Byrne & Balzano 02 - Mefisto
Leben«, sagte er schließlich. »Der Job.«
Jessica wusste, was er meinte. Ehe sie in den Polizeidienst eingetreten war, hatte sie mehrere Beziehungen gehabt, den Mann fürs Leben aber noch nicht getroffen, da sämtliche Beziehungen in die Brüche gegangen waren, nachdem ihre Ausbildung an der Polizeiakademie begonnen hatte. Die einzigen Menschen, die begriffen, was sie Tag für Tag tat, waren selber Polizisten.
Officer Nihiser klopfte auf seine Uhr, trank sein Glas aus und stand auf.
»Wir müssen los«, sagte Mark. »Wir haben Nachtschicht und müssen noch einen Happen essen.«
»Gerade, wo es nett wird«, sagte Jessica.
Underwood stand auf, zog seine Brieftasche und reichte der Kellnerin ein paar Geldscheine. Als er die vollgestopfte Brieftasche dabei auf die Theke legte, klappte sie auseinander. Jessica schaute auf seinen Ausweis.
Vandemark E. Underwood.
Als Underwood ihren Blick bemerkte, riss er die Brieftasche an sich, doch es war zu spät.
»Vandemark?«, fragte Jessica.
Underwood warf einen flüchtigen Blick in die Runde und steckte die Brieftasche blitzschnell ein. »Nenn mir deinen Preis«, sagte er.
Jessica lachte. Sie schaute Mark Underwood nach. Als er die Kneipe verließ, hielt er einem älteren Paar die Tür auf.
Jessica spielte mit den Eiswürfeln in ihrem Glas und beobachtete das rege Treiben im Pub. Es war ein ständiges Kommen und Gehen. Sie winkte Angelo Turco vom dritten Dezernat zu. Angelo hatte eine gute Tenorstimme; er sang bei den Benefizveranstaltungen der Polizei und häufig auf Hochzeiten, wenn Kollegen heirateten. Mit der richtigen Ausbildung hätte er Philadelphias Antwort auf Andrea Bocelli werden können. Einmal hatte er sogar vor Beginn eines Spiels der Phillies im Stadion gesungen.
Irgendwo in der Menge entdeckte Jessica Cass James, eine Sekretärin und jedermanns Beichtschwester aus der Zentrale. Jessica hatte nur eine vage Vorstellung davon, wie viele Geheimnisse Cass anvertraut wurden und wie viele Weihnachtsgeschenke sie wohl bekam. Sie hatte noch nie gesehen, dass Cass einen Drink selbst bezahlt hatte.
Cops.
Ihr Vater hatte recht. All ihre Freunde arbeiteten bei der Polizei. Was sollte sie daran ändern? Den Job wechseln? Einen Makramee-Kurs besuchen? Skifahren lernen?
Sie trank ihr Glas aus, packte ihre Sachen zusammen und wollte gerade gehen, als sie bemerkte, dass jemand sich genau neben sie setzte. Da auf der anderen Seite drei Hocker frei waren, konnte das nur eines bedeuten. Jessica spürte, dass sie sich versteifte. Sie war schon so lange nicht mehr in dieser Dating-Szene unterwegs, dass ihr allein bei dem Gedanken übel wurde, die Annäherungsversuche eines Typen abwehren zu müssen, der schon ein paar Gläser Scotch intus hatte. Das hatte unter anderem auch damit zu tun, dass sie nicht genau wusste, ob sie sich letztendlich nicht doch darauf einlassen würde. Sie hatte aus verschiedenen Gründen geheiratet, und das war einer davon. Die Kneipenszene und die damit verbundenen Spielchen hatten ihr nie zugesagt. Und jetzt mit dreißig und einer eventuell drohenden Scheidung jagte ihr dieses Parkett mehr Angst ein als früher.
Der Typ neben ihr rückte unmerklich näher. Sie spürte den warmen Atem auf ihrem Gesicht. Die Nähe forderte ihre Aufmerksamkeit.
»Darf ich dir einen ausgeben?«, fragte der Schatten.
Sie schaute zu ihm rüber. Samtweiche Augen, dunkles gewelltes Haar, ein Zweitagebart. Er hatte breite Schultern, ein kleines Grübchen im Kinn und lange Wimpern. Er trug ein enges schwarzes T-Shirt und eine ausgeblichene Levi's. Was alles noch schlimmer machte, er hatte Acqua di Gib von Armani aufgetragen.
Scheiße.
Genau ihr Typ.
»Ich wollte gerade gehen«, erwiderte Jessica. »Danke für das Angebot.«
»Einen Drink kannst du doch mit mir trinken. Einen einzigen. Versprochen.«
Sie musste lachen. »Das glaube ich kaum.«
»Warum nicht?«
»Weil es bei Typen wie dir nie bei einem Drink bleibt.«
Er tat so, als würde sein Herz brechen. Jetzt sah er noch süßer aus. »Typen wie ich?«
Jetzt lachte Jessica. »Ach, und jetzt sagst du mir gleich, dass ich noch nie einen Typen wie dich getroffen habe, stimmt's?«
Er antwortete nicht sofort. Stattdessen glitt sein Blick von ihren Augen zu ihren Lippen und zurück zu den Augen.
Hör auf damit.
»Oh, ich wette, du hast schon eine Menge Typen wie mich getroffen«, sagte er mit einem hinterhältigen Grinsen. Es war die Art von Grinsen, das bewies, dass er die Situation genoss.
»Warum sagst
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