Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Byrne & Balzano 1: Crucifix

Byrne & Balzano 1: Crucifix

Titel: Byrne & Balzano 1: Crucifix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
Vom Netzwerk:
zu Zeit musste Byrne sich neuen Stoff besorgen. Das wiederum bedeutete, dass Kevin Byrne einen neuen Partner hatte. Keine große, sexy Gottheit mit sanften, dunklen Augen und einem kräftigen Cross, sondern einen schlanken weißen Jungen aus Northumberland.
    Einen schlanken weißen Jungen mit einer Nikon D100 Kamera und einem Sigma 55-200mm DC Zoomobjektiv.
     

 
     
    19.
     
     
    Dienstag, 5.40 Uhr
     
     
    J essica kauerte in einer Ecke eines dunklen Kellers und beobachtete eine junge Frau, die auf dem Boden kniete und betete. Das Mädchen war vielleicht siebzehn Jahre alt, unschuldig, blond, mit Sommersprossen und blauen Augen.
    Das Mondlicht, das durch das kleine Fenster drang, warf dunkle Schatten auf die Trümmer in dem Keller und ließ eine Landschaft aus Bergen und Abgründen entstehen.
    Als das Mädchen das Gebet beendet hatte, setzte es sich auf den feuchten Boden. Plötzlich hatte es eine Spritze in der Hand und stach die Nadel, ohne einen Moment zu zögern, in seinen Arm.
    »Nein!«, rief Jessica und lief los. Trotz der Dunkelheit und des Unrats im Keller erreichte sie die junge Frau, ohne mit dem Schienbein oder den Zehen irgendwo anzustoßen. Es war, als schwebte sie. Doch als sie das junge Mädchen erreichte, stieß dieses schon die Nadel in ihren Arm.
    Das darfst du nicht , sagte Jessica.
    Doch, ich muss , erwiderte die Traumgestalt. Das verstehst du nicht.
    Ich verstehe es. Du musst es nicht tun.
    Aber ich tue es. Ein Monster ist hinter mir her.
    Jessica stand vielleicht einen Meter von dem Mädchen entfernt. Es trug keine Schuhe; seine Füße waren rot und wund und voller Blasen. Jessica hob wieder den Blick …
    Das Mädchen war Sophie. Oder vielmehr die junge Frau, die Sophie einst sein würde. Der pummelige kleine Körper und die Pausbacken waren verschwunden und den Rundungen einer Frau gewichen: lange Beine, schmale Taille, die Andeutung eines Busens unter dem zerfetzten Pullover mit V-Ausschnitt und dem Nazarene-Logo.
    Aber es war das Gesicht des Mädchens, das Jessica Angst einflößte. Sophies Gesicht war verhärmt und eingefallen, mit dunklen Rändern unter den Augen.
    Bitte nicht, mein Liebling , bettelte Jessica. O Gott, nein .
    Sie schaute noch einmal hin und sah, dass die Hände des Mädchens nun zusammengeschraubt waren und bluteten. Jessica versuchte, einen Schritt auf die Gestalt zuzugehen, doch ihre Füße schienen fest im Boden verankert zu sein. Ihre Beine waren schwer wie Blei. Dann spürte sie etwas auf ihrem Brustbein. Sie senkte den Blick und sah den Schutzengel-Anhänger, der an ihrem Hals baumelte.
    Plötzlich erklang eine Glocke. Laut und störend und beharrlich. Das Geräusch schien von oben an ihr Ohr zu dringen. Jessica schaute auf das Mädchen, das Sophie ähnelte. Die Droge legte gerade das Nervensystem des Mädchens lahm. Es verdrehte die Augen, und sein Kopf schnellte nach oben. Über ihnen war keine Zimmerdecke, kein Dach. Nur der schwarze Himmel. Jessica folgte dem Blick des Mädchens, als die Glocke wieder durch das Firmament schrillte. Ein goldener Sonnenstrahl durchbrach die Nachtwolken, traf auf den silbernen Anhänger und blendete Jessica einen Moment …
    Sie öffnete die Augen und richtete sich auf. Ihr Herz klopfte zum Zerspringen. Sie schaute aufs Fenster. Pechschwarz. Es war mitten in der Nacht, und das Telefon klingelte. Um diese Zeit wurden nur schlechte Nachrichten übermittelt.
    Vincent?
    Dad?
    Das Telefon klingelte ein drittes Mal, ohne weitere Informationen zu liefern, ohne Trost zu spenden. Orientierungslos und ängstlich griff Jessica nach dem Hörer. Ihre Hände bebten, ihr Puls raste noch immer. Sie hob den Hörer ab.
    »Hallo?«
    »Hier ist Kevin.«
    Kevin? Wer zum Teufel war Kevin? Der einzige Kevin, den sie kannte, war Kevin Bancroft, der verrückte Junge, der mit ihr in der Christian Street gewohnt hatte, als sie beide noch Kinder waren. Dann fiel der Groschen.
    Kevin Byrne.
    Der Job.
    »Ja. Klar. Was gibt’s?«
    »Ich finde, wir sollten die Mädchen an der Bushaltestelle befragen.«
    Griechisch. Vielleicht Türkisch. Auf jeden Fall eine fremde Sprache. Jessica hatte keine Ahnung, was die Worte bedeuteten.
    »Einen Moment bitte, ja?«, bat sie.
    »Klar.«
    Jessica lief ins Bad und spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht. Die rechte Wange war noch leicht geschwollen, aber sie schmerzte nicht mehr so stark wie gestern Abend. Das hatte sie dem Eisbeutel zu verdanken, den sie eine Stunde lang auf die Schwellung gelegt hatte, nachdem sie nach

Weitere Kostenlose Bücher