließ ihre Handtasche und die Schlüssel fallen und gab jeden Widerstand auf. Sie erwiderte den leidenschaftlichen Kuss. Als er sie in die Luft hob, schlang sie die Beine um seine schmalen Hüften. In seinen Armen wurde sie schwach. Er nahm ihr jede Willenskraft.
Sie ließ es zu.
Das war einer der Gründe, warum sie ihn in erster Linie geheiratet hatte.
31.
Der Hausmeister öffnete ihm kurz vor Mitternacht die Tür. In der Wohnung war es stickig, schwül und still. Von den Wänden hallte noch das Echo ihrer leidenschaftlichen Nacht.
Byrne war durch Center City gefahren und hatte Victoria gesucht. Er hatte alle Orte besucht, wo sie hätte sein
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